BIANCA EXKLUSIV Band 0174
Verschleierungen von damals aufzudecken, sagte John sich energisch. Er holte tief Luft. „Gloria, der Junge ist achtzehn. Eigentlich hätten wir damit rechnen sollen.“
Sie machte sich von ihm los und tupfte sich mit einem Taschentuch die Tränen ab. „Nein, John. Wenn Frank noch lebte, hätte Tim so etwas nicht angefangen.“
John war sich nicht so sicher. „Also, Gloria, was erwartest du von mir?“
„Du musst mit ihm reden und ihn veranlassen, diese Sache sofort abzubrechen.“
John blickte auf den eingelösten Scheck und die flüssige Unterschrift der Empfängerin, Anne Haynes. Wie könnte diese Frau etwas herausfinden, das vor vielen Jahren am anderen Ende der Welt passiert war? John wusste, dass man sämtliche Unterlagen über Tims Geburt versiegelt hatte. Das war vor der Adoption von Frank veranlasst worden, weil er es für möglich hielt, dass man sonst seine prominente Familie erpressen könne. Er hat genau das befürchtet, was vielleicht jetzt geschieht, dachte John bedrückt.
„Frank und du, ihr wusstet nur, dass Tims Vater ein amerikanischer Soldat gewesen ist, nicht wahr?“, fragte er scheinbar unbesorgt.
„Ja, und mehr war auch dem Waisenhaus nicht bekannt. Tims Mutter hat sich offenbar mit einer Menge Amerikaner eingelassen. Das erzählte sie jedenfalls den Leuten vom Waisenhaus.“
Darüber wunderte John sich sehr. Frank hatte allen lediglich mitgeteilt, dass der Vater unbekannt und die Mutter ein lediges koreanisches Mädchen sei. Sie habe ihren Sohn dem Waisenhaus übergeben, damit er ein liebevolles Heim bekäme.
„Hat Frank dir gesagt, dass Tims Mutter eine Prostituierte ist?“, fragte John erschüttert. Er konnte nicht fassen, dass sein Bruder derart gelogen hätte.
„Das ist es ja, John“, flüsterte Gloria verzweifelt. „Wir haben eigentlich gar keine Ahnung, wer oder was sie war.“
Das stimmte nicht ganz, denn er, Frank und einige andere kannten die Wahrheit. Als Frank den kleinen Jungen im Waisenhaus sah, hatte er all seine Verbindungen benutzt, die bürokratischen Schwierigkeiten möglichst schnell zu überwinden, um das Kind adoptieren zu können. Und er, John, damals kaum zwanzig Jahre alt, war seinem glühend verehrten Bruder mit allen Kräften dabei behilflich gewesen. Was, wenn die ganze Geschichte ans Licht kam …
„Die Leitung des Waisenhauses wollte, dass Tims Mutter anonym bleibt“, unterbrach Gloria Johns düstere Gedanken. „Und wir waren damit einverstanden. Damals spielte es für mich keine große Rolle. Mich interessierte nur, dass Tim gesund war, und Frank wollte einfach nur einen Sohn.“
Ja, den Westfields waren Kinder ungeheuer wichtig. Gloria hatte keine bekommen können und geglaubt, unfruchtbar zu sein. Doch nach Tims Adoption war es anders geworden, und Gloria brachte drei Mädchen zur Welt. Die Älteste war jetzt siebzehn, die Jüngste dreizehn.
„Tim darf nicht erfahren, dass sein leiblicher Vater einer von vielen Männern sein könnte, John. Ich lasse nicht zu, dass er verletzt wird. Wir müssen etwas unternehmen, damit er nicht weiterforscht.“
John gab Gloria recht, wenn auch aus anderen Gründen. Die hatten mehr damit zu tun, den guten Ruf seines Bruders zu schützen und seinen eigenen Wahlkampf nicht zu gefährden sowie Tim nicht sämtliche Illusionen zu rauben.
„Hast du schon mit dieser Anne Haynes gesprochen, Gloria?“
„Nein. Zuerst wollte ich mit dir reden. Ich befürchtete, Fehler zu machen und vielleicht deinem Wahlkampf zu schaden. Wenn Tims Nachforschungen auch nur den Hauch eines Skandals verursachten, wäre das katastrophal für dich. Außerdem fühle ich mich zurzeit nicht in der Lage, sachlich mit einer Frau umzugehen, die meinem Sohn womöglich das Herz brechen wird.“
„Es war richtig, dass du zu mir gekommen bist, Gloria“, erwiderte John zerstreut. Er überlegte nämlich angestrengt, wie er es anstellen sollte, Tim die Wahrheit vorzuenthalten.
„Du wirst dich doch darum kümmern, nicht wahr, John“, bat Gloria eindringlich.
Er nickte langsam. Er wünschte sich jedoch, dass sein Bruder nicht ausgerechnet ein Kind adoptiert hätte, dessen Herkunft so mühsam verschleiert worden war.
„Könntest du es tun, ohne Tim zu sagen, dass ich davon weiß?“, drängte Gloria. Sie schien plötzlich wieder die selbstsichere Frau wie vor Franks Tod zu sein.
Darüber freute sich John. Trotzdem sollte in erster Linie sie als Tims Mutter sich mit ihm und seinem Problem befassen, nicht sein Onkel. „Wirst du dich
Weitere Kostenlose Bücher