Beziehungswaise Roman
beklagst dich, weil dein Kerl seit ein paar Wochen nicht mit dir schläft. Wir haben seit Jahren nicht mehr miteinander geschlafen, ohne jeden Hoffnungsschimmer, dass es sich je ändern wird.«
Sie blinzelt.
»Und warum nicht, wenn ich fragen darf?«
»Weil ...«
Ich verstumme und presse die Lippen zusammen. Tränen schießen mir in die Augen. Meine Nase schwillt zu. Mona beugt sich etwas vor und legt ihre Hand auf meine. Ich ziehe meine Hand zurück, lehne mich an den Stuhlrücken, hefte meinen Blick auf die gegenüberliegende Wand, spanne meine Bauchmuskeln und kämpfe dagegen an, bis sich mein Atem wieder beruhigt.
»Im Ernst, was sind wir beide denn für Luschen?! Immer wenn wir uns sehen, ist einer am Heulen.«
Sie lacht nicht.
»Es gibt Schlimmeres.«
»Für dich vielleicht, aber ich bin ein Macho. Also, ich war es zumindest bisher.«
Ich wische mir über die Augen.
»Wir müssen ja auch nicht darüber reden«, sagt sie in mitfühlendem Ton.
»Ja«, sage ich. »Eines Morgens wachte ich auf, und neben mir lag meine beste Freundin. Und es gibt und gab nichts, was ich dagegen tun konnte. Ich habe so etwas noch nie erlebt. Und wenn ich es noch mal erleben sollte, werde ich genauso ratlos sein, denn ich habe nichts daraus gelernt. Ich habe keine Ahnung, wie das passieren konnte. Aber es ist so, und ich hab’s akzeptiert oder bin noch dabei.« Ich atme tief ein und aus. »Genug davon, reden wir über dich. Was ist mit deinem unverlobten Zukünftigen? Hast du ihn angerufen?«
Sie senkt ihren Blick und spielt an ihrer Tasse herum. »Klaus hat ihn angerufen und ihm gesagt, wo ich bin.« »Nicht direkt ein persönliches Gespräch. Warum rufst du ihn nicht an?«
Sie hebt die Tasse an und nippt an dem Tassenrand, ohne zu trinken. Sie mustert die Teeoberfläche, als würde sie ihr Geheimnisse verraten.
»Ich bin noch nicht so weit«, sagt sie schließlich. Sie streicht sich die Haare aus der Stirn, hebt ihren Blick. »Wenn das Kind da ist, werde ich nie wieder dieselbe sein. Mein Leben wird nie wieder dasselbe sein. Heiraten, Mama sein, Ehefrau sein.«
»Oder alleinerziehend, falls dein Typ sich vor Kummer umbringt.«
Sie schaut mich dunkel an.
»Ich bin einfach noch nicht bereit, mit ihm zu reden. Er will immer alles verstehen. Er wird fragen, wieso ich weggefahren bin, ob ich denn nicht mit ihm leben möchte, obich das Kind nicht will ... Ich weiß noch nicht, was ich ihm sagen soll.«
Im letzten Moment verkneife ich mir den Spruch und erinnere mich. Zu früh schwanger. Angst, dem nicht gewachsen zu sein. Angst, etwas zu verpassen.
»Liebst du ihn?«
Sie schaut mich merkwürdig an.
»Natürlich.«
»Liebt er dich?«
»Natürlich.«
»Dann bestraf ihn nicht dafür. Er will bloß sein Leben mit dir verbringen und dich glücklich machen, der Arsch. Er will dich verstehen? He, ich kenne einen Haufen Frauen, die würden sich für einen Mann, der sie verstehen will, ihnen ein Kind macht und ein Heim kauft, ein paar Gliedmaßen abhacken.«
Sie lächelt gequält.
»Jetzt sei nicht so ...«
»Wieso ich? Du bist doch diejenige, die glaubt, Liebe rechtfertigt alles. Jetzt bekommst du Liebe und läufst davon. Warum?«
Sie schaut zur Decke.
»Ich weiß.«
»Ja klar, aber ist es dir auch bewusst? Er dreht vielleicht gerade durch.«
In ihrem Blick liegt jetzt ein bisschen Wut.
»Ich weiß. Aber diese Frage muss ich beantworten. Es ist mein Bauch und mein Leben, und ich muss Ja sagen, sonst bringt das doch alles nichts.«
»Das heißt, du überlegst dir abzutreiben?«
Sie mustert mich. Dann senkt sie den Blick. Und sagt lange nichts. Ich trinke noch einen Schluck. Dann erzähle ich von Tess’ Schwangerschaft. Es war nicht geplant, es platzte auch kein Kondom, es passierte einfach so. Niemandweiß wie. Ich werde nie den Ausdruck in ihren Augen vergessen. Ihre Angst vor meiner Reaktion, als sie es mir sagte. Ich trug sie ins Bett, und wir ließen uns den Tag, den Abend und die Nacht von der Euphorie tragen – wir werden Familie ! Wir vögelten zärtlich, wild und ungeschützt. Zwischen dem Sex machten wir Pläne, träumten von einem Zuhause, Generationen und ewigem Leben. Diese Nacht war eine der glücklichsten meines Lebens. Doch als wir am nächsten Morgen aufwachten, holte uns die Realität ein. Wir hatten kein Geld für eine größere Wohnung, Himmel, wir konnten uns damals kaum selbst ernähren. Ich trat auf drittklassigen Events auf, Tess studierte halbherzig. Wir hatten wenig Geld, keine Zeit und
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