Beziehungswaise Roman
Schwester.Wir gehen immer früher ins Bett. Die Situation zerrt an den Kräften, und das ist jetzt erst eine kleine Woche. Wie schafft man das bloß ein Jahr. Oder zwei. Oder länger. Gewöhnt man sich auch daran?
Ich wache auf. Hellwach im Dunkeln. Nacht. Die Uhr zeigt halb zwei. Ich habe drei Stunden geschlafen. Neben mir schnarcht Sune leise. Ich rolle mich aus den Laken, rutsche in Hose und Shirt, gehe leise in die Küche, mache mir einen Tee, werfe einen Blick ins Schlafzimmer, wo zwei Menschen leise und regelmäßig atmen, gehe ins Wohnzimmer, knipse eine Lampe an, kuschele mich in Fars Ledersessel und schreibe. Irgendwann gleitet ein Schlüssel ins Wohnungstürschloss, und die Tür geht leise auf. Jemand kommt herein, geht durch den Flur, klopft leise an die Schlafzimmertür und geht hinein. Nach einiger Zeit kommt die Person wieder heraus, geht durch den Flur, die Wohnungstür wird leise ins Schloss gezogen. Mein Vater wurde versorgt. Ich schreibe weiter, versorge mich.
Kapitel 33
Helles Licht. Kein warmer Körper. Rauer Untergrund. Drüben in der Küche blubbert die Kaffeemaschine. Im Radio behauptet Ella Fitzgerald, dass die Sache keine Bedeutung hat, wenn sie nicht swingt. Niemand hustet. Ich strecke mich vorsichtig. Meine Wirbelsäule justiert sich knackend. Die Zeiten, in denen es egal war, auf was ich schlief, sind definitiv vorbei.
Die Uhr zeigt neun. Sune ist längst im Kindergarten. Auf dem Kaffeetisch liegt ein Zettel mit einem Herz. Daneben warten Thermoskanne, T-Birkes und Ymer. Ich gieße mir ein Tässchen ein, beiße in ein T-Birkes, gehe in die Küche, küsse Ebba und gehe ins Schlafzimmer. Far sitzt im Bett und liest wieder den Ratgeber. Er sieht auf, als ich vor dem Bett stehen bleibe. Seine Augen sind klar.
»Ah, der Schriftsteller. Gut geschlafen?«
»Ja«, sage ich und kann mir die Nachfrage gerade noch verkneifen. »Brauchst du irgendwas?«
Er lässt das Buch sinken und schüttelt den Kopf.
»Nein. Wann fährst du?«
»Ich habe noch nicht entschieden, ob ich fahre.«
Er lächelt.
»Das ist mein Sohn! Erst hast du Lust, dann holt dich dein Kopf ein, und schließlich stellst du alles in Frage. Am Ende machst du die Sache doch noch, aber mit einem Schuldgefühl. Clever. Sune ist genau anders, sie denkt zu viel, aber wenn sie sich einmal entschlossen hat, zieht sie das Dingdurch, komme, was wolle. Also. Du fährst. Und frag mich doch mal, warum.«
Ich trinke einen Schluck, rolle den Kaffee in meinem Mund, um den Schlafgeschmack zu übertünchen, und schlucke. Gott weiß, was jetzt wieder für ein Mist kommt.
»Also gut. Warum?«
»Weil wir eine Abmachung haben.«
Ich hebe die Augenbrauen. Er nickt.
»Ich verspreche dir, nicht zu sterben, während du weg bist, dafür versprichst du mir auch was.«
Ich seufze.
»Lass mich raten ...«
»Ist nicht schwer«, grinst er.
Ich trinke noch einen Schluck Käffchen, dann beuge ich mich vor und zupfe ihm eine Fluse von seinem Shirt. Ich drehe die Tasse ein wenig in der Hand. Er mustert mich und wartet.
»Das ist nicht so einfach.«
»O doch«, nickt er. »Ein Satz. Nicht schwer. Hab ich sogar bei deiner Mutter geschafft, und da war es schwer, zu Wort zu kommen.«
»Wir haben Probleme.«
Er zuckt die Schultern.
»Hat jeder mal.«
Ich merke, dass ich die Tasse mit beiden Händen halte und mich dahinter verstecken will. Ich senke sie etwas ab. »Ernste Probleme.«
Auch das beeindruckt ihn nicht.
»Glaubst du, es war immer einfach mit Ebba?« Er runzelt die Stirn und denkt kurz nach. »Doch, jesses, das war es. Aber immerhin musste ich ihr Essen essen.«
Er will grinsen, bricht ab, fasst sich an den Magen und atmet gepresst. Seine rechte Hand krümmt sich und knüllt das Laken zusammen. Ich rutsche an die Bettkante.
»Hat dir Helle heute früh nichts gegeben?«
»Se... kunde... «
Er stößt mehrmals schnaufend Luft aus und hält sich den Bauch. Ich schaue zu der Notfallpackung. Helle hat sie erneuert.
»Soll ich Ebba rufen?«
»Nein«, keucht er und sein Blick ist wieder nach innen gerichtet, als würde er ein gefährliches Tier beobachten, ob es näher kommt. Es dauert eine Weile, bis er mich wieder anschaut, und dann ist jeder Humor aus seinen Augen verschwunden. Ich stelle die Tasse klappernd ab und atme genauso gepresst wie er.
»Ich rufe jetzt Ebba.«
»Nein!«, knirscht er. »Ich ... will nicht schlafen, ich ... will ... dir ... sagen ...«
Sein Gesicht färbt sich unter der Anstrengung dunkel. Ich spüre,
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