Beziehungswaise Roman
lege sie auf ihre. Schon o.k., Far wäre glücklich, sage ich, wenn er wüsste, wie glücklich sie ist. Vielleicht würde er ihr sogar, trotz der Tatsache, dass wir uns getrennt haben, einen schnellen, schmerzlosen Tod gönnen. Sie lacht nicht. Stattdessen senkt sie das Kinn, nimmt meine rechte Hand zwischen ihre und presst sie zwischen ihre Knie.
»Wir haben doch eine schöne Beziehung gehabt.«
Ich mustere ihr Gesicht, nicht ganz sicher, ob das eine Frage war.
»Andere führen kürzere Ehen.«
Sie nickt und schaut aus der Frontscheibe.
»Und schlechtere«, füge ich hinzu.
Ich fahre und warte, ob noch was kommt. Da kommt nichts.
Der Terminal ist fast leer. An einer ovalen Theke sitzen ein paar müde Abholer. Eine Putzkolonne fährt durch die Halle. Zwei Polizisten flirten mit einer Putzfrau. Vor einem Gate warten ein Dutzend Abholer. Ein Blick auf dem Monitor erklärt uns, dass die Maschine pünktlich gelandet ist und wir am richtigen Ort sind, also rutschen wir auf die Hocker und bestellen Kaffee. Die Bedienung ist Ende zwanzig, fahrlässig geschminkt und hat furchtbar zerrupfte Augenbrauen. Sie sehen aus wie verhungerte Regenwürmer, die willkürlich in der Mitte durchtrennt wurden. Sie lässtunsere Bestellung regungslos über sich ergehen und dreht sich dann wortlos um.
»Hast du die gesehen?«, flüstere ich.
Tess nickt. Eine ihrer Locken fällt ihr ins Gesicht. Sie schiebt sie zur Seite und klemmt sie hinters Ohr.
»Musste sich vielleicht im Dunkeln schminken, um ihr Baby nicht zu wecken.«
»Vielleicht hat sie auch nur einen Tatterich wegen der Zukunftsaussichten der Menschheit.«
»Oder sie nippt an der Ware.«
Ich nicke nachdenklich.
»Vielleicht ist sie auch nur eine schlechte Zupferin.«
Sie kneift ein Auge zu und richtet einen Zeigefinger auf mich. Ich bürste mir imaginären Staub von meinem Mantelärmel. Die Analysierte bringt uns den Kaffee. Tess bezahlt, kippt Milch in ihre Tasse und rührt um. Der Löffel wird immer langsamer, als würde ihm der Saft ausgehen.
»Hm«, mache ich.
Sie hebt den Blick, lächelt süß und streicht sich wieder eine Locke hinter das Ohr.
»Was ist eigentlich mit der Katze?«
»Das Vieh kommt nicht mehr, seitdem ich den Futternapf weggeschmissen habe.«
»Ah«, macht sie und nimmt einen Schluck von ihrem Kaffee.
Ich warte einen Augenblick, ob noch was kommt. Auch diesmal kommt nichts. Vielleicht sollte ich generell aufhören zu warten. Toller Tipp.
Ich werfe erneut einen Blick auf die Tafel. Die Maschine ist immer noch gelandet und nicht nur die, denn plötzlich wird es laut. Dunkelbraun gebrannte Ballermänner poltern in die Empfangshalle. In ihrem Drang zu beweisen, dass sie im Urlaub am meisten Spaß hatten, ist ihnen keinSpruch zu laut oder zu dämlich. Wieso hört man so selten kluge Menschen laut reden? Nachts von einer grölenden Männergruppe geweckt zu werden, die unter meinem Fenster den vierten Artikel des Grundgesetzes ausdiskutiert – ah! Aber nein. Dumm fickt anscheinend nicht nur gut, sondern redet auch noch laut. Stille sollte Grundrecht sein. Aber wir haben ja Nachtruhe. Hm. Ich kannte mal jemanden, der prima davon lebte, dass er nachts mit einem mobilen Dezibelmessgerät durch die Stadt ging, die Diskotheken prüfte und sich von denen schmieren ließ. Wäre vielleicht ein Job für mich, jetzt wo MS Karrieretod gesunken ist. Vielleicht könnte ich Poltergruppen auflauern und sie erpressen – Geld, oder ich verbiete euch! Ach, behaltet das Geld, und haltet die Klappe! Vielleicht könnte man das Verbot auf schwachsinnige Gedanken am Morgen ausweiten. Genau. Ein Messgerät für Gedankenlärm. Da würde ich bestimmt nicht verhungern. Prima.
»Wir sollten was machen.«
Ich löse meinen Blick von einem besonders grausamen Exemplar Sangriatourist. Tess starrt in ihren Kaffee. Die Locke hat sich wieder gelöst, sie hängt fast in der Tasse. »Was denn?«
Sie zieht die Schultern hoch.
»Irgendwas.«
Ich nicke. Guter Gedanke. Was tun. Zum Beispiel diesen Ballermännern sagen, dass sie nur einreisen dürfen, wenn sie den Einbürgerungstest bestehen. Drei deutsche Gebirge? ... Ah, endlich Stille. Und was verstehen Sie unter Reformation, und wer hat sie eingeleitet? Nein, nicht Klinsmann beim DFB, und das wichtige Ereignis, das am 20. Juli vierundvierzig stattfand, war auch kein Endspiel der Weltmeisterschaft. Wobei. Hm ... Ich schicke einen Gedanken an von Stauffenberg und alle anderen, die dafür gekämpft haben, dass wir uns heute
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