Beziehungswaise Roman
Blättchen wieder hin. Sie stellt die Blättchen hochkant. Wieder zurück nach rechts. So geht das, bis ich mich neben sie setze und ihr eine dampfende Tasse vor die Nase stelle.
Sie mustert die Tasse, dann mich. Sie hält ihre Nase über die Tasse, schnuppert und schaut mich wieder an.
»Das ist Tee.«
»Richtig.«
Sie richtet ihren Blick auf meine dampfende Tasse. »Ich hätte auch gerne einen Espresso.«
»Espresso ist scheiße in der Schwangerschaft.«
Sie holt Luft, um etwas zu sagen, doch es wird ein schwaches Lächeln draus. Sie nimmt die Tasse, nippt daran und macht eine wage Handbewegung in die Runde.
»Hier könnte man gut ein Kind aufziehen, weißt du das?« Ich ziehe meine Augenbrauen hoch und mustere sie über den Tassenrand.
»Ich meine theoretisch«, sagt sie. »Hier ist viel Platz, und es gibt mehrere Bezugspersonen. So sollte ein Kind aufwachsen. Diese Kleinfamilienkiste macht nur eng im Kopf. Kinder brauchen mehrere Bezugspersonen. Ist doch so.«
»Klar«, sage ich und stelle mir ein Baby auf Fraukes Arm vor, in eine Cannabiswolke eingehüllt und mit einem Dauerlächeln auf dem kleinen Gesicht. Komisch, ich weiß gar nicht, ob sie Kinder haben will. Wieso weiß ich das nicht? So etwas weiß man doch sonst von Frauen über dreißig. Hm.
Wir nippen an unseren Tassen. Der Espresso ist gut. Arne legt das Geld, das er nicht hat, echt gut an.
»Hast du Kinder?«, fragt sie und legt ihre freie Hand unbewusst auf ihren Bauch.
»Nein.«
»Willst du keine?«
»Dafür braucht man eine Frau, oder?«
Sie zieht eine Grimasse.
«Autsch. Tut mir leid.« Sie wirft mir einen forschenden Blick zu. »Hast du nicht gesagt, dass ihr euch freundschaftlich getrennt habt? Du wirkst, als wärst du verlassen worden.«
Ich werfe automatisch einen Blick zu Fraukes Tür rüber. Gott weiß, was ich mir anhören muss, wenn sie es erfährt.
Sie, die ihr Herz an ein Arschloch verschenkt und dann völlig betriebsblind herumrennt und hofft und hofft und hofft. Und ich dagegen ...
»Entschuldige«, sagt Mona.
Ich löse meinen Blick von Fraukes Tür.
»Nein, du hast recht, wir haben uns gemeinsam getrennt, aber ich fühle mich verlassen. Wir haben uns irgendwie innerhalb der Beziehung getrennt. Jeder macht sein Ding, und mir fehlt es, dass sie ... die alten Zeiten eben.« Ich ziehe die Schultern hoch. »Es ist seltsam. Ich denke schon lange darüber nach, ob es Sinn macht, zusammenzubleiben, und jedes Mal kam ich zu dem Schluss, dass wir eine großartige Zeit hatten, sie aber vorbei ist und das Leben irgendwie weitergehen muss. Mir war schon lange klar, dass wir uns trennen sollten, aber jetzt, wo wir es ausgesprochen haben ...«
Ich ziehe die Schultern hoch, nehme die Tasse und nippe an dem heißen Espresso. Sie mustert mich aufmerksam. »Habt ihr um eure Beziehung gekämpft?«
Ich stelle die Tasse wieder auf den Tisch, spiele mit den Blättchen und denke über ihre Frage nach, obwohl ich die Antwort schon kenne. Dann schüttele ich den Kopf.
»Ich weiß, wie das klingt, aber ... nein.« Ich hefte meinen Blick auf die Blättchen und schnippe sie über den Tisch. »In meiner Beziehung davor habe ich mich viel gestritten, wir gingen zum Paartherapeuten, trennten uns auf Probe, wir probierten alles aus, um zusammenbleiben zu können. Mit Tess ist es anders. Wir haben uns nie auseinandergesetzt. Wir haben uns gelobt, gesockelt und zufriedengelassen, haben uns akzeptiert, wie wir sind. Vielleicht war das ein Fehler. Vielleicht auch nicht. Vielleicht ist das ja richtige Liebe? Sich zu akzeptieren, sich zu lassen. Vielleicht haben wir uns aber auch zu sehr gelassen und uns deswegen auseinandergelebt. Vielleicht sind wirdeswegen aber jetzt Freunde. Ich weiß nicht, was richtig oder falsch ist, ich weiß nur, dass wir uns lieben und dass wir uns trennen und dass das alles merkwürdig ist. Tja. Seltsam, oder?«
Sie sitzt regungslos da und mustert mich. »Du trennst dich also von jemandem, den du liebst?«
»Liebe ist nicht alles.«
Sie lächelt nachsichtig. Ihrem milden Lächeln nach zu urteilen, sollte ich aus der Halle gehen, über die Straße, an der Tür gegenüber klopfen und um Einlass bitten.
»Das sehen viele anders.«
»Und viele halten Maria für unbefleckt. Liebe ist nun mal nicht genug, wenn man keinen gemeinsamen Alltag mehr hat und seit Jahren nicht mehr miteinander schläft.«
Ihr Lächeln verschwindet.
»Oh«, sagt sie und runzelt ihre Stirn.
»Ja, oh. Bei dem Thema hört der Spaß auf, nicht? Du
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