Bezueglich Enten und Universen
ihrem Blick zur Essenstheke, wo der Filmstar die Nase über das Angebot rümpfte.
»Wusstest du das denn nicht? Ihr Alter hier in Universum Bist Gabriella Love, die berühmte Schauspielerin. Sie selbst heißt Gabriella Short. Love muss ein Künstlername sein.«
»Sie ist eine A-Bewohnerin mit einem Alter? Na, so was! Ich dachte, sie wäre eine Einzigartige. Sie sieht zu jung aus, um vor dem Y-Tag geboren zu sein.«
»Alles Make-up«, meinte Bean geringschätzig. »Und dieses unnatürlich weiße Haar.« Sie griff nach ihrem klobigen Omni und sah nach der Zeit. »Ich habe gleich eine Besprechung mit Professor Max und dem Rest unseres Teams. Da sie mich frühestens gegen Mittag hier rauslassen, werde ich es wohl von hier aus tun müssen.« Sie machte eine Geste, die die Cafeteria selbst, aber auch den gesamten Quarantäneflügel meinen konnte. »Und ich werde ihnen erzählen müssen, dass ich Blinddarmentzündung habe, obwohl Arni natürlich weiß, dass ich lüge, und alle anderen auch, weil Arni nicht gerade stumm wie ein Fisch ist. Ich wünschte, sie würden uns unsere eigenen Kleider wiedergeben. Diese Kittel sind so was von blöde.«
»Vielleicht haben sie Angst, wir würden uns rausschleichen, wenn wir unsere eigene Kleidung tragen.«
»Ich weiß ja nicht, wie du darüber denkst, aber ich würde es wahrscheinlich tun.« Sie verstummte und warf einen Seitenblick auf einen der DIM-Beamten, der gerade Quarantänefall 3, dem Versicherungsvertreter, einen Stift reichte. Dann senkte sie die Stimme. »Bist du ein Mensch, der Kindheitserinnerungen und Fotos aufbewahrt?«
»Ob ich – eigentlich nicht. Bei der Arbeit ist mein Schreibtisch derartig überhäuft, dass ich es in meiner Wohnung lieber vergleichsweise karg und aufgeräumt habe. Jedes Mal, wenn neue Sachen hereinkommen, beispielsweise Topfhandschuhe oder Truthahnpipetten, und mir klar wird, dass ich mir schon wieder eine neue Idee aus den Fingern saugen muss – na ja, es würde mich nicht überraschen, wenn ich eines Tages ausflippe und das ganze Büro mit Bratensaft tränke. Ja, ich weiß, was dufragen willst – warum suche ich mir nicht einen anderen Job? Weil das Verfassen von Anleitungen recht gut bezahlt wird und ich die meiste Zeit sogar Spaß daran habe. Trotzdem will ich ein eigenes Buch schreiben. Das nicht das Geringste mit Wagner und seiner Firma zu tun hat. Rätsel und Verbrechen in der Welt des Kochens.
Ich frage mich, wie viel Freizeit sie haben«, fügte ich hinzu. »Köche, meine ich. Oder müssen sie ständig neue Menüs planen, Lebensmittel bestellen und sonstige Dinge im Restaurant erledigen, selbst am Abend?«
»Warum tust du dich nicht mit Felix B zusammen und ihr schreibt gemeinsam etwas? Es hat schon öfter schreibende Geschwister gegeben. Die Schwestern Brontë zum Beispiel. Wer noch? Mir fällt gerade niemand ein, aber es gibt sicher welche.«
»Ja, nun, ich weiß nicht, wie sie das angestellt haben. Die Brontës müssen wohl großzügigere Menschen, Personen – englische Damen – edel gewesen sein ... als ich«, sagte ich. Der Satz entglitt mir irgendwie. »Weißt du, was mir wirklich Kopfzerbrechen bereitet? Was, wenn er ein Pseudonym benutzt, ich sein Buch schon kenne und es mir gefallen hat?«
»Du dachtest, du hättest noch reichlich Zeit, dann hast du von seiner Existenz erfahren und schon bist du hier.« Sie legte den Kopf nachdenklich schief. »Wenn es um mich ginge, ich glaube, ich hätte wie verrückt zu schreiben angefangen. Egal was. Irgendetwas. Wirklich.«
»So funktioniert das nicht«, sagte ich, während ich einen Klecks Butter auf das letzte Stückchen Croissant zu schmieren versuchte. Sie blieb am Messer kleben. Entschlossen schüttelte ich das Messer und durfte zusehen, wie die Butter durch die Luft flog und zielsicher auf dem Schuh des DIM-Beamten landete, der gerade an unseren Tisch getreten war.
Nachdem ich die Schweigeverpflichtung unterschrieben hatte – »
... die Ereignisse vom 20. Juli 2020 bezüglich der Ausbreitung des nordamerikanischen Haustiersyndroms, auch Haustierbazillus genannt, von Universum A nach Universum B via eines infizierten Krankheitsträgers, einem Haustier unbekannter genetischer Komposition, ebenso wie alle damit in Zusammenhang stehenden Ereignisse, einschließlich, aber nicht beschränkt auf die achtundvierzigstündige Quarantäne, die für die zweiundzwanzig unten aufgeführten Bürger für nötig erachtet und verhängt wurde, werden hiermit als
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