BIANCA EXKLUSIV Band 0181
essen.“
Abends rief Marc dann aus Australien an, am nächsten Abend aus Singapur und zwei Tage später aus Tokio. Sie sprachen nie lange miteinander, aber Paige begann, auf die Anrufe zu warten.
Da sie ihn nur am Telefon sprach, konnte sie sich besser entspannen und ihn von einer ganz neuen Seite her kennenlernen. Er beschrieb ihr die Städte, in denen er sich aufhielt, und sie fand, dass er sehr lebendig erzählen konnte. Er neckte sie, machte den einen oder anderen Witz und erkundigte sich, wie sie den Tag verbracht hatte.
Paige berichtete ihm von den kleinen Vorfällen, die ihren Tag verschönert hatten. Zum Beispiel hatte sie einmal ein wunderhübsches Taubenpärchen beobachtet. Die Vögel hatten immer wieder mit schräg gelegten Köpfen neugierig zu ihr hinabgeschaut. Oder von ihrer Tour im Ruderboot mit Fancy, die während der ganzen Fahrt wie eine Galionsfigur am Bug gestanden und aufmerksam Ausschau gehalten hatte. Oder dass Mrs. Oliver Guaven zu Gelee eingekocht und einen herrlichen Kuchen gebacken hatte.
Später wurde Paige klar, dass sie sich im Laufe dieser Telefonate in Marc verliebt hatte. Zunächst aber wusste sie nur, dass diese Gespräche ein tiefes Bedürfnis in ihr befriedigten.
Deshalb war sie besonders enttäuscht, als Marc sich am vorletzten Abend ihres Aufenthalts nicht meldete. Irgendwie tröstete sie sich darüber hinweg und ging schlafen. Doch sie verbrachte eine unruhige Nacht und musste sich schließlich eingestehen, dass ihr das Gespräch mit Marc richtig fehlte.
Nach dem Frühstück auf der Terrasse am anderen Morgen beschloss sie, einen Ausflug zu machen. „Ich möchte heute zur Kohlpalmenbucht hinausrudern, Mrs. Oliver.“ Sie wollte sich körperlich verausgaben, um nicht ständig daran denken zu müssen, dass sie am nächsten Tag Arohanui verlassen und Marc nie wiedersehen würde.
Mrs. Oliver nickte. „Das Wetter soll fantastisch werden. Ich packe Ihnen einen Picknickkorb.“
„Vielen Dank, aber machen Sie sich meinetwegen keine Umstände.“
„Das ist kein Problem. Kehren Sie gegen zwei Uhr wieder um. Mit Einsatz der Ebbe bildet sich vor der Kohlpalmen-bucht eine starke ablandige Strömung, in die Sie lieber nicht geraten sollten. Denn wenn Sie erst mal abtreiben, kommt bis Südamerika kein Land mehr.“
Eine halbe Stunde später verstaute Paige einen Sonnenschutz, ihren Hut und genug Essen und Trinken für ein ganzes Regiment im Boot. Fancy sprang hinterher und nahm ihren gewohnten Platz am Bug ein.
„Es sieht aus, als wollte ich auf Expedition gehen. Sie erwarten hoffentlich nicht, dass ich alles aufesse?“
„Wer weiß. Seeluft macht hungrig. Sie werden doch nicht weit hinausschwimmen?“
„Nein, auf keinen Fall.“ Paige brachte die Riemen in Position. „Seien Sie unbesorgt, Mrs. Oliver. Ich habe jahrelang an einem Fluss gewohnt und kenne mich aus.“
Mrs. Oliver nickte. „Sollte etwas passieren, bleiben Sie einfach in der Bucht. Dann schicke ich meinen Mann, damit er Sie abholt.“
„Okay.“ Paige winkte zum Abschied und ruderte los.
9. KAPITEL
In der Bucht angekommen, durchstöberte Paige mit Fancy den Hain mit den alten Pohutukawabäumen. Als die Sonne im Zenit stand, setzte sie sich auf die Decke unter einen Baum und schaute nach, was Rose Oliver ihr zum Mittag eingepackt hatte.
Es roch verführerisch und sah auch so aus. Mrs. Oliver war eine exzellente Köchin. Doch Paige verspürte keinen Appetit. Schließlich aß sie ein Stück der ausgezeichneten Pastete mit einer köstlichen Füllung aus Schinken und Ei und etwas Obst und trank dazu mit Wasser verdünnten Limettensaft. Was sollte sie mit dem Rest des Essens anfangen?
Fancy lag einige Meter entfernt, den Blick verlangend auf den Picknickkorb gerichtet. Getrunken hatte sie bereits an dem Rinnsal, das aus dem Wäldchen in die Bucht floss.
„Das schöne Essen soll nicht umkommen, und du hast dich mit Schwimmen und Herumlaufen verausgabt, Fancy“, sagte Paige und gab ihr ein Sandwich.
Morgen schon würde sie dieses traumhaft schöne Fleckchen Erde, den Hund, der ihr ans Herz gewachsen war, und den Mann, dem beides gehörte, verlassen müssen. Sie würde nie wieder herkommen, und er würde sie nicht besuchen. Da noch viel Zeit blieb, ehe sie umkehren musste, legte sie sich auf die Decke und schloss die Augen.
Doch das war keine gute Idee. Ganz ohne ihr Zutun tauchten eine nach der anderen die Erinnerungen an Marc auf. Jeder Satz, den er zu ihr gesagt hatte, jeder Blick, jede Geste. Jeder
Weitere Kostenlose Bücher