BIANCA EXKLUSIV Band 0180
herüber, und sie versuchte, ihre Erschöpfung vor ihm zu verbergen. Als er etwas langsamer wurde, wusste sie, dass er sich ihretwegen Sorgen machte.
Ich darf ihn nicht enttäuschen, dachte sie, glitt im gleichen Moment auf einem losen Stein aus und griff Hilfe suchend nach seinem Arm. Beinahe hätte sie ihn mitsamt dem Baby umgerissen.
Nachdem er ihr geholfen hatte, ihr Gleichgewicht wiederzugewinnen, betrachtete sie den Säugling. Er war ruhig, sein Gesicht war unter der Decke kaum zu sehen. Jack blickte ebenfalls auf das Bündel, und seine Miene war sehr ernst.
„Mariel, wir müssen bald zu einer Entscheidung kommen“, sagte er, während sie sich an ihn lehnte.
„Worüber?“, fragte sie müde.
„Was wir jetzt tun wollen. Wenn es nur um uns beide ginge, würde ich sagen, wir sollten weitergehen. Aber jetzt, da wir das Baby haben, finde ich, dass wir zurück zum Laster gehen sollten.“
Mariel hob empört den Kopf. „Nachdem wir schon so weit gekommen sind, wollen Sie, dass wir wieder umkehren? Das kommt überhaupt nicht infrage“, widersprach sie ihm.
Doch Jack hielt sie zurück. „Der Lastwagen bietet uns wenigstens Schutz vor dem Sturm. Wer weiß, was noch alles auf uns zukommt.“
Sie drehte sich um. Wie er so dastand, mit dem Baby im Arm, sah er stark und zuverlässig aus. Aber hatte er auch recht? Wäre es tatsächlich besser, umzukehren?
„Wir wissen doch bereits, dass es in dieser Richtung meilenweit kein einziges Haus gibt“, sagte sie eigensinnig. „Es wäre einfach dumm, wieder dorthin zurückzulaufen.“
„Wir haben aber auch keine Ahnung, was vor uns liegt“, erwiderte er. „Es könnte besser kommen, aber auch bedeutend schlechter. Da hinten“, er wies mit dem Kopf in die Richtung, aus der sie gekommen waren, „steht mein Lastwagen. Ich bin dafür, dass wir umkehren.“
Jack schwieg eine ganze Weile. Viel zu lange. Unruhig verlagerte Mariel ihr Gewicht von einem eiskalten Fuß auf den anderen und fragte sich, ob ihr je wieder warm werden würde.
Zögernd ging sie auf Jack zu und schob die Decke vom Gesicht des Babys zurück. Das Kind sah sie mit seinen blauen Augen vertrauensvoll an, und in diesem Moment wurde Mariel sich darüber klar, wie viel Verantwortung sie trug.
„Dieses Baby braucht etwas zu essen, Jack. Wir wissen nicht, wie lange es her ist, seit es das letzte Mal etwas zu sich genommen hat“, erklärte sie ruhig, aber eindringlich. Sie legte die Decke wieder über das kleine Gesicht, und das Kind begann zu wimmern.
Jack starrte mit gerunzelter Stirn auf das Bündel in seinen Armen. Mariel glaubte zu beobachten, wie er von unterschiedlichen Gefühlen heimgesucht wurde: Sorge, Zweifel, Angst und schließlich so etwas wie Einsicht.
„Also gut“, lenkte er ein. „Sie sind diejenige, die einen Collegeabschluss hat. Wir machen also, was Sie wollen.“
„Was soll denn das schon wieder heißen?“, fragte sie.
„Gar nichts. Gehen wir los.“ Er begann, sich in Bewegung zu setzen.
Jetzt, da sie ihn überzeugt hatte, wurde Mariel auf einmal unsicher. Was wäre, wenn sie sich tatsächlich nur noch weiter in der Wildnis verliefen? Doch instinktiv spürte sie, dass sie das Richtige tat.
Bevor sie ihre Meinung noch ändern konnte, ging sie los und holte Jack ein. Besorgt betrachtete sie das Bündel in seinem Arm.
„Glauben Sie, dass es ihr gut geht?“, fragte sie.
„Sie strampelt jedenfalls recht kräftig.“
„Ich nehme an, dass das ein gutes Zeichen ist. Ich hoffe nur, dass es dort, wo wir schließlich landen werden, frische Windeln gibt.“
„Träumen Sie ruhig weiter“, erwiderte Jack brummig und sprach sie erst nach einigen Minuten wieder an: „Es ist bereits so dunkel, dass ich kaum die Straße vor uns sehen kann. Könnten Sie mir vielleicht die Taschenlampe aus dem Rucksack holen?“
Mariel nickte, und nachdem er ein wenig in die Knie gegangen war, öffnete sie den Verschluss des Rucksacks und holte die Lampe zwischen den anderen Dingen hervor.
„Was haben Sie sonst noch da drin?“, wollte sie wissen.
„Einen Rest von meinem Mittagessen.“
„Ist auch etwas dabei, das wir dem Baby geben könnten?“
„In der Thermosflasche ist noch ein wenig Milch.“
„Wir werden es bald füttern müssen.“
Jetzt, in der Dunkelheit, spürte Mariel erst richtig, wie erschöpft sie war. Es kostete sie bereits eine unglaubliche Anstrengung, einen Fuß vor den anderen zu setzen, aber sie wusste, dass sie jetzt nicht stehen bleiben konnte. Schließlich
Weitere Kostenlose Bücher