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Bezueglich Enten und Universen

Bezueglich Enten und Universen

Titel: Bezueglich Enten und Universen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neve Maslakovic
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schwer zur Seite und verfehlte nur knapp einen Fußgänger. Ich hielt den Blick angestrengt nach oben auf die Gebäude und Reklamebildwände gerichtet. Als nach ein paar Minuten noch nichts Drastisches geschehen war, lockerte ich meinen Griff um die Armlehne. Die B-Bewohnerin neben mir lächelte mir aufmunternd zu und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Lards Vortrag. Ich öffnete das Fenster einen Spalt weit, zuckte aber immer noch jedes Mal zusammen, wenn der Verkehr dicht an uns vorbeirauschte. Endlich lehnte ich mich zurück und ließ Lards Worte an mir vorbeifließen, während ich mit Universum B »Original und Fälschung« spielte. Wie ich bei der Suche nach dem
Queen Bee Inn
festgestellt hatte, hatten die Menschheit und der Zufall in dreieinhalb Jahrzehnten ganze Arbeit geleistet.
    Wo ich gewohnt war, Neubauten zu sehen, die nach unseremErdbeben in die Höhe geschossen waren, sah ich hier bröckelnde Fassaden von Gebäuden aus dem neunzehnten Jahrhundert. Wo die Bauwerke sich glichen, hatten sie unterschiedliche Funktionen. Was ich als städtische Kunstgalerie kannte, bestand hier aus einer Drogerie und einem Schuhladen. Weiter drunten am Embarcadero erreichten wir Fishermans Wharf, an dessen Pier ich mich von alten Fotografien erinnerte. Keine Spur von der Transitfähren-Marina, die seinen Platz in San Francisco A eingenommen hatte. Nur Pier 39 mit seinen Andenkenläden und Restaurants sah noch genauso aus.
    Als wir an einer Ampel hielten und der Busmotor einen Moment lang leiser brummte, konnte ich die Möwen vom Pier hören, aber in der Kakofonie des städtischen und maritimen Lebens vermisste ich das Brausen der Beförderer. Stattdessen gab es das stetige Donnern von Motoren. Doch die Autos (wenn ich die ihnen innewohnenden Gefahren einmal ignorierte) ließen die Stadt lebhaft und fröhlich erscheinen, wie ein Obstkorb mit viel Rot und Grün und Gelb, der in der Mittagssonne leuchtete.
    An praktisch jedem Gebäude befanden sich Reklametafeln. Hatten wir denn auch so viele?
    Und lag auf den Straßen meines San Francisco auch derartig viel Müll herum?
    Aber die eigentliche Frage, dachte ich, während ich hastig den Ellbogen zurückzog, den ich auf dem Arm der freundlichen B-Bewohnerin neben mir abgesetzt hatte, die eigentliche Frage war, ob Mrs Noor nur kosmetische Unterschiede zwischen Felix’ Leben und meinem feststellen würde – oder
kosmische.
Trugen wir lediglich den Scheitel auf verschiedenen Seiten und das wars dann, oder war er ein Selfmade-Trillionär, der ein Anwesen mit Privatstrand, zwei Tennisplätzen, drei Saunen und einer Orangenplantage besaß?
    Nach der Markierung auf meiner Identikarte musste er
irgendwo
in der Nähe sein. Möglicherweise hatte er in dem auberginenfarbenen Wagen gesessen, der vor unserem Bus rücksichtslos die Spur gewechselt und unseren Fahrer zu einer Notbremsung gezwungen hatte, wodurch wir alle in den Sitzen nach vorne geschleudert wurden. Doch wenn wir uns irgendwie ähnlich waren, würde er eher mit dem Fahrrad herumgondeln. Obwohl, jetzt, wo ich darüber nachdachte, wo waren eigentlich all die Fahrräder? Ich hatte nur einige wenige gesehen, kein Vergleich zu der Anzahl in den Straßen von San Francisco A. Das Radfahren machte uns effizient, aufmerksam und fit. Die paar wenigen Radfahrer, die es hier gab, trugen eng anliegende Sportanzüge in leuchtenden Farben, als müsste man sich dafür irgendwie besonders kleiden, wie für die Oper, statt lediglich von einem Ort zum anderen zu fahren.
    »Meine Lieblingsschauspielerin«, sagte die B-Bewohnerin neben mir, stieß mir den Ellbogen in die Rippen und deutete nach draußen.
    Wir hielten an einer roten Ampel unter einer Reklametafel.
    »Das gibt es bei Ihnen nicht mehr, oder? Kino?«
    »Nee«, sagte ich. Die Dame auf der Werbetafel trug einen eng anliegenden, kakifarbenen Tropenanzug und einen breitkrempigen Hut. Sie schwang sich in einer Dschungelumgebung mutig an Lianen von Baum zu Baum, eine Python lose um den Hals geschlungen, während ihre langen eisweißen Haare hinter ihr her flatterten. Überrascht erkannte ich in ihr die auffallende Reisende mit dem Mandarinenkleid aus der Übergangskammer. Also war sie doch eine B-Bewohnerin gewesen, und berühmt noch dazu.
    »Sie ist schön, nicht wahr? Das ist Gabriella Love. Ich habe
Dschungelnächte
schon sechs-, nein, siebenmal in New Jersey gesehen. Ich begreife wirklich nicht, warum Filme in Ihrem Universum aus der Mode gekommen sind. Bevorzugen Sie nicht

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