Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition)
schwieg.
»Was geschah am Ende mit eurem Onkel?«, fragte Camille. »Ihn hat ein schneller und schmerzloser Tod ereilt?«
»Aye.« Rothewell verzog bitter den Mund. »Wie hast du das erraten?«
»Ist das nicht immer so bei den schlechten Menschen?«, fragte sie ein wenig verbittert. »Wir müssen hoffen, dass le bon Dieu dafür sorgt, dass sie am Ende doch bezahlen, da sie zu Lebzeiten bestimmt nicht bezahlt haben.«
»Ja, darüber habe ich in letzter Zeit viel gegrübelt.«
Er dachte noch immer an Annemarie, sie wusste es. Impulsiv nahm Camille seine Faust in ihre Hand und zwang ihn, sie zu lockern, und rieb dann die Spannung aus seinem Handteller und dann aus seinen Fingern. Was er getan hatte – du lieber Himmel, es war wirklich unverzeihlich. Warum also empfand sie so tief für ihn? Warum saß sie hier und massierte seine Hand und fragte sich, ob die Vergebung für ihn nicht schon lange überfällig war? Konnte ein Junge – einer, der ohne die Liebe einer Mutter und die Führung eines Vaters aufgewachsen war – mit neunzehn schon ein Mann sein? Oder definierte er Liebe falsch und suchte verzweifelt nach ihr?
Vielleicht suchte sie auch nur nach Ausreden. Sie war sich nicht sicher, ob sie das noch kümmerte. Sie hatte schon vor einiger Zeit jede Heuchelei darüber aufgegeben, sie könnten eines Tages getrennt leben. Vielleicht war sie für die Ewigkeit an diese Ehe gebunden – und vermutlich würde sie ihren Ehemann bis ins Grab umsorgen, wenn er sein ausschweifendes Leben und seine Selbstqual nicht aufgab. Aber eine andere Option gab es jetzt nicht mehr. Nicht für ihr Herz.
Als seine Hand offen und entspannt auf seinem Oberschenkel lag, stellte sie ihre nächste Frage. »Wie starb dein Onkel, Kieran?«
»Luke«, sagte er tonlos. »Luke hat ihn die Treppe hinuntergestoßen.«
Camille war nicht überrascht. »Vielleicht hatte er es verdient.«
Rothewell stieß ein weiteres verächtliches Schnauben aus. »Ja, er hatte es verdient. Er hatte mit Xanthia gestritten – Gott, ich kann mich nicht einmal erinnern, worüber. Er nannte sie ein dreistes kleines Luder und ohrfeigte sie. Das Blut … ihre Lippe. Sie war aufgeplatzt. Und dieses Mal rastete Luke aus. Er gab unserem Onkel einen Stoß und – und irgendwie fiel er. Sie hatten am Kopf der Treppe gestanden. Unser Onkel war natürlich betrunken gewesen. Er hat sich das Genick gebrochen.«
Camille wusste nicht, was sie sagen sollte. Ein kühler Wind hatte sich erhoben, spielte mit dem Saum ihres Rockes und zog ihr Haarsträhnen aus den Nadeln. Sie waren ganz allein im Park, mit nichts als dem gelegentlichen Gesang eines Vogels oder dem Knacken der blattlosen Äste, was die Spannung aufzuheben vermochte.
»Gab es Probleme für Luke?«, fragte sie schließlich. »Die – die Konstabler?«
Rothewell schüttelte den Kopf. »Es gab nur eine Untersuchung. Der Ruf unseres Onkels war überall bekannt. Man hielt es für eine Art Wunder, dass er überhaupt fünfundvierzig geworden war.«
Camille kniff gegen das Sonnenlicht die Augen zusammen. »Wie alt warst du, als du zu ihm kamst? Erinnerst du dich überhaupt an deine Eltern?«
Er nickte. »O ja. Aber eben nur so, wie ein kleines Kind sich erinnert. Eindrücke. Erinnerungsfetzen. Einfach diese … diese diffuse Art von Glück. Und Gerüche. Ich erinnere mich daran, wie meine Mutter gerochen hat – nach Lavendelwasser. Ich fand es wunderbar.«
Seine Haltung und sein Gesicht entspannten sich unmerklich. Camille lächelte. »Was für eine schöne Erinnerung«, sagte sie. »Als ich ein sehr kleines Mädchen war, wusste ich, dass, wenn Maman nach einem Parfüm roch, sie entweder Gäste erwartete oder ausging. Auf jeden Fall, das wusste ich, würde ich sie nicht sehen. Ich begann, diesen Geruch zu hassen. Geradezu zu verabscheuen. Ich denke, das ist der Grund, warum ich kein Parfüm trage.«
Rothewell sah sie überrascht an und beugte sich näher. »Aber das tust du«, sagte er. »Du riechst nach … ich kann nicht genau sagen, wonach. Nach Gewürzen und Rosenblüten? Es ist etwas Exotisches.«
Camille schüttelte den Kopf. » Non , du musst dich täuschen. Du hast mich mit jemand anderem verw …«
»Nein, bei Gott, das habe ich nicht«, fiel er ihr barsch ins Wort. Und dann wurde sein Blick weicher, auch wenn sein Ton es nicht tat. Er nahm ihre Hand in seine und hielt sie leicht, fast, als wollte er sie an seine Lippen führen. »Ich würde deinen Duft überall erkennen. Selbst in der dunkelsten Nacht im
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