Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition)
ihrem Totenbett gegeben? Warum nicht dann? Stattdessen ist wie viel Zeit vergangen, bis du ihn gefunden hast? Sechs Wochen? Sechs Monate?«
Camille ließ den Kopf sinken. »Ein wenig mehr.«
»Und die ganze Zeit über hat die Uhr getickt. Dir blieben nur noch wenige Wochen, einen Ehemann zu finden, Camille, als wir uns begegnet sind. Deshalb bist du jetzt mit mir geschlagen, weil ich das Beste war, was du tun konntest. Und jetzt bin ich der Einzige, der darüber wütend ist. Warum ist das so, Camille?«
Camille verschränkte die Hände in ihrem Schoß. Sie wollte diese Frage nicht beantworten; sie wollte nicht noch einmal den Schmerz jener letzten, schrecklichen Jahre erleben – und sie wollte auch nicht daran denken, dass weitere solcher Jahre vor ihr liegen könnten, wenn sie nicht standhaft blieb.
»Kieran, ich weiß, dass meine Mutter eine selbstsüchtige Frau war. Ich habe es erlebt. Ich weiß es. Viele Male hat sie mich verletzt, und ein Teil von mir ist noch immer zornig auf sie. Aber als Maman auf dem Sterbebett lag, wusste sie nichts von diesem Brief. Oder ich sollte sagen, sie konnte sich nicht an ihn erinnern.«
»Wie bitte?«
»Meine Mutter … Sie war zur … zur … wie ist das Wort dafür? Ein Trunkenbold? Ich habe die letzten drei Jahre ihres Lebens damit verbracht, mit ansehen zu müssen, wie sie sich langsam selbst umbrachte, weil ihre Schönheit vergangen war und weil Valigny sie verlassen hatte.« Sie machte eine Pause, um Luft zu holen. »Eines guten Tages, Kieran, wusste Maman kaum noch ihren eigenen Namen, vergaß den ihres Vaters. Und zum Schluss … mon Dieu! – wusste sie sogar meinen nicht mehr.«
Rothewell war so überrascht, dass er eine Weile schwieg. »Das tut mir leid, Camille«, sagte er dann und ergriff ihre Hand. »Ich hätte nicht fragen sollen.«
Camille zuckte mit den Schultern. »Nein, das hättest du nicht sollen.« Ihre rauchige Stimme klang verbittert. »Du musst mir verzeihen, Kieran, wenn ich nicht weiß, ob wir unser Leben miteinander teilen werden oder ob nicht. Es ist so sehr schwer, darüber zu reden.«
»Ich möchte dir keinen Kummer machen oder dir wehtun, meine Liebe.«
»Et alors«, sagte sie mit belegter Stimme und zog sich von ihm zurück. »Ich bin schon zuvor verletzt worden. Ich werde wieder verletzt werden. Vielleicht, Kieran, werde ich gerade jetzt wieder verletzt.«
»Camille, hör zu, ich …«
»Non!«, sagte sie scharf. » Du hörst zu. Ich bin verletzt, wenn du kalt zu mir bist. Ich bin verletzt, wenn du die ganze Nacht fortbleibst und ich nicht weiß, wo du bist. Ich bin verletzt, wenn ich sehe, wie du dich selbst vergiftest mit zu viel Alkohol und niemals …«
»Camille, als wir heirateten, habe ich dir gesagt, dass …«
»Ich weiß, was du mir gesagt hast!«, fiel sie ihm ins Wort und machte eine abwehrende Handbewegung. »Aber seitdem ist Zeit vergangen. Hörst du, was ich sage? Was immer wir gesagt haben, womit auch immer wir uns einverstanden erklärt haben – es gilt nicht mehr . Kieran, siehst du es denn nicht in meinen Augen? Ich – ich brauche dich jetzt. Unser Kind wird dich brauchen. Ich flehe dich nicht an. Ich sage es dir.«
Der Schmerz und die Erschöpfung lasteten schwer auf Kieran und drückten ihn schier nieder. »Camille, vielleicht, wenn du …«
Sie schüttelte den Kopf. »Vielleicht will ich nicht noch mehr von meinem Leben damit verschwenden, wieder am Bett eines Menschen zu sitzen, der sich seine Probleme selbst geschaffen hat«, sagte sie leise, und in ihren Augen standen Tränen. »Vielleicht, Kieran, ist es das, was ich für unfair halte.«
Sie war wütend, und sie hatte bei Gott recht, auch wenn er es hasste, das zuzugeben. Zumindest hatte Camille niemals gesagt, dass sie ihn liebte. Das hätte er nicht ertragen können. »Camille, ich bin, wie ich bin. So hast du mich geheiratet. Ich hatte das ganz klargemacht.«
»Menteur!«, rief sie und sprang auf. »Lügner! Du bist nicht, wie du bist. Oui, oui . Ich weiß, was du gesagt hast – und wärst du der Mann, der du bei unserer ersten Begegnung warst, vielleicht wäre es mir dann egal. Aber du hast keine Freude an dem Leben, das du dir geschaffen hast, Kieran. Du kommst so getrieben und so unglücklich nach Hause, wie du fortgegangen bist. Du isst kaum. Du schläfst kaum. Ich sage dir, das ist das Leben eines Feiglings.«
»Eines Feiglings … ?«
»Eines Menschen, der nicht kämpfen will.« Sie beugte sich zu ihm hinunter. »Nicht gegen seine
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