Bianca exklusiv 0177
um seine strengen Lippen. Es klang überhaupt nicht anzüglich, eigentlich eher anerkennend, als er sagte: „Ich finde allerdings, dass Sie recht ausgeglichen wirken.“
Becky kicherte. Kicherte! Was natürlich besonders eindrucksvoll auf einen so weltmännischen Mann wie ihn wirken musste.
„Ich bewundere außerdem Ihre unbeirrte Haltung. Dem nachzugehen, was für Sie wichtig ist, das zu schützen, was Ihnen gehört, zeugt von Charakter, Miss … Mrs. …?“
„Ms.“
„Aber natürlich, wie kann ich nur so von gestern sein!“ Clark lächelte, aber nicht nur mit den Lippen, sondern auch mit den Augen. Und so wie er den Kopf zur Seite hielt, auch mit dem ganzen Gesicht. Sogar seine Schultern entspannten sich. Alles wies darauf hin, dass ihm das Geplauder großen Spaß machte.
„Ms. …?“
„Taylor. Becky – Rebecca – Taylor.“ Dieser Mann bewunderte sie. Wer hätte das erwartet? Becky nahm ihre schief sitzende Brille ab und steckte sie in die Manteltasche. Eigentlich brauchte sie die Brille nur beim Autofahren, und es half sehr, sie auch dann aufzuhaben, wenn sie die Straßen von Chicago zu Fuß abklapperte. Aber im Notfall konnte sie auch ohne Brille auskommen. Sie zog das Gummiband aus dem restlichen Pferdeschwanz, schüttelte den Kopf und fuhr sich mit den Fingern ein paarmal durch die Locken. „Becky, gewöhnlich.“
„Gut, Ms. Becky Gewöhnlich, ich glaube, ich muss mich bei Ihnen entschuldigen, weil ich Ihnen den Anhänger nicht sofort zurückgegeben habe.“ Clark tippte mit dem Zeigefinger auf den Talisman in ihrer noch immer geöffneten Hand.
Die Münzen klimperten.
Beckys Puls raste.
Die einfache Geste dieses Mannes, der nichts anderes getan hatte, als mit dem Finger in ihre Handfläche zu tupfen, hatte eine fast erotische Wirkung auf sie. Prickelnde Wellen bildeten sich wie federleichte Schwingungen, die sich vom Kopf bis zu den Zehenspitzen in ihrem Körper ausbreiteten.
„Ich hoffe, ich habe Sie nicht zu lange hingehalten. Sicher haben Sie noch etwas vor“, sagte er.
„Oh, nein. Sie halten mich nicht auf. Sie können mich gar nicht aufhalten. Ich meine, ich habe nirgendwo hinzugehen. Oh, das hört sich an, als ob ich obdachlos wäre oder … Das bin ich nicht, zumindest noch nicht. Ich bin auf Arbeitsuche. Ich … ich habe meinen Job kürzlich verloren.“ Becky stieß die Worte atemlos hervor, so als ob sie noch ein blutjunges Ding wäre, das unentwegt Unzusammenhängendes daherplapperte. Sie befahl sich, damit aufzuhören. „Ich danke Ihnen“, wechselte sie rasch das Thema.
„Keine Ursache.“ Er zog die Hand zurück und steckte sie in die Manteltasche. Für Becky war der Moment lang genug, um zu bemerken, dass er keinen Ehering trug.
Sie konzentrierte sich auf ihre noch immer geöffnete Hand und das, was darauf lag. Sie wollte etwas sagen, irgendetwas, um sich selbst zu beweisen, dass sie diese etwas peinliche Situation ruhig und ungezwungen beenden konnte. Dieser Mann hatte sie immerhin erlebt, als sie sich völlig kindisch benommen hatte.
Sie pickte das Schühchen zwischen den Münzen heraus und drehte es zwischen Daumen und Zeigefinger. Man konnte trotz des düsteren Regenwetters alle Details erkennen, aber auch die Druckstelle von seinem Schuh. „Ich fühle mich ein bisschen wie Aschenbrödel. Immerhin haben Sie mich nur mit diesem kleinen Schuh als Anhaltspunkt aufgespürt.“
„Wer würde ich denn dann sein? Prinz Eisenherz?“
„Nein, das ist ein anderes Märchen. Ich glaube, der Prinz in Aschenbrödel hat seinen Namen nie angegeben. Er ist einfach nur der Prinz.“ Sie gab sich innerlich einen Ruck. „Sehen Sie? Es gibt noch eine Ähnlichkeit. Sie haben mir auch noch nicht Ihren Namen genannt.“
„Winstead. Clark Winstead.“ Er streckte ihr die Hand hin.
Winstead. Sogar sein Name klang großartig. Bevor Becky seine Hand ergriff, wurde ihr bewusst, dass sie in ihrer Hand noch immer das Schühchen zwischen den Fingern hielt. Sie wollte den Anhänger in die andere Hand nehmen, doch Clark Winstead verhinderte es.
„Lassen Sie mich mal sehen.“ Er nahm ihr den Talisman ab, und es schien, dass er den Händedruck völlig vergessen hatte.
Becky bedauerte es, dass es nicht zur Berührung gekommen war. Sie hätte gern seine Hand in ihrer gespürt.
„Wie ich sehen kann, bin ich wohl härter draufgetreten, als ich angenommen habe.“ Clark beguckte sich den Anhänger, dann sah er Becky an. „Ich würde ihn gern von meinem Juwelier reparieren lassen, wenn
Weitere Kostenlose Bücher