BIANCA EXKLUSIV Band 0181
Schwäche war gefährlich, erinnerte sie sich selbst. Sie drehte sich zur Seite. „Ich sage doch, es geht mir gut“, behauptete sie und hoffte, dass es überzeugender klang, als sie sich fühlte. „Es ist nicht das erste Mal, dass mich eine Welle erwischt hat, und es wird auch bestimmt nicht das letzte Mal sein.“
„Sie hätten die Arme über dem Kopf halten sollen“, schimpfte er. „Das lernt man doch in der ersten Stunde.“
„Das habe ich auch, bis zum letzten Moment“, erwiderte sie unwillig. „Ich bin ja nicht völlig blöd.“
„Das habe ich auch nicht behauptet.“
Lieber Himmel, ein solches Lächeln sollte verboten sein, dachte Sam im Stillen.
„Aber Kopfverletzungen darf man nicht auf die leichte Schulter nehmen“, fuhr Aidan fort. „Vielleicht muss die Wunde sogar genäht werden.“
„Nun übertreiben Sie aber“, wehrte Sam ab. „Ein Pflaster wird völlig genügen.“ Sie beugte sich vor, um die Sicherheitsleine von ihrem Knöchel zu lösen und ihr Surfbrett aus dem Wasser zu ziehen. „Vielen Dank für Ihre Hilfe. Sie brauchen nicht länger zu bleiben.“
„Sie sind gern unabhängig, nicht wahr?“, sagte er spöttisch.
Gegen die Sonne blinzelnd, sah sie zu ihm auf. „Was ist daran falsch?“, fragte sie abwehrend.
Er lachte. Ihre Widerborstigkeit schien ihn zu amüsieren. „Manchmal kann zu viel Unabhängigkeit auch schaden“, spottete er.
„Ich wüsste nicht, wie.“ Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, schob sie sich das nasse Haar aus dem Gesicht. Dann stand sie auf und griff nach hinten, um den Reißverschluss ihres Neoprenanzuges zu öffnen. Es war nicht leicht, Aidan dabei zu ignorieren. Sie spürte seinen Blick auf sich, während sie sich aus dem Anzug schälte.
Darunter trug sie einen schlichten blauen Badeanzug. Er war ein Sonderangebot im Saisonausverkauf gewesen und stand ihr gut. Jedenfalls war sie bisher dieser Meinung gewesen. Jetzt musste sie nur daran denken, wie sich ihre Rundungen unter dem dünnen Stoff abzeichneten. Mit hochrotem Kopf bückte sie sich, um die Reißverschlüsse an den Beinen zu öffnen und sich den Anzug vollends von den Füßen zu streifen. Noch bevor sie sich wieder aufrichtete, wurde ihr klar, welchen Anblick ihre gebeugte Kehrseite Aidan geboten hatte.
Hastig zog sie sich das T-Shirt über den Kopf und streifte sich ihre abgeschnittenen Jeans über. Dann griff sie nach Brett und Anzug und riskierte ein flüchtiges Lächeln. „Also … nochmals vielen Dank für Ihre Hilfe“, brachte sie hervor. „Bis dann.“
Sie wandte sich ab und machte sich auf den Weg zu dem steilen Pfad, der vom Strand die Klippen hinaufführte.
Sie hatte erst wenige Schritte zurückgelegt, als Aidan an ihrer Seite war. Er hatte seinen Surfanzug anbehalten, trug sein Brett unter dem einen Arm und hielt ein T-Shirt und alte Jeans in der anderen Hand. „Haben Sie etwas dagegen, wenn ich Ihnen Gesellschaft leiste?“, fragte er.
Sam blieb mitten auf dem Weg stehen. „Wieso?“, fragte sie unfreundlich.
Er schien dieses verführerische Lächeln nach Belieben ein- und ausschalten zu können. „Ich habe mit Ihnen zu reden … über das Cottage“, erwiderte er entwaffnend. „Es wird nicht lange dauern.“
Sam nickte zögernd und versuchte dabei, seinem Blick auszuweichen. Dann ging sie langsam neben ihm her den Pfad bergan. Vermutlich wäre es klug gewesen, ein wenig freundlicher zu ihm zu sein, wenn sie verhindern wollte, dass er das Cottage abreißen ließ. Andererseits musste sie vorsichtig sein. Er konnte leicht jedes Zeichen von Freundlichkeit missverstehen. Darauf legte sie absolut keinen Wert … obwohl die Erinnerung daran, wie er sie am Vorabend geküsst hatte, eine plötzliche Hitze in ihr aufwallen ließ. Sie schlug ein eiliges Tempo an, nicht zuletzt in der Hoffnung, dass er die Röte in ihrem Gesicht der Anstrengung zuschreiben würde.
Beim Cottage angelangt, lehnte sie ihr Surfbrett auf der Schattenseite gegen die Hauswand. Sie beugte sich nieder und untersuchte den Schaden, den das Brett beim Aufprall auf den Sand genommen hatte. Das musste sie vor der nächsten Benutzung unbedingt reparieren, sonst würde sich bald die Glasfiberschicht vom Schaumstoffkern lösen.
„Ein schönes Brett“, sagte Aidan und stellte seines daneben. „Wo haben Sie es her?“
„Von Roger, aus dem kleinen Laden am Hafen“, antwortete sie. Sie war froh, dass sie ein neutrales Gesprächsthema gefunden hatten. „Es war leicht beschädigt, sodass er es
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