BIANCA EXKLUSIV Band 0173
für Sie gewesen sein.“
„Es ist nicht mehr wichtig. Es ist lange her.“
„Natürlich ist es noch wichtig. Mein Vater hat meine Mutter verlassen. Auch das ist lange her, aber …“ Sie schluckte. „Aber ich habe immer die Leere in meinem Herzen gefühlt.“ Sie wollte Jack berühren, wagte es jedoch nicht. „Ihr Vater hätte Sie nicht belügen dürfen“, sagte sie, als Jack nichts erwiderte.
Er seufzte. „Ich nehme an, er glaubte, einen guten Grund zu haben.“
„Nein“, widersprach sie mit Nachdruck. „Eine Lüge ist unentschuldbar. Ich verstehe, dass Ihr Vater sich verraten fühlte. Aber deswegen zu lügen? Zu behaupten, sie sei tot? Das ist schändlich. Ich habe Matthew und Amy beigebracht, dass man immer die Wahrheit sagen muss. Und schon gar jemandem, den man liebt. Jemandem, der einem vertraut. Eine Lüge ist Verrat, und sie lohnt sich nicht, denn am Ende kommt stets die Wahrheit ans Licht.“
„Sie finden nicht, dass eine Lüge manchmal gerechtfertigt sein kann?“
„Nein. Niemals. Selbst sogenannte Notlügen nicht.“
Kurz darauf stand Jack auf und erklärte, er sei müde. Er wünschte ihr eine gute Nacht. Beth hoffte, dass sie ihn nicht unabsichtlich gekränkt hatte. In Gedanken ließ sie das Gespräch wieder ablaufen. Vielleicht hätte sie nicht sagen dürfen, dass sein Vater etwas Schändliches getan hatte.
Sie seufzte. Nun ja, jetzt war es zu spät, die Worte zurückzunehmen. Aber tat es ihr denn wirklich leid? Es war wirklich schändlich von seinem Vater, ihn anzulügen, und vielleicht musste Jack das mal von dritter Seite hören.
Jetzt sah sie ihn in einem anderen Licht. Sie hatte geahnt, dass er vor etwas davonlief. Nun wusste sie, dass er vor der Vergangenheit wegrannte. Durch sein Nomadenleben verhinderte er, dass ein Ort oder ein Mensch ihm zu viel bedeuten könnte. Und das wollte er nicht, denn es hätte ihn verletzlich gemacht.
Mit dieser Erkenntnis verschwanden ihre letzten Zweifel.
Sie beschloss, besonders freundlich zu ihm zu sein, und überlegte beim Zubettgehen, ob sie die Erdnussbutterkekse backen sollte, die er so gern mochte.
Am Ende kommt die Wahrheit immer ans Licht.
Jack konnte nicht einschlafen, denn Beths Worte gingen ihm immer wieder durch den Kopf. Sie verachtete Lügner. Für sie gab es keine Rechtfertigung für eine Lüge. Nicht mal für die kleinen Notlügen, die Menschen erzählten, um die Gefühle eines anderen nicht zu verletzen.
Und er log sie an.
Er hatte es schon mehrfach getan.
Würde sie ihm verzeihen, wenn die Wahrheit ans Licht kam?
Oder würde sie ihn von der Farm jagen, ihn beschimpfen und ihm sagen, dass sie ihn nie wiedersehen wollte?
Beth zeigte Jack, wie man Stecklinge von den Mutterpflanzen nahm, und erklärte, dass sie damit im September anfingen. „Bis zum Februar müssen wir etwa fünfzehntausend Stecklinge haben.“
Nach der Abnahme wurde der Steckling etikettiert und in einen Eimer gelegt. Wenn der voll war, kamen die Pflanzen ins Vermehrungshaus, wo sie in das Bewurzelungspräparat gesetzt und unter die Benebelungsanlage gestellt wurden.
Sie brachte ihm bei, wie man erkannte, ob die Jungpflanzen mehr oder weniger Wasser brauchten und wann sie in größere Behälter umgetopft werden mussten.
Beth Johnson ist eine bemerkenswerte Frau, dachte Jack, als sie vor ihm durch ein Gewächshaus ging und trockene Blüten von den Pflanzen entfernte. Im Sonnenschein schien ihr Haar golden zu glühen, und wenn sie sich nach einer Rose bückte, ließen die engen Jeans eine perfekte Figur erkennen. Er fragte sich, ob sie überhaupt eine Ahnung hatte, wie schön sie war.
Er wusste, dass es gefährlich war, sie mit solchen Augen zu betrachten. Auch wenn er es seiner Schwester gegenüber abgestritten hatte, fühlte er sich von Beth angezogen. Sie war alles, was eine Frau sein sollte – stark, hübsch, natürlich, großzügig, freundlich.
Er hatte ihr Dinge erzählt, die sonst niemand über ihn wusste. Seit er mit ihr über seinen Vater gesprochen hatte, setzten sie sich abends, wenn die Kinder im Bett lagen, immer auf die Veranda und unterhielten sich.
Eines Abends, als sie ihn nach seiner Kindheit fragte, gab er vor, dass er ungern darüber sprach. „Ich war ein einsames Kind. Mein Vater war kaltherzig und nicht an mir interessiert.“ Mehr wollte er ihr vorläufig nicht erzählen.
„Ich denke, ich habe Glück gehabt“, sagte Beth. „Ich habe meinen Vater zwar nie gekannt, aber ich hatte eine sehr liebevolle Mutter, und meine
Weitere Kostenlose Bücher