BIANCA EXKLUSIV Band 0174
vorbeigehen wollte, hielt Colby sie fest. „Ich wüsste gern mal, was hier eigentlich los ist!“
„Na ja, das ist der monatliche Altkleiderverkauf. Du weißt schon, es geht um die Sachen, die in der Stadt als Spenden vor die Tür gestellt wurden.“ Sie versuchte zu lächeln. „Morgen früh wird der Obdachlosenladen eröffnet, und da muss alles vorsortiert sein“, erklärte sie. „Wir sind schon ziemlich spät dran.“
„Du hast also jeden Herumtreiber eingeladen, um unser Haus in einen gigantischen Flohmarkt zu verwandeln?“
Danis Blick wurde ernst. „Es sind keine Herumtreiber, Colby, sondern gute Menschen.“
„Tatsächlich? Und woher weißt du das?“
„Ich weiß es einfach instinktiv. Das gehört zu meinem Job.“
„Ach ja, diese wunderbare Intuition, auf die du so stolz bist. Und was hat dir dein Instinkt über die liebe, missverstandene Sheila gesagt, die dich schamlos beraubt hat?“
Danis Blick war plötzlich so traurig, dass es Colby gleich wieder leidtat.
„Sheila war ein Ausrutscher. Normalerweise irre ich mich nicht. Und diese Leute hier“, sie machte eine ausholende Geste, „sind meine Freunde.“
„Aber es sind nicht meine Freunde.“
„Pech für dich.“
Der Vorwurf in ihrer Stimme tat ihm weh. Es war doch auch sein Zuhause, in das diese Leute eingedrungen waren! „Glaubst du, das ist ein gutes Beispiel für Megan, all diese Fremden, die hier … Meine Güte, wo ist sie eigentlich? Du hast sie doch nicht mit diesen Typen hier allein gelassen?“
Dani schaute ihn einen Moment frustriert an. „Megan ist im Haus, Jonas’ Freundin kümmert sich um sie.“
„Jonas’ Freundin?“ Colby konnte sich nur zu genau die Person vorstellen, die sich an einen bierbäuchigen Motorradfreak mit Lederweste und tätowiertem Adler hängen würde. Er eilte zur Küchentür.
Dort fand er drei Frauen, die alte Kleidung bügelten und an Ständern aufhängten.
Eine, der ein Zahn fehlte, grüßte ihn freundlich. „Der da is’ zum Aufladen bereit“, teilte sie ihm fröhlich mit. „In ’ner halben Stunde oder so is’ der nächste fertig.“
„Wo ist meine Nichte?“, fuhr er sie an.
Sie setzte das Bügeleisen ab und schaute ihn ratlos an. Dann begriff sie. „Ach, Klein Megan? Die Kleine, die is’ goldig, könn’ Sie richtig stolz drauf sein.“
„Wo ist sie?“
„Die spielt mit den anderen Kindern.“
Colby stieg über die Körbe, eilte ins Wohnzimmer und atmete erleichtert auf. Dort spielte Megan glücklich inmitten von vier Kindern zwischen vier und elf Jahren. Die Älteste schaute auf. „Willst du mitspielen?“
„Nein, danke.“ Colby atmete tief aus. „Du bist nicht zufällig die Freundin von Jonas, oder?“
Das Mädchen, das dünnes Haar hatte und mager war, erklärte ernsthaft: „Er ist unser Papa. Wenn du ihn sprechen willst: Er ist draußen bei Mama und den Jungs.“
Colby fielen wieder die Frau und die Jugendlichen in der Garage ein. Plötzlich nahm er einen feinen Duft wahr. Er brauchte sich nicht umzuschauen, um zu wissen, dass es Dani war. „Das hier sind die Töchter von Jonas“, erklärte sie. „Seine Frau und Söhne arbeiten draußen.“
Colby war verlegen. „Ich, äh, ich meine, ich hätte nicht gedacht, dass Mr., äh, Jonas eine Familie hat.“
„Wieso? Weil er kahlköpfig ist und dick? Weil dir seine Kleidung nicht gefällt und er nicht in dein Bild passt?“
Colby schwieg.
Dani sprach weiter. „Vor ein paar Jahren hatte Jonas noch ein schönes Haus, und seine Frau erwartete das sechste Kind, als er bei einem Fabrikunfall verletzt wurde. Er konnte monatelang nicht arbeiten, und das bisschen Geld, was er bekam, reichte nicht, die Familie zu ernähren. Sie verloren das Haus und lebten eine Weile im Auto. Das Baby wurde beinahe auf dem Rücksitz geboren.“
Colby wandte ein: „Ein vernünftiger Mann hat doch Rücklagen für eine solche Situation.“
„Nicht jeder hat ein gut gefülltes Bankkonto, Colby. Du würdest überrascht sein, wie viele anständige Leute nur gerade so über den Monat kommen. Jonas hatte noch mal Glück. Es ist noch immer schwierig, aber er hat jetzt wieder Arbeit. Und hat die Menschen nicht vergessen, die ihm geholfen haben.“
Colby wollte keine Rührung aufkommen lassen. „Das ist auch nur fair. Was man geliehen bekommt, sollte man zurückzahlen.“
„Mehr als die Hälfte unserer freiwilligen Helfer haben nie etwas von der Organisation bekommen. Sie tun es aus freien Stücken, weil sie begreifen, dass es jedem so
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