BIANCA EXKLUSIV Band 0173
stiller Teilhaber. Langsam setzte sich ihr Denkapparat in Bewegung. In Gedanken machte sie sich einen Haufen Notizen.
„Müde?“
Sie war so in Gedanken versunken, dass seine Stimme einen Moment brauchte, um zu ihr durchzudringen. Jetzt erst bemerkte sie, dass sie ein Gähnen unterdrückt hatte.
„Nein, mir geht’s gut“, entgegnete sie.
„Du hast gegähnt“, meinte er.
„Junge Mütter schlafen nicht viel.“
Die Luft strich kühl über ihre Haut, als sie endlich draußen waren. Sin-Jin gab dem Parkplatzwächter das Ticket, bevor er sich ihr wieder zuwandte. „Fühlst du dich jetzt wie Cinderella?“, fragte er amüsiert.
„Es ist schon kurz nach Mitternacht.“
„Aha. Heißt das, dass dein Kleid jeden Augenblick verschwinden wird?“
Er will mit mir flirten, dachte sie insgeheim. Wieder etwas, was sie ihm nie zugetraut hätte. „Guck nicht so hoffnungsfroh“, erwiderte sie lachend.
„Ich vergieße keine Tränen wegen einer verpassten Gelegenheit“, meinte er ironisch.
Der Wagen wurde vorgefahren. Der Parkplatzwächter stieg aus und hielt ihr die Türe auf.
Sie glitt auf den Beifahrersitz und wartete, bis Sin-Jin sich hinter das Steuer gesetzt hatte. „Du hast heute Nacht sehr viel Geduld gehabt“, meinte sie.
Er startete den Wagen. Im Moment begriff er nicht ganz, was sie im Schilde führte. „Denkst du an jemand Bestimmtes?“
„Mit allen.“
„Hast du erwartet, dass ich meine Gäste anschnauze?“, fragte er entrüstet.
„Ich bin mir nicht mehr sicher, was ich von dir zu erwarten habe und was nicht“, gab sie zurück.
Das haben wir dann wohl gemeinsam.
Sheila rieb sich den Schlaf aus den Augen. Überrascht nahm sie zur Kenntnis, dass Sin-Jin und ihre Tochter ins Haus gingen. Sie schaute auf die Uhr, um sich zu vergewissern, dass sie nicht die ganze Nacht verschlafen hatte. Halb eins. Irgendwie war sie enttäuscht.
Sie erhob sich vom Sofa und nahm die beiden im Flur in Empfang. „Vor zwei oder drei hatte ich euch eigentlich nicht zurückerwartet.“ Sherrys Blick zur Treppe war ihr nicht verborgen geblieben. „Dem Baby geht es gut“, lächelte sie. „Ich habe ihn gerade wieder schlafen gelegt.“
Sherry freute sich. „Danke, Mom. Ich weiß das wirklich zu schätzen.“
Ihre Mutter hielt die Handtasche schon in der Hand und eilte zur Tür. Sie konnte offenbar nicht schnell genug verschwinden. „Kein Problem.“
Sherry warf Sin-Jin einen aufmerksamen Blick zu. Er war nicht auf der Türschwelle stehen geblieben, sondern war mit ihr hereingekommen. Ihre Nerven spielten langsam verrückt. Wenn ihre Mutter jetzt ging, war sie allein mit ihm. Allein mit einem Mann, der ihr Komplimente machte und mit ihr flirten wollte. Allein mit einem Mann, den sie ungeheuer attraktiv fand.
Innerlich schrie sie laut um Hilfe. Sogar ihrer Mutter warf sie einen flehenden Blick zu, aber das war genauso überflüssig wie der Griff nach einem Strohhalm in einem stürmischen Ozean. „Mom, du musst nicht Hals über Kopf verschwinden, bloß weil wir hier auftauchen.“
Sheilas Hand lag auf dem Türknauf, und sie war im Begriff, die Tür zu öffnen. „Jetzt, wo er im Ruhestand ist, kann dein Vater es nicht mehr ausstehen, allein zu schlafen.“
„Aber du hast doch gerade gesagt, dass du nicht vor drei Uhr mit mir gerechnet hast“, hielt Sherry dagegen.
„Süße, es ist zu spät, um zu streiten“, meinte Sheila und warf ihrer Tochter einen liebevollen Blick zu. Eilig kam sie zurück und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. „Viel Spaß“, flüsterte sie ihr zu und war im nächsten Augenblick in der Dunkelheit verschwunden.
Entsetzt starrte Sherry ihrer Mutter nach, bis sie endlich die Tür geschlossen hatte. In ihrer Magengrube breitete sich ein dumpfes Gefühl aus, während der Rest ihres Körpers erwartungsvoll zitterte. Krampfhaft versuchte sie, ihre Gefühle zu ignorieren.
„Was hat sie dir ins Ohr geflüstert?“
Sie drehte sich um. Sin-Jin stand direkt hinter ihr.
„Sie hat mir viel Spaß gewünscht.“ Sherry presste ihre Lippen aufeinander und mahnte sich, nicht so kindisch zu sein. „Sie ist bestimmt viel müder, als sie vorgibt“, fügte sie hinzu.
Ganz langsam verzog er die Lippen zu einem verführerischen Lächeln. Es schien jeden Zentimeter ihres Körpers wie mit wildem Honig zu bedecken. „Oder klüger, als wir glauben.“
Plötzlich waren ihre Sinne in Alarmzustand versetzt. Sie vernahm jedes Geräusch im ganzen Haus. Jedes Knacken der Wände, wenn der Wind
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