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Beziehungswaise Roman

Beziehungswaise Roman

Titel: Beziehungswaise Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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konnte sie sich bedenkenlos fallen lassen, doch keine Minute danach ließ sie sich ebenso intensiv auf die nächste Sache ein. Vielleicht macht sie das zu einem freieren und unabhängigeren Menschen. Vielleicht macht sie das zu einem guten Coach. Doch mir macht es Angst. Wird sie sich genauso entschieden einem anderen zuwenden? Hat sie es schon?
    Sie spürt meine Blicke, lächelt mir schnell zu, klemmt sich die widerspenstige Strähne hinter das linke Ohr, legt mir eine warme Hand auf mein Bein und schaut nach vorne aus dem Fenster. Und dann fahren wir eine Zeit. Lang. Schweigend.Kilometer um Kilometer. Eine Kommunikationstrainerin, die nicht kommuniziert. Ein Komiker, dem das Lachen vergeht. Und kein Carpool-entry in Sicht.
    Am Bahnhof finde ich einen Parkplatz und stelle den Motor ab. Tess löst ihren Gurt, wirft einen Blick auf ihre Armbanduhr. Sie greift nach dem Türöffner und öffnet die Beifahrertür. Kalte Luft strömt in den Wagen.
    »Warte«, sage ich.
    Sie hält inne und mustert mich fragend, die Beine bereits aus dem Wagen hängend.
    »Ich ...«, beginne ich und schon geht mir wieder die Puste aus.
    Sie mustert mich aufmerksam. Nach einem Augenblick rutscht sie wieder auf den Beifahrersitz, zieht die Tür zu, wendet sich mir zu, legt die Hände in den Schoß und nickt mir zu.
    »Ein paar Minuten haben wir noch.«
    Minuten. Ich brauche Stunden. Oder Jahre. Oder auch nicht. Eigentlich ist reden so einfach. Wenn man etwas sagt. Ich hole noch mal Anlauf. Nichts. Neben mir bläst Tess die einzelne Strähne, die sich wieder gelöst hast, zur Seite und wartet. Sie wirft einen neuerlichen Blick auf ihre Uhr und lehnt sich dann rüber, um auf meinen Gurt zu drücken. Er springt aus der Halterung. Sie rutscht näher, lehnt sich an mich und legt ihren Kopf in meine Halsbeuge.
    »Wer liebt dich?«, fragt sie und knabbert an meinem Kinn. »Meine Schnubbelfluppelpubbelmausi?«
    Sie erstarrt, die Lippen an meinem Kinn. Sie löst sich, hebt ihren Kopf und mustert mich aufmerksam.
    »Du bist wütend.«
    »Ist das deine professionelle Analyse?«
    Sie runzelt die Stirn und zieht sich ein kleines Stück zurück. Ich atme durch. Draußen geht eine Familie vorbei.
    Vater, Mutter, Sohn, Tochter. Glücklich wie Werbung. Getrennt durch Stahl, Blech und Glas ziehen sie fröhlich vorbei, ohne uns wahrzunehmen. Jeder auf seinem Planeten. »Entschuldige«, sage ich.
    Sie legt ihre Hand auf meine.
    »Ach, Liebster, ich finde es auch schade, dass es so schnell weitergeht. Ich wäre lieber noch bei dir geblieben.«
    »Ja«, sage ich, aber ich kenne sie; sie liebt diesen verdammten Job und ist froh, dass es endlich wieder losgeht.
    Sie wirft noch einen schnellen Blick auf ihre Uhr. Ich sehe, wie sie sich konzentriert und mir aufmunternd zunickt. »Wieso lässt du mich nicht einfach an deinen Gedanken teilhaben? Sie müssen nicht perfekt ausformuliert sein. Erzähl mir einfach, was du denkst.«
    »Ich denke, du verschweigst mir etwas.«
    Für einen Augenblick sieht sie aus, als hätte sie einen Geist gesehen. Dann lehnt sie sich weiter zurück und zieht die Schultern hoch, als hätte ein kalter Windstoß sie erwischt. Sie wendet ihr Gesicht ab und schaut aus dem Seitenfenster. Hinter uns hupt ein BMW und setzt den Blinker für den Parkplatz. Ich hebe eine Hand und winke ab.
    »Tess.«
    Sie schaut weiter aus dem Seitenfenster. Der BMW hupt noch mal. Ich winke wieder ab. Nach einem Augenblick nickt sie.
    »Ich hätte es dir früher sagen sollen.«
    Ihre Stimme klingt schwach und gepresst. Mein Magen zieht sich zusammen. Ihre Fingerkuppen beginnen wieder auf der Seitenverkleidung zu trommeln. Sie merkt es, zieht die Hand an sich und legt sie zu der anderen in ihren Schoß. »Ich wollte mit dir im Urlaub darüber reden, aber dann war es so schön, und ich wollte nicht unsere gemeinsame Zeit damit belasten und ... ich habe auf den richtigen Augenblick gewartet, aber es gab einfach keinen und ...«
    Ihre Stimme erstickt. Sie schaut immer noch mit abgewandtem Kopf durch die Seitenscheibe. Mein Magen ist ein kalter Stein. Sie wendet mir ihr Gesicht zu und hebt eine Hand ein wenig. Ihr Blick ist unsicher.
    »Ich hab es dir verschwiegen, um die Zeit mit dir zu genießen. Das war egoistisch von mir. Dafür möchte ich mich bei dir entschuldigen.«
    »O.k.«
    Sie schüttelt den Kopf, ihre Wangen röten sich, und ihre Augen füllen sich mit Tränen.
    »Nein, das ist nicht o.k. Was ist nur los mit mir? Ich werde doch dafür bezahlt, andere Menschen zu

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