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Beziehungswaise Roman

Beziehungswaise Roman

Titel: Beziehungswaise Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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Geburtsurkunde. Daneben liegt seine Tablettenpackung. Und die Patientenverfügung.
    Helle lächelt mich mit ruhigen Augen an.
    »Wir hatten eben mit Sune und Ebba darüber gesprochen, dass wir verstehen können, dass dein Vater nicht ins Krankenhaus will.«
    »Aber je genauer die Diagnose, desto effizienter die Schmerztherapie«, schiebt Ole ein und verputzt ein Stück Kuchen.
    »Wir sollten also einen Arzt zurate ziehen«, vollführt Helle den Satz.
    »Einen anderen«, sagt Sune.
    Helle nickt.
    »Wir kennen Hansen, ein guter Mensch«, sagt Helle, »aber ...«
    Sie zögert.
    »Fraglich, ob er das entsprechende Fachwissen hat«, sagt Ole und schiebt sich noch ein Stück Kuchen in den Mund.
    Helle wirft ihm einen beiläufigen Blick zu. Er kaut, schluckt und nickt uns zu.
    »Er ist ja Hausarzt, ohne spezielle Qualifikation. Wir wollen einen Fachmann.«
    Diesmal nickt Helle.
    »Doch wenn man einen gefunden hat, ist der oft zu bedauern. Er sieht sich einer zähen Bürokratie ausgesetzt, weil diese Schmerzmittel auf Sonderrezept verordnet werden müssen. Wenn er eventuell zu viel davon verordnet, steht er mit einem Bein im Gefängnis. Nicht zu vergessen, dass er sein Budget im Auge behalten muss, denn diese Medikamente sind nicht billig.«
    »Nicht billig «, bestätigt Ole kauend. »Aber besser.«
    »Viel besser«, bestätigt Helle und legt ihre Hand auf die Tablettenpackung. »Ich muss schon sagen, diese Tabletten ... Zwei Jahre lang ...« Sie schüttelt den Kopf.
    »Die reinen Leberkiller«, sagt Ole und schaut auf den Kuchenteller.
    »Nimm dir noch ein Stück«, sagt Ebba und schiebt den Teller näher an ihn heran, »in der Küche wartet Nachschub.« Er greift grinsend zu. Helle nickt freundlich in die Runde. »In solchen Fällen arbeiten wir gerne mit einem Spezialisten zusammen, der seit zwanzig Jahren im Hospiz arbeitet.«
    »Auch wenn euer Vater ihm nicht das Haus gestrichen hat«, sagt Ole und grinst.
    Helles Blick ruht eine halbe Sekunde auf ihm. Ole beißt in ein Stück Marzipankuchen und kaut, dass seine Ohren wackeln. Helle schaut uns der Reihe nach an.
    »Also, was meint ihr?«
    Keiner sagt was. Sie lächelt verständnisvoll.
    »Ich weiß, das kommt alles sehr plötzlich ...«
    »Er soll keine Schmerzen haben«, sagt Ebba.
    Bei der letzten Silbe bricht ihre Stimme.
    Sune legt ihre Hand auf Ebbas. Helle lächelt beruhigend. »Die Schmerztherapie hat in den letzten Jahren eine große Entwicklung erlebt. Wir können einen Perfusor beantragen. Das ist eine Spritzenpumpe, mit der wir kontinuierliche, intravenöse Verabreichung von Medikamenten durchführen können, ohne anwesend sein zu müssen. Der Patient kann bis zu einem bestimmten Punkt selbst bestimmen, wie viel Schmerzmittel er will. Damit ist eine optimale Medikation sichergestellt.«
    Ole nickt.
    »Aber manche wollen lieber Schmerzen.«
    Wir schauen ihn an. Helle springt ein.
    »Die Schmerzmittel betäuben den Schmerz, trüben aber manchmal auch das Bewusstsein. Manche wollen lieber die Schmerzen aushalten und dafür bei klarem Bewusstsein sein. Auch deswegen ist es so wichtig, dass der behandelnde Arzt auf diesem Gebiet viel Erfahrung hat.«
    »Manche Schulmediziner halten Akupunktur ja immer noch für eine fernöstliche Foltermethode«, nickt Ole. Diesmal ruht Helles Blick länger auf ihm. Er zupft sich am linken Ohrläppchen.
    »Das bedeutet nicht, dass unser Arzt ein Esoteriker ist«, schiebt er nach und spült mit einer Tasse Kaffee runter. Ebba wirft mir einen Blick zu. Sune wirft mir einen Blick zu.
    »Gut«, sage ich.
    »Wir sollten uns die Werte aus dem Krankenhaus besorgen«, schlägt Sune vor.
    »Darum kümmern wir uns«, sagt Ole.
    »Wieso ist er plötzlich so schwach?«, frage ich. »Ich meine, klar, er isst wenig, aber ... es ist, als hätte er seine ganze Kraft verloren.«
    Helle nickt.
    »Er ist so schwach, weil er es zulässt. Das ist diese Generation.«Sie lächelt Ebba an. »Sie machen viel mit sich selbst aus, um so lange wie möglich stark für die Familie zu wirken. Doch wenn sie beschließen, es geht nicht mehr ...« Wieder sitzen wir hier und reden über Far, als wäre er ein Problem, für das es eine Lösung zu finden gilt. Ich weiß, das ist richtig. Je besser alles organisiert wird, desto besser für ihn, für uns, für alle. Man muss rational bleiben. Aber ich komme nicht klar.
    Sie schlagen vor, Platz zu schaffen, damit man von beiden Seiten an Fars Bett herankann, außerdem braucht er ein spezielles Pflegebett, falls er zu

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