Bezueglich Enten und Universen
Körper tief über sein Abendessen gebeugt. Wie alle im Raum, die nicht zum Personal gehörten, trug er diesen lachsfarbenen Kittel. Die offenherzige und ziemlich raue Klamotte ließ mich meinen Morgenmantel herbeisehnen. Das Gepäck aus dem
Queen Bee Inn
war noch nicht eingetroffen.
Er blickte auf, als ich an den Tisch trat. »Tut mir leid wegen der Quarantäne«, meinte er und zog seine Lasagne näher zu sich, um Platz für mein Tablett zu schaffen.
Ich setzte mich. Ich wollte herausfinden, warum ein erwachsener Mann sein Haustier zu Besuch in ein anderes Universum mitnahm. »Felix Sayers«, stellte ich mich vor, während ich mit den Händen fest die Kanten des Tabletts umklammerte, als vorbeugende Maßnahme gegen potenziell infektiöse Handschläge. »Ich bin Tourist.«
»Ich heiße Granola James. Ich bin geschäftlich hier ...«
»Kein
Kaffee?!
«
Ich wandte den Kopf und erblickte Gabriela Love, den Filmstar, mit dem ich eine Übergangskammer geteilt und den ich auf zahllosen Werbeleinwänden gesehen hatte. Sie brachte ihre Unzufriedenheit sehr klar zum Ausdruck. »Das kann doch nicht Ihr Ernst sein. Nein, ich will keinen Tee.« Mürrisch gab sie sich mit irgendeiner Alternative zufrieden und schlurfte zu einem freien Tisch, während ihre hochhackigen Slipper klackten und ihr seidiger, rosafarbener Morgenmantel sich hinter ihr bauschte (anscheinend hatte sie in weiser Voraussicht passende Kleidung eingepackt). Einen Moment lang fragte ich mich, wie die berühmte Schauspielerin hier bei uns Sterblichen gelandet war, da sie mir nicht der Typ zu sein schien, der Quasi-Haustierchen streichelte. Aber dann fiel mir wieder ein, dass sie ja inGranola James’ Auto gesessen hatte. Im Moment jedoch ließ sie Bürger James völlig links liegen. Damit war sie nicht die Einzige. Ich öffnete ein Mayonnaisetütchen und verteilte den Inhalt auf der dünnen Weißbrotscheibe, um das trocken aussehende Truthahnsandwich genießbarer zu machen, während ich zahllose Blicke auf mich gerichtet fühlte. Am Nachbartisch amüsierten sich ein paar Kinder köstlich, während ihre Eltern grimmig dreinschauten und immer wieder missbilligende Blicke in unsere Richtung abschossen. Da mir der Mann leidtat, der (wie der Quasi-Hund Murphina mit all seinen Viren) immerhin ein Mit-A-Bewohner war, fragte ich Bürger James: »Und wo ist Murphina geblieben?«
»Beim Tierarzt, in Quarantäne, genau wie wir, die Ärmste. Ich hoffe, sie nimmt das Futter an.«
Ich beäugte mein Sandwich und entfernte mit spitzen Fingern ein welkes Salatblättchen. »Was führt Sie beide denn nach Universum B?«
»Geschäfte in Carmel. Was Murphina betrifft, ich nehme sie überallhin mit. Sie ist ein liebenswertes und gut erzogenes Tier. Wir wollten heute eigentlich einen Flieger hinunter nach Carmel nehmen, aber als Murph mich heute Morgen aufweckte, sah ich gleich, dass sie sich nicht wohlfühlte. Also ging ich mit ihr zum Tierarzt. Und schon schafften sie mich in aller Eile hierher.«
»Wie hat sie sich den Haustierbazillus eigentlich eingefangen?«
Anscheinend hatte man ihm diese Frage schon so oft gestellt, dass er sie in kurzen, geübten Sätzen beantwortete, während er sachte mit der Gabel an seinen Lasagneteller tippte. »Wir leben im Napa Valley. Gleich hinter dem Haus fängt der Wald an. Die Rieseneichhörnchen mögen die Bäume. Murph und ich gehen jeden Tag dort spazieren. Um ehrlich zu sein, sie braucht die Bewegung.« Die Hand mit der Gabel hielt einen Moment langinne. »Aber wenn sie im Wald auf Eichhörnchenköttel stößt, neigt sie dazu, na ja, sie aufzufressen. Nobody is perfect.«
»Das ist doch Blödsinn«, sagte die Mathematikerin, die anscheinend ihr Gespräch mit Arni Wer-auch-immer beendet hatte und sich auf den freien Stuhl zwischen uns fallen ließ. Sie stellte ihr Tablett auf dem runden Tisch ab, dass das Besteck nur so klapperte. »Warum spüren wir solche Krankheiten nicht auf,
bevor
wir sie von einem Universum ins andere verschleppen? Stattdessen bekommen wir beim Übergang ständig die ewig alten Fragen zu hören. Zweck des Besuchs, Bonität unserer Identikarte, hat der Reisende ein Alter Ego – als wäre es einem Menschen möglich, nicht zumindest einen heimlichen Blick auf sein Alter werfen zu wollen, wenn er denn eines hat ...«
Sie brach ab und verstummte, als hätte sie etwas gesagt, das sie eigentlich für sich hatte behalten wollen. Ich fragte mich, ob einer von uns – James oder ich – ihr alt genug erschien,
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