Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition)
gestern nicht mehr von ihm abgelassen, und Rothewell spürte, dass es an Stärke gewann. Dieses Mal gab es kein Entkommen, fürchtete er. Selbst Gareth hatte den Feind sein Werk tun sehen. Rothewell hatte eine fast schlaflose Nacht auf Selsdon verbracht und war heute Morgen nicht in der Verfassung gewesen, mehr als einen trockenen Toast zu essen.
Trammel jedoch holte ihm keinen Brandy, und trotz all seines harschen Geredes war Rothewell sich nicht einmal sicher, ob er den Alkohol überhaupt vertragen würde. Stattdessen ging der Butler unauffällig seiner Aufgabe nach; er schlug die Bettdecke zurück, zog Rothewell die Stiefel aus und legte ihm dann ein frisches Nachthemd heraus. Vielleicht kannte Trammel die Zeichen inzwischen, denn binnen einer Stunde erbrach Rothewell blutige Galle und wurde von seinen Schmerzen fast überwältigt. Als die Krämpfe endlich nachließen, fand er sich im Bett wieder, und der stechende Schmerz hatte sich in einen dumpfen Druck gewandelt.
Chin-Chin lag auf der Bettdecke, das Kinn auf seinen Pfoten, und schaute Rothewell wie verloren an.
»Nun, wie siehst du das, Jim?«, keuchte Rothewell, nachdem Trammel wieder hinuntergegangen war. »Werde ich Gevatter Tod treffen, bevor die Nacht vorüber ist? Oder hat das Ungeheurer vor, mich noch ein Weilchen länger zu quälen?«
Der kleine Spaniel gab einen seltsamen Laut von sich, etwas zwischen einem Heulen und einem Winseln, und rutschte auf der Decke näher heran. Rothewell schloss die Augen und legte die Hand auf den seidig weichen Kopf des Hundes. Er teilte die Gefühle des Spaniels. Er hatte den größten Teil seines Lebens wild entschlossen damit verbracht, sich selbst umzubringen – und jetzt, da das Leben plötzlich lebenswert geworden war, war er davon überzeugt, dass er Erfolg gehabt hatte.
In der Hanover Street hatte Camille soeben drei Karten zu einer Reihe ausgelegt und das Spiel an Lord Sharpe weitergegeben, als dessen Butler das Wohnzimmer betrat. Er beugte sich tief über den Kartentisch und hielt ihr ein kleines Silbertablett hin. »Eine Nachricht für Sie, Mylady«, sagte er. »Von Mr. Trammel.«
»Ach, du meine Güte!«, rief Lady Sharpe. »Was kann das bedeuten?«
Camilles Augen huschten über die Zeilen. »Rothewell ist krank.« Sie sprang auf. » Mon Dieu , ich muss gehen.«
Binnen zwei Minuten hatte sie ihren Umhang umgelegt und war zur Tür hinaus, nachdem sie sanft, aber entschlossen Lady Sharpes Angebot abgelehnt hatte, sie zu begleiten. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Es musste sehr schlimm stehen, weil Trammel nach ihr geschickt hatte.
Als sie zu Hause ankam, stand einer der Lakaien wartend an der Eingangstür.
»Wo ist Trammel?«, fragte sie und zog ihre Handschuhe aus.
»Oben, Ma’am.« Der Diener nahm ihr den Umhang von den Schultern. »Er sagt, ich soll Ihnen ausrichten, dass Seine Lordschaft jetzt ruhig schläft.«
»Merci.« Camille lief die Treppe hinauf und ging den Gang hinunter. Trammel wartete vor Kierans Tür auf sie. Tiefe Falten furchten seine Stirn. »Wie geht es ihm?«, verlangte sie zu wissen. »Was ist passiert?«
Trammel machte eine steife halbe Verbeugung. »Er ist nach Selsdon Court gefahren, Mylady«, erwiderte er leise, »und ist auf der Fahrt krank geworden, nehme ich an. Aber dieses Mal ging der Schmerz nur langsam wieder weg. Ich glaube, er hat letzte Nacht schrecklich gelitten.«
Camilles Blick richtete sich auf die Tür. »Alors, er hat Blut erbrochen?«, fragte sie. »Sagen Sie mir die Wahrheit, Trammel.«
Der Butler nickte. »Nicht sehr viel – das ist es nie -, aber der Anfall hat dieses Mal länger gedauert als sonst.« Dann beugte er sich zu ihr. »Ich habe ihm nicht gesagt, dass ich nach Ihnen geschickt habe, Ma’am.«
Camille legte dem Butler die Hand auf den Unterarm. »Und er muss das auch nicht erfahren, n’est-ce pas P«
Als sie das Zimmer betrat, brannte Kierans Nachttischlampe nur schwach, und ein wärmendes Feuer loderte im Kamin. Die Bettdecke war bis zu seiner Brust hochgezogen, und eine Hand ruhte auf Chin-Chins Rücken. Als der Hund Camille sah, hob er den Kopf und wedelte mit dem Schwanz. Kieran öffnete die Augen.
»Aye, er hat nach dir geschickt, richtig?«, murrte Kieran. »Diese verdammte alte Glucke mischt sich in alles ein. Es geht mir gut.«
Camille nahm auf der Bettkante Platz und ergriff seine freie Hand. Kieran war bleich und ein wenig erschöpft, schien aber ansonsten wie immer zu sein. »Wenn du genug Energie hast, über die
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