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Bezueglich Enten und Universen

Bezueglich Enten und Universen

Titel: Bezueglich Enten und Universen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neve Maslakovic
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um ein Alter Ego zu haben. Heimlich musterte ich Bürger James, aber sein sehniger Körper und der glatte schwarze Haarschopf machten es unmöglich, sein Alter genau zu schätzen. Er konnte ebenso gut dreißig wie fünfzig sein.
    »Ach, egal«, meinte sie und nahm sich ein Zitronensafttütchen aus dem Korb in der Tischmitte. Sie quetschte es in ein Glas Eistee. »Freut mich, Sie kennenzulernen ...«
    »Granola James.«
    »Freut mich, Bürger James.«
    »Nennen Sie mich einfach James. Oder Granola, wenn es sein muss.«
    Sie reichten sich die Hand.
    »Ich bin Bean. Naturname. Bohne. Tag Felix, wir haben uns natürlich gestern schon kennengelernt ...«
    Ich schüttelte ihr die Hand, erfreut, dass sie sich die Mühe gemacht hatte, sich nach meinem Namen zu erkundigen. War es möglich, dass sie zu denen gehörte, die heute früh im
QueenBee Inn
nach mir gesucht hatten? Wenn ja, warum hatte sie keinen Namen genannt? Und wer war der andere geheimnisvolle Besucher gewesen, der lockige Typ mit der vorspringenden Nase, den Franny beschrieben hatte?
    »Wenigstens dauert unsere Quarantäne nur noch etwas über vierzig Stunden«, sagte Bean, während sie in ihrer Suppe herumstocherte. »Und nicht vierzig
Tage,
wie im Mittelalter. Ganze Schiffe wurden isoliert, um sicherzugehen, dass niemand an Bord die Pest in sich trug. Eigentlich sollten wir das heute besser können. Krankheiten lieber rechtzeitig ausfindig machen, anstatt Quarantäne zu verhängen. Ein interessantes mathematisches Problem, mehr nicht.«
    James und ich starrten sie an. »Sagten Sie, ein mathematisches Problem?«, wollte ich wissen.
    Sie nippte vorsichtig an ihrer Suppe, dann griff sie nach dem Pfefferstreuer. »Alle Probleme sind im Grunde mathematischer Art. Manche sind nur komplizierter als andere. Den Haustierbazillus aufzuspüren – das sollte nicht so schwierig sein, denke ich – was für ein Gerät würde man dazu brauchen? Was müsste es messen? Einiges. Körpertemperatur. Die Anzahl der Niesanfälle pro Stunde oder der Viren in einer Schleimprobe. Dann müsste die gemessene Zahl mit einem Grenzwert abgeglichen werden – wieder eine Zahl –, um zu einer Ja-Nein-Entscheidung zu gelangen – binär –, ob jemand das Haustierbazillus in sich trägt oder nicht.«
    »Das klingt durchaus machbar, wenn Sie es so ausdrücken, Bean«, sagte James. »Ein toller Name übrigens. Viel besser als Granola, in jeder Hinsicht. Müsli, pah! Welche Bohne sind Sie denn? Kaffee, Vanille, Chili, Kakao, grün ...?«
    »Keine Ahnung. Meine Eltern sind Passivisten.«
    »Was meinen Sie damit?«, fragte ich. Ich griff nach einem Reischip und langte dabei nach unten, um mir den Krankenhauskittel wieder über die Knie zu ziehen.
    »Die Passivisten glauben daran, dass die Verzweigung von A und B durch eine einzige Person verursacht wurde.«
    »Klar«, sagte ich. »Professor Singh. Er hat in seinem Kellerlabor eine Kopie des Universums hergestellt. Das lernt man doch schon in der ersten Klasse.«
    »Nein. Ich meine, ja, natürlich lernt man das in der ersten Klasse.« Sie tunkte ein Stück des faden Brots in ihre Suppe, merkte, dass es zu schnell durchweichte, und ließ es in die Schüssel fallen. »Die Passivisten sind keine Anhänger des Gedankens, dass man ein Universum im Labor schaffen kann. Nach ihrer Ansicht erzeugen die Leute immer dann neue Universen, wenn sie etwas tun, ohne die Konsequenzen in Betracht zu ziehen, etwa eine achtlose Bemerkung machen oder verschlafen oder ein Stoppschild überfahren.«
    Ich sah, dass James’ Gabel auf dem Weg von der Lasagne zu seinem Mund in der Luft erstarrt war.
    »Ich habe die Passivisten am Übergangsterminal gesehen«, bemerkte ich. Ich erinnerte mich, dass es Bean nicht gefallen hatte, wie die Beamten sie aufforderten, das Gelände zu verlassen. »Einer von ihnen trug eine eingetopfte Sonnenblume bei sich. Aber was hat Passivismus mit Namen zu tun?«
    »Meine Eltern haben meinen Namen ausgewählt, indem sie eine Nadel in eine Liste von Naturnamen gestochen haben, die für neugeborene Einzigartige, obwohl die Leute meistens anders vorgehen und einen Namen auswählen, der ihnen gefällt. Die Namen sollen ›
Anblicke, Düfte, Laute und Geschmäcker der Natur evozieren
‹«, zitierte sie, wobei sie sich ein bisschen verhaspelte. »Ich gehöre zu den Geschmäckern. Thyme – Thymian –, mein Bruder, ist der Duft und meine Schwester Cricket – Grille – ist der Klang. Ein viertes Geschwister gibt es nicht,

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