BIANCA EXKLUSIV Band 0173
nicht mehr erinnern. Er wusste nur, dass er in den Wagen eingestiegen und am Blair Memorial Hospital angekommen war.
Das Baby ist krank, aber sie hat mich nicht angerufen, hämmerte es in seinem Schädel. Verdammt noch mal, sie muss doch wissen, dass ich für sie da bin. Und für ihren Sohn.
Und woher sollte sie das wissen? wütete eine zweite Stimme in seinem Innern. Als du sie das letzte Mal gesehen hast, hast du ihr mit dem Anwalt gedroht.
„Ich suche Sherry Campbell“, meldete er sich bei der Frau am Empfang. „Das heißt, nach John Campbell. Er muss irgendwann gestern oder heute eingeliefert worden sein. Ich bin nicht ganz sicher …“
„Weshalb?“, fragte die Frau freundlich.
„John ist ein Baby“, begann Sin-Jin und riss sich zusammen. Er war vollkommen durcheinander. „Herzbeschwerden. Tut mir leid, ich …“
„Hier ist sein Name“, erklärte die Frau und zeigte mit dem Finger auf den Bildschirm. „Er liegt in der Neugeborenenstation. Seit gestern Abend.“
„Dort entlang …“
„Ich kenne den Weg“, unterbrach er die Frau und machte auf dem Absatz kehrt. „Danke.“
Auf dem Weg zu den Fahrstühlen hielt er unwillkürlich inne und schaute nach rechts in den kleinen, stillen Raum, der als Krankenhauskapelle diente.
Sie war dort.
Das Herz blieb ihm fast stehen. Mit stockender Stimme rief er ganz leise ihren Namen. „Sherry.“
Zuerst glaubte sie, dass sie sich den Klang seiner Stimme nur eingebildet hatte. Sie hatte sich hingekniet, den Kopf gesenkt und betete so inbrünstig, dass sie die Welt um sich herum vergessen hatte. Ihre Eltern hielten oben bei ihrem Baby Wache.
Ängstlich drehte sie sich um. Dort stand er.
Sin-Jin.
Wie in Zeitlupe erhob sie sich. Unwillkürlich wollte sie sich ihm in die Arme werfen, sich die Augen aus dem Kopf weinen und ihn bitten, ihren Schmerz zu lindern.
Aber er hatte sie so sehr verletzt, als er sie verlassen hatte, dass sie nicht riskieren wollte, erneut zurückgestoßen zu werden. Als Drew sie verlassen hatte, hatte sie sich vernichtet gefühlt, aber das war nichts gewesen gegen die Härte, mit der Sin-Jin gegen sie vorgegangen war. Als ob es keinen Grund mehr gegeben hatte, noch am Leben zu bleiben.
Doch. Es gab einen Grund. Johnny. Sie musste weitermachen. Für ihn stark sein. Und jetzt war ihr Baby krank. Das war mehr, als sie verkraften konnte.
„Was machst du hier?“ Ihre Stimme klang kalt und distanziert.
Obwohl er wusste, dass er nichts anderes verdient hatte, schmerzte ihn die Kälte. Es schmerzte ihn, dass sie die schwere Zeit ohne ihn durchstehen wollte. „Was machst du hier ohne mich?“ Langsam trat er näher. „Warum hast du mich nicht angerufen?“
„Warum sollte ich?“, fragte sie fassungslos zurück. „Du hast mir doch klar und deutlich zu verstehen gegeben, dass ich in deinem Leben nicht erwünscht bin.“
„Ich war ein Idiot.“
Das unverblümte Geständnis nahm ihr den Wind aus den Segeln. „Das würde niemand bestreiten.“
„Hör mir zu.“ Sin-Jin griff nach ihrer Hand und setzte sich auf die Stufen, die zum Altar führten. „Es entschuldigt zwar nichts, aber ich schleppe eine Riesenlast mit mir herum. Ich hatte Angst, mich auf dich einzulassen. Angst, jemanden zu lieben.“ Er warf ihr einen eindringlichen Blick zu und hoffte, dass sie ihn verstehen würde. „Ich wollte nicht, dass mir jemand bei lebendigem Leibe das Herz herausreißt.“
Verständnislos schüttelte sie den Kopf. „Sehe ich aus wie jemand, der rumläuft und anderen Leuten das Herz aus dem Leibe reißt? Als Hobby sozusagen?“
„Nein.“ Unwillkürlich musste er lachen.
„Also, was dann?“
„Es tut mir sehr leid.“ Es war der einzige Satz, der ihm einfiel, und er meinte ihn von Herzen ehrlich.
In den letzten vierundzwanzig Stunden hatte Sherrys Leben sich komplett verändert. Sie war mit Johnny zu seinem Kinderarzt gefahren, weil ihr Instinkt ihr gesagt hatte, dass er in letzter Zeit viel zu still geworden war. Irgendetwas stimmte nicht mit ihm. Und sie hatte recht behalten. Gleichgültig zuckte sie die Schultern. „Ist doch sowieso egal.“
„Nein, ist es nicht“, beharrte er. „Es ist sogar sehr wichtig. Für mich. Weil ich dich liebe, Sherry. Und weil ich mich um dich kümmern will.“ Nichts war ihm wichtiger im Leben. „Um dich und um Johnny.“
Sie erhob sich, ließ seine Hand aber nicht los. „Ich brauche niemanden, der sich um mich kümmert. Ich brauche jemanden, der einfach nur da ist. Mehr nicht.“
„Dann
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