Bianca Arztroman Band 0031
Mundschutz tragen müssen. Wir können keine weitere Infektion riskieren.”
Ethan nickte.
“Ich fürchte, es wird noch eine Weile dauern, bis wir sagen können, dass sie über den Berg ist”, fuhr Dr. Kaufmann fort. “Sie können etwas zu essen und zu trinken in der Kantine bekommen, aber es gibt leider keine andere Möglichkeit der Unterbringung für Sie als diesen Raum.”
“Das macht nichts”, meinte Ethan, “ich werde ohnehin nicht schlafen.”
“Und die junge Dame? Wollen Sie auch hierbleiben?”
Kate nickte. “Ja, ich bleibe hier.”
Stille breitete sich in dem kahlen Raum aus, nachdem Dr. Kaufmann gegangen war. Sie wurde nur vom Ticken der Uhr an der weiß getünchten Wand unterbrochen. Ethan holte hörbar Luft.
“Kate, glaubst du, diese Leute hier sind in der Lage, Jodie zu helfen?”
“Der technische Stand scheint hier jedenfalls gut zu sein. Ich glaube schon, dass sie das können.”
Ethan starrte auf seine Hände herab. “Was mach ich nur, wenn ich sie verliere, Kate. Mir bleibt dann nichts mehr … niemand.”
Kate drehte sich das Herz im Leib herum. Sie wollte sagen ‘Ich bleibe dir immer noch. Ich bleibe immer bei dir’, aber sie bekam die Worte nicht heraus. “Sie ist eine Kämpfernatur”, meinte sie schließlich. “Ich bin sicher, sie wird durchkommen.”
Er legte seine Hände flach gegen die Scheiben, die ihn von der Isolierstation und Jodie trennten, und schloss die Augen. “Sie ist so zart, so zerbrechlich. Wie viele solcher Attacken wird ihr kleines Herz ertragen können?”
“Ethan …”
“Wenn ich doch nur irgendetwas tun könnte”, rief er aus, und Kate konnte sehen, dass zwei Tränen unter seinen geschlossenen Lidern glitzerten. “Ich würde alles für sie geben. Einen Arm oder ein Bein würde ich dafür geben, wenn ich ihr helfen könnte, oder mein ganzes verdammtes Leben. Alles würde ich ertragen … nur nicht dieses Nichtstun.”
Sie legte ihre Arme um ihn und hielt ihn fest. “Sie schafft es, Ethan. Glaub mir, sie schafft es ganz bestimmt.” Sie wusste nicht, ob er sie überhaupt hörte. Er hatte seine Augen wieder geöffnet und blickte durch das Glas zu Jodie hinüber. Ein Ausdruck der Verzweiflung lag in seinem Gesicht.
“Von dem Augenblick an, da wir von ihrer Krankheit erfahren haben, habe ich gedacht: Warum trifft es gerade sie? Wenn ich gesehen oder gehört habe, wie andere Eltern mit ihren Kindern schimpften oder sich über sie beklagten, wäre ich am liebsten jedes Mal zu ihnen hingegangen und hätte ihnen gesagt: ‘Wisst ihr überhaupt, wie gut ihr es habt, wie glücklich ihr euch schätzen solltet, dass ihr nicht immer auf Messers Schneide leben müsst, dass ihr nicht bei jedem Schnupfen um das Leben eures Kindes fürchten müsst?’“
“Ethan …”
“Sie fürchtet sich im Dunkeln. Hast du gewusst, dass sie sich im Dunkeln fürchtet? Es ist nicht einmal zwei Jahre her, da musste ich immer noch das Licht brennen lassen, wenn ich sie zu Bett gebracht hatte. Und jetzt … jetzt liegt sie da hinten ganz allein und fürchtet sich bestimmt auch und stirbt mir weg …”
Tränen stiegen nun auch Kate in die Augen. Eine Schwester steckte den Kopf zur Tür herein. “Herr Flett, bitte. Sie können Ihre Tochter jetzt kurz sehen.”
Ethan ging, ohne sich umzublicken, und folgte der Schwester. Kate lehnte ihre Stirn gegen die kühle Glasscheibe. Es kam ihr vor, als seien ihr Hals, Nase und Augen zugeschwollen, dass sie kaum atmen konnte. Sie spürte in ihrem Mund den salzigen Geschmack ihrer Tränen. Bitte, bitte, Jodie, werde gesund, dachte sie, werd um Himmels willen wieder gesund. Denn wenn du es nicht wirst, überleben wir das alle nicht.
Die folgenden Tage und Nächte schienen endlos.
Das Krankenhauspersonal war freundlich und zuvorkommend zu Ethan und Kate. Man versorgte sie mit Kaffee in Plastikbechern, der zwar nach nichts schmeckte, aber immerhin half, die Zeit zu vertreiben. Man besorgte für sie Illustrierte und ab und zu belegte Brötchen, die aber meist unberührt liegen blieben. Fast pausenlos waren ihrer beider Blicke auf den reglosen Körper Jodies gerichtet.
“War Dr. Kaufmann schon hier?”, fragte Ethan eines Morgens, nachdem er für ein paar Minuten weggewesen war, um sich frisch zu machen und sich zu rasieren.
Kate schüttelte den Kopf. Jeden Tag kam der österreichische Arzt und teilte ihnen den neuesten Stand mit. Es war jedoch Tag für Tag dieselbe Auskunft: “Keine Veränderung.”
Kate stand auf und ging
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