Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition)

Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition)

Titel: Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Carlyle
Vom Netzwerk:
sollte diesen Abend genießen. Gott weiß, dass ich das nicht tun werde.«
    »Ja, Sir.« Trammel verbeugte sich und ging.
    Rothewell ging zum Sideboard und zog den Stöpsel aus der Cognac-Karaffe. Dann, nach kurzem Überlegen, verschloss er sie wieder. In seiner gegenwärtigen Stimmung würde er vermutlich nicht wieder mit dem Trinken aufhören, hatte er erst einmal damit angefangen, und der Gedanke, etwas anderes als völlig nüchtern in Mademoiselle Marchands Gegenwart zu sein, war abschreckend.
    Er musste seine fünf Sinne beisammenhaben, wenn er es mit ihr zu tun hatte. Sie hatte ihn bereits dazu überredet, sie zu heiraten. Sie zu schwängern. Sie am helllichten Tag zu küssen und zu befummeln wie eine Hure. Wenn er die Augen schloss, machte ihr exotischer, würziger Duft ihn selbst jetzt noch schwindelig. Nur Gott allein wusste, was als Nächstes kommen könnte. Nun, vielleicht gar nichts. Vielleicht würden sie nicht einmal miteinander reden. Eingedenk ihres letzten Aufeinandertreffens wäre das durchaus wahrscheinlich.
    Gott verdammt, aber er hasste dies hier. Er hasste es, sich darüber Gedanken zu machen, was ein anderer Mensch von ihm dachte – selbst wenn er um dessen Meinung gebeten hatte. Selbst wenn sie es war. Und letzten Endes würde er sich wahrscheinlich doch nicht darum scheren. Mademoiselle Marchand würde bald genug begreifen, wen genau sie geheiratet hatte, und würde froh sein, ihn sich selbst zu überlassen.
    Auf jeden Fall ließ er den Brandy für den Moment am besten beiseite. Rothewell ging durch das Zimmer und schaute auf die Uhr auf dem Kaminsims. Er wurde erst in einer halben Stunde bei Nash erwartet, und der Weg zu Fuß zur Park Lane dauerte nur zehn Minuten.
    Er ging zum Fenster und starrte fast blicklos hinaus. Eine einsame Kutsche fuhr um den leeren Platz – eine schäbige Mietdroschke, vor die ein müdes braunes Pferd gespannt war. Sie fuhr zwei Runden, dann noch eine dritte, als hätte der Kutscher zwischen den prächtigen Straßen Mayfairs die Richtung verloren. Rothewell empfand plötzlich Mitleid mit dem armen Teufel. Er kannte dieses Gefühl – das Gefühl, ohne Orientierung zu sein. Eine bedeutungslose Sache an einem größeren und bedeutenderen Ort zu sein.
    War es das, was er war? Verloren?
    Er wusste es nicht. Rothewell verließ das Fenster und betrachtete das große leere Zimmer in seinem großen leeren Haus mit einem seltsamen Gefühl des Grauens, ein Gefühl, das so alt und ihm so vertraut war, dass er es schon lange nicht mehr mit Leichtigkeit abschütteln konnte. Nach fast einem Jahr war dieser Ort noch immer nicht sein Heim. Aber auch Barbados war nie sein Zuhause gewesen. Er war nach dem Tod seiner Eltern dorthin geschickt worden, war verschifft worden wie eine Ladung Kohlen, zusammen mit Luke und Zee, die damals noch ein Baby war. Und auf jener verfluchten Plantage hatten sie auch nur annähernd drei Schrecken durchlebt, die niemand sich vorstellen konnte – das heißt, niemand, der kein Sklave war.
    Sie hatten gearbeitet, er und Luke, bis ihnen die Hände geblutet hatten. Sie hatten die Schläge ihres betrunkenen Onkels und seine seelische Grausamkeit ertragen, und das so oft, dass er sich nicht mehr daran erinnern konnte. So tief hatte er dies in die Tiefen seines Bewusstseins gedrängt.
    Essen und Kleidung waren Luxus gewesen, Schuhe hatte er nicht besessen – und das nicht, weil ihr Onkel sich das nicht hätte leisten können, sondern weil er seinen Spaß daran gehabt hatte, seine Mündel darben zu sehen. Es hatte keine Bildung gegeben, außer der, die man sich beim Schein der Laterne aneignen konnte, nachdem der Onkel sich besinnungslos betrunken hatte. Indem man genutzt hatte, was immer man an Büchern aus den verstaubten Regalen der Bibliothek in die Finger hatte bekommen können. Keine Freude. Keine Hoffnung. Die drei Geschwister hatten sich entschlossen aneinandergeklammert und hatten einander zutiefst geliebt – und nur deshalb hatten sie irgendwie überlebt.
    Selbst heute noch war Rothewell sich nicht sicher, wie das alles geschehen war. Seine Eltern hatten sie geliebt; daran erinnerte er sich.
    Die Nevilles waren auf eine schäbig-elegante Art arm gewesen; ihr Vater war ein einfacher Landadliger, ihre Mutter die sechste Tochter eines obskuren Baronets. Sie waren so profan gestorben, wie sie gelebt hatten: an einem Gallenfieber, das im Dorf umgegangen war und Obere wie Untere gleichermaßen dahingerafft hatte.
    Keiner der Verwandten in England war

Weitere Kostenlose Bücher