Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition)
dem Alkohol so ergeben und dem … nun ja, Verfall. Innerlich, Camille, ist er nicht so.«
»Sie hatten eine gute und liebende Familie, Madame?«, fragte Camille. »Aber manchmal ist selbst das für eine eigenwillige Seele nicht genug.«
Lady Nash stieß ein bitter klingendes Lachen aus. »Oh, Gott, nein! Ich kannte meine Eltern nicht einmal. Vielleicht lässt Ihr Vater etwas zu wünschen übrig, Camille, aber zumindest kennen Sie ihn. Sie haben gewusst, dass er Sie geliebt hat.«
Camille war ganz sicher, dass Valigny niemals jemanden außer sich selbst geliebt hatte, aber jetzt war nicht der Moment, das auszusprechen. »Wenn Sie keine Eltern hatten, wie sind Sie dann … aufgewachsen? Ist das das richtige Wort?«
Lady Nashs Blick war noch immer in die Ferne gerichtet. »Wir wurden nach Barbados geschickt, zum älteren Bruder meines Vaters«, antwortete sie. »Er war der sechste Baron Rothewell und der schlimmste, der diesen Titel je getragen hat, davon bin ich überzeugt.«
»Barbados?«, murmelte Camille. » Alors , er war ein … ein Gouverneur? Ein Diplomat?«
Lady Nash schüttelte den Kopf. »Nein, nichts dergleichen. Es gab einen Skandal, soweit ich weiß, als er ein junger Mann war, und er wurde von seinem Vater fortgeschickt. Man hatte ihm eine Plantage gegeben – eine heruntergewirtschaftete, verwahrloste Pflanzung, die gerade genug Geld abwarf, um ihm seinen Brandy und ausreichend schlechte Gesellschaft zu sichern.«
» Oui, je vois. Es war eine schwere Kindheit?«
Xanthia konzentrierte sich auf einen Punkt irgendwo in der weiten Ferne. »Sie war schrecklich. Und es hätte für mich sogar noch schlimmer sein können, würde ich sagen. Aber meine Brüder haben mich vor dem Schlimmsten bewahrt – und sie haben die Hauptlast auf sich genommen. Besonders Kieran. Er konnte nie den Mund halten. Und unser Onkel war … nicht freundlich, um es einmal so auszudrücken.«
Etwas wie Kummer oder Schuld überkam Camille. »Aber warum hat man Sie zu einem solch schrecklichen Mann geschickt?«
»Meine Tante – Pamelas Mutter – hatte entschieden, dass wir dorthin sollten, weil Luke der Erbe unseres Onkels war, und Onkel hatte weder eine Frau noch Kinder.«
»Und Luke – er war auch Ihr Bruder?«, fragte Camille. »Pardon, aber ich kann nicht folgen.«
Lady Nashs Augen sahen müde aus. »Ja, Luke war unser älterer Bruder, aber er starb vor einigen Jahren. Es gab einen Unfall. Kieran erbte fast alles: die Plantagen – wir hatten damals drei – und einen großen Teil von Neville Shipping. Und natürlich die Baronie in Cheshire, die riesig ist.«
Camille fühlte, wie ihre Augen groß wurden. »Vraiment?«, murmelte sie. »Rothewell besitzt Land? Und Plantagen?«
Lady Nash sah sie seltsam an, dann lachte sie. »Mein Gott, Camille!«, sagte sie. »Niemand wird Ihnen vorwerfen, Sie würden ihn wegen seines Geldes heiraten.«
In Camilles Kopf überschlugen sich die Gedanken. Ihn wegen seines Geldes heiraten? War Rothewell denn nicht der mittellose Lebemann, für den sie ihn gehalten hatte?
»Und dieses Schifffahrtsunternehmen, dieses Neville Shipping«, fragte sie, »das ist eine … eine sehr große Sache? Eine einträgliche Sache?«
Wieder lachte Lady Nash hell auf. »Das sollte es wohl besser sein. Schließlich habe ich fast mein ganzes Leben wie eine Sklavin für die Reederei geschuftet. Luke brachte mir anhand der Ladelisten der Schiffe das Lesen und Schreiben bei. Kieran und ich besitzen je ein Viertel, unsere Nichte besitzt eines, und Gareth – dem Duke of Warneham – gehört das letzte Viertel.«
»Eine Nichte?« Camille kramte in ihrer Erinnerung. »Das Kind Ihres verstorbenen Bruders?«
Lady Nash lächelte. »Sein adoptiertes Kind, ja. Martinique. Sie ist verheiratet und lebt jetzt in Lincolnshire. Luke hat ihre Mutter geheiratet, als Martinique noch ein Kind war. Aber ich denke, ich werfe mit zu vielen Namen um mich. Sie müssen sich über keinen davon Gedanken machen.«
In Camilles Kopf drehte sich alles. Rothewell besaß Land und Plantagen. Eine traurige Kindheit. Ein Bruder, der zu jung gestorben war. Eine Schwester, die sich um ihn sorgte. Diese Heirat begann, sich schrecklich real für sie anzufühlen. Dies waren reale Menschen. Eine Familie – mit all den Tragödien und Dramen und Geschichten, die eine Familie ausmachten. Dies war nicht einfach nur Rothewell . Und ganz zu schweigen von der Tatsache, dass er sie über sein Vermögen getäuscht hatte.
Anfangs hatte sie sich gesagt,
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