BIANCA EXKLUSIV Band 0174
nicht des Geldes wegen – sie verdiente wirklich kaum daran –, sondern aus einem inneren Bedürfnis heraus.
„Ich nehme jedes Risiko auf mich“, sagte Tim nach langem Schweigen energisch.
„Tim, Sie kommen aus einer sehr prominenten Familie. Ich möchte nur, dass Sie sich restlos klar darüber sind, worauf Sie sich womöglich einlassen.“
Die Westfields waren weltweit bekannt. Alle Zeitungen, Illustrierten, das Radio und Fernsehen würden sich auf jede Neuigkeit stürzen – von den Klatschblättern gar nicht zu sprechen. Erschwerend kam hinzu, dass Tims Onkel John gerade als Kandidat für den Gouverneursposten aufgestellt worden war und dadurch noch viel mehr im Rampenlicht stand.
Tim zuckte zusammen. Er hatte offenbar nicht daran gedacht. „In Ihrer Firma werden doch all diese Angelegenheiten streng vertraulich behandelt, nicht wahr?“, erkundigte er sich besorgt.
„Selbstverständlich.“ Die Firma, wie Tim es nannte, bestand ja nur aus ihr, und sie verriet keine Geheimnisse.
„Was gibt es dann für ein Problem?“
„Keines, schätze ich, solange Sie sich absolut sicher sind, dass Sie die Nachforschungen wirklich wollen – ganz gleich mit welchem Ergebnis.“
„Ich bin mir absolut sicher, Miss Haynes. Wann, wie und wo fangen wir an?“
„John, ich muss sofort mit dir sprechen.“ Eine Woche später stürmte Gloria Westfield in Johns Büro. Als sie sah, dass er seiner Assistentin Lily Carrington gerade einen Brief diktiert hatte, entschuldigte sie sich hastig. „Verzeihung. Ich hätte anklopfen sollen. Aber diese neuen Schwierigkeiten mit den Kindern bringen mich völlig durcheinander.“
Alles bringt meine Schwägerin durcheinander, dachte John heimlich seufzend. Nicht nur ihre vier hochintelligenten, aber auch sehr übermütigen Teenager.
Lächelnd umarmte er Gloria, obwohl er es nicht mochte, dass sie sich nach dem Tod seines Bruders dauernd an ihn wandte. Höchste Zeit, dass Gloria ihr Leben selbst in die Hand nahm. Er wollte nicht an die Stelle Franks treten, auch wenn er ihn sehr geliebt hatte.
Die 23-jährige Lily, die John glühend verehrte, blickte von einem zum anderen. „Falls es etwas Privates ist …“, begann sie ein wenig verlegen.
„Ja, das ist es“, sagte Gloria mit einem entschuldigenden Lächeln.
Lily ging zur Tür. „Ich sorge dafür, dass Sie nicht gestört werden.“
John bedankte sich bei Lily, und hinter ihr fiel die Tür ins Schloss. Dann musterte er Gloria genauer. Ihr Make-up war so geschickt wie immer aufgetragen und das gebleichte blonde Haar tadellos frisiert. Dennoch sah er, dass sie geweint hatte. Da er selbst seinen Bruder noch immer sehr vermisste, konnte er ihr nachfühlen, wie schwer der Verlust ihres geliebten Mannes für sie sein musste.
„Worum geht es diesmal, Gloria?“, fragte er sanft.
„Um Tim.“ Gloria reichte John einen Brief. „Der kam heute mit der Post an. Ich habe ihn versehentlich geöffnet, weil ich dachte, dieser Bankbrief sei für mich. Tim hatte zwei Schecks ausgestellt, einen für Anne Haynes, ‚Answer Inc.‘.“
John las die Namen und fragte: „Was ist das für eine Firma?“
Tränen stiegen Gloria in die Augen. „Eine Agentur, die die Väter von halbasiatischen Kindern sucht.“
Zutiefst geschockt, stand John einige Sekunden wie erstarrt da. Er hatte befürchtet, dass so etwas passieren würde, aber auch inbrünstig gehofft, sich zu irren. Wenn die Wahrheit über Tims früheres Leben herauskäme, könnte es der ganzen Familie und ihm selbst in seinem Wahlkampf unendlich schaden.
„Hat dir Tim etwas davon gesagt?“ John wollte nicht glauben, dass sein so offener, intelligenter und anscheinend glücklicher Neffe seiner Adoptivmutter derartigen Kummer bereiten würde.
„Nein.“ Verstört schüttelte Gloria den Kopf. Sie ahnte nicht, wie sehr John darunter litt, ihr einiges verschweigen zu müssen, und wie tief seine Ängste waren. „Aber er hat seit Franks Tod überhaupt nicht viel gesprochen, mit keinem von uns. Tim trauert furchtbar um seinen Vater, John, wie wir alle.“ Ihre Stimme brach. „Doch dass er das tut, ist mir unbegreiflich.“
John nahm Gloria in die Arme und hielt sie an sich gedrückt, während sie schluchzte. Es wäre so einfach, ihr und Tim die Wahrheit zu gestehen. Doch das durfte er nicht, denn die Wahrheit würde die ganze Familie bis ins Mark treffen.
Er überlegte, wie er Gloria trösten konnte. Tims Versuch, mehr über sich zu erfahren, brauchte nicht unbedingt die
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