BIANCA EXKLUSIV Band 0173
wäre Rose Hill nicht der geeignete Ort, um unterzutauchen. Anders als in einer anonymen Großstadt wusste hier jeder über seine Nachbarn Bescheid. Beth war sicher, dass sämtliche dreihundert Einwohner längst darüber informiert waren, dass ein Mann in einem roten Pick-up auf der Johnson-Farm arbeitete. Und spätestens übermorgen würden alle wissen, dass er es für Kost und Logis tat. In Rose Hill gab es einfach keine Geheimnisse.
Vielleicht war es verrückt gewesen, ihn einzustellen. Aber irgendwie hatte seine Anwesenheit etwas Beruhigendes.
Sie knetete zwei Eier und Semmelbrösel in den Teig. Es war ein gutes Gefühl, einen Hackbraten mit den Händen zuzubereiten. Sie dachte daran, dass ihre Großmutter es genauso getan hatte.
„Mom, ich habe Hunger.“
Beth blickte über die Schulter und lächelte Amy zu, die in der Küchentür stand. „Es dauert noch eine Weile, aber du kannst dir eine Banane oder einen Apfel nehmen.“
„Okay.“ Amy ging zum Tisch, auf dem eine Obstschüssel mit zwei Bananen und einem Apfel stand. Sie nahm eine Banane heraus und schälte sie.
Bett formte den Teig zu einem Laib, bevor sie ihn auf ein Backblech legte. Der Ofen war schon vorgeheizt, also schob sie das Blech hinein und wandte sich den Kartoffeln zu.
Während sie das Püree, die grünen Bohnen und den Vanillepudding zubereitete, kehrten ihre Gedanken wieder zu dem Mann vor dem Haus zurück.
Vielleicht war es wirklich leichtsinnig gewesen, ihn anzuheuern, aber im Moment war ihr das egal. Es war einfach beruhigend, jemanden auf der Farm zu haben, der kräftig und geschickt genug war, all das zu erledigen, was sie nicht bewältigen konnte. Was immer er ihr verheimlichte, sie hatte nicht vor, einem geschenkten Gaul ins Maul zu schauen.
3. KAPITEL
„Das Abendessen ist fertig!“
Jack hob den Kopf und sah Beth auf der Veranda stehen. Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Es war fast sechs. Er konnte kaum glauben, wie schnell der Nachmittag vergangen war. Der Baum war zerlegt, aber er würde noch etwa eine Stunde brauchen, um das restliche Holz wegzubringen. Das müsste er nach dem Essen noch schaffen, wenn es lange genug hell blieb. Wenn nicht, würde er eben am nächsten Morgen weitermachen.
Er brachte die Motorsäge in die Scheune zurück, wusch sich und ging zum Haus. Eine Küche wie die der Johnsons hatte er noch nie gesehen. Sie war ganz anders als die in der Stockwell-Villa mit ihren Edelstahlflächen und den ultramodernen Geräten.
Auch diese Küche war groß, aber abgesehen von einem relativ neu aussehenden Herd gab es darin nichts Modernes. Die Hängeschränke hatten Sprossenfenster und waren weiß lackiert. Ein uralter Kühlschrank stand in einer Ecke. Es gab keinen Geschirrspüler, und Jack war sicher, dass es auch keinen Müllschlucker gab. Die Bodenfliesen waren rissig und hatten gewiss schon bessere Zeiten erlebt. In der Mitte des Raums stand ein ovaler Ahorntisch mit sechs Stühlen, dem man ebenfalls ansah, wie lange er schon in Gebrauch war.
Dennoch wirkte die Küche einladend. Gelb-weiß karierte Gardinen an den Fenstern, gelb gestrichene Wände, leuchtend rote Polster und ein rot und gelb geblümtes Kissen auf dem Schaukelstuhl in der Ecke schufen zusammen mit mehreren Vasen voller Rosen und grünen Farnen in Töpfen eine gemütliche Atmosphäre.
Außerdem duftete es in der Küche so lecker, dass Jack das Wasser im Mund zusammenlief.
„Setzen Sie sich“, forderte Beth ihn mit einem freundlichen Lächeln auf. Ihr Gesicht war vom Kochen gerötet, und sie sah noch hübscher aus als vorher. Die Fenster standen offen, aber trotz der Brise war es warm. Jack fragte sich, ob das Haus eine Klimaanlage hatte. Er konnte sich nicht vorstellen, wie Beth und die Kinder sonst die heißen Sommer in dieser Gegend überstehen konnten.
„Tut mir leid, dass es so warm ist“, sagte sie, während sie einen Krug Eistee auf den Tisch stellte, als hätte sie seine Gedanken erraten. „Ich habe die Klimaanlage ausgeschaltet, weil der Kompressor so ein seltsames Geräusch von sich gibt.“
„Wenn Sie wollen, sehe ich ihn mir nach dem Essen an.“
Ihr Blick verriet Erleichterung. „Würden Sie das tun?“
„Sicher.“
Matthew und Amy saßen bereits am Tisch. Als Jack Platz nahm, strahlte Matthew ihn an. Beth setzte sich zwischen ihre Kinder.
„Amy, heute Abend bist du mit dem Tischgebet an der Reihe“, erinnerte sie ihre Tochter.
Erstaunt machte Jack es den anderen nach und senkte den Kopf.
„Herr, wir
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