BIANCA EXKLUSIV Band 0181
Sam, dass sie keinen Fernseher hatte, sodass sie nicht die neunundsiebzigste Wiederholung von Sieben Bräute für sieben Brüder sehen konnte. Doch das Radio entschädigte sie. Erst hörte sie eine Comedysendung, die sie zum Lachen brachte, und anschließend ein spannendes Kriminalhörspiel, bei dem ihr ein eisiger Schauder über den Rücken rann.
Der kurze Wintertag endete früh. Es war schon dunkel, als sie das Werkstück beiseitelegte, an dem sie gerade arbeitete. Ein Festessen stand nicht auf dem Plan. Sie konnte es sich nicht leisten, und für sie allein lohnte sich auch der Aufwand nicht. Nächstes Jahr …
Ein plötzliches Klopfen riss sie aus ihren Gedanken. Besorgt blickte sie zur Tür. Sie war so ans Alleinleben gewöhnt, dass sie sich nie Gedanken über ihre Sicherheit machte. Gewöhnlich kam aber auch selten jemand nach Einbruch der Dunkelheit vorbei.
„Wer ist da?“, rief sie. Sie versuchte, ihre Stimme so zuversichtlich klingen zu lassen, als würden zwei wachsame Rottweiler zu ihren Füßen sitzen.
„Der Weihnachtsmann.“ Es war Aidans Stimme.
Sam sprang so hastig auf, dass sie fast den Stuhl umgeworfen hätte, und eilte zur Tür. Erstaunt sah sie Aidan an. Er stand in makellosem Smoking mit seidener Fliege vor ihr, eine Warmhaltebox in der einen, einen kleinen Weihnachtsbaum in der anderen Hand.
In seinen dunklen Augen funkelte es vergnügt. „Würdest du mir das Vergnügen machen, heute Abend mit mir zu speisen?“, fragte er gespielt förmlich.
Sam zögerte. Instinktiv war sie auf Abwehr eingestellt. „Ich …“
„Es ist Weihnachten“, sagte er und setzte dieses Lächeln auf, dem sie einfach nicht widerstehen konnte. „Wir würden sonst beide allein essen.“
„Du würdest nicht allein sein“, widersprach sie und wich zurück, als er ungefragt eintrat. „Oben im Hotel leisten dir wenigstens hundert Leute Gesellschaft.“
„Gäste und Personal“, entgegnete er. „Das wäre nicht dasselbe.“
Zögernd lenkte sie ein. „Also gut. Komm herein.“ Er stand bereits mitten in der Küche. Als er gestern Nachmittag angekündigt hatte, er würde vielleicht noch einmal hereinschauen, hatte Sam das für eine Höflichkeitsfloskel gehalten. Sie hatte nicht damit gerechnet, ihn so bald wiederzusehen.
„Ich bereite das Essen vor, während du dich schön machen gehst“, schlug Aidan vor. Er stellte die Picknickbox auf den Kühlschrank.
„Ich habe nichts, womit ich mich schön machen könnte“, protestierte sie. Jedenfalls nichts, womit sie einen Mann beeindrucken konnte, der die Gesellschaft der schönsten Frauen von London gewöhnt war. „Na ja, ich könnte mir wenigstens noch einmal die Haare kämmen.“
„Tu das.“
Sam zog sich in ihr Schlafzimmer zurück. Wie hatte sie nur zulassen können, dass er hier eindrang und ungefragt das Regiment übernahm? Gewöhnlich hatte sie ihr Leben gut unter Kontrolle. Nur wenn dieser Aidan Harper in der Nähe war, schien es im Handumdrehen aus den Fugen zu geraten. Seufzend wandte sie sich ihrem Kleiderschrank zu. Was sollte sie nur anziehen?
Seit ihre Figur einem Kartoffelsack glich, gab es kaum etwas, womit sie sich einigermaßen präsentabel machen konnte. Schließlich schlüpfte sie in ein Paar schwarze Leggins und in ein weites schwarzes T-Shirt. Dann warf sie sich einen Seidenschal mit langen Fransen um und schloss ihn mit einer Emaillebrosche, die sie selbst gemacht hatte.
Aus der Küche drang ein verlockender Duft. Als Sam den Vorhang ihres Schlafzimmers zurückzog, traute sie ihren Augen nicht. In den wenigen Minuten, die sie gebraucht hatte, um sich zurechtzumachen, hatte Aidan ein kleines Wunder vollbracht. Auf der Anrichte in der Ecke stand der Weihnachtsbaum, festlich geschmückt mit Kerzen und Lametta, vervollständigt mit einem Engel auf der Spitze. Engelshaar hing von den Deckenbalken, und alle Schranktüren waren mit künstlichem Schnee besprüht. Der Tisch war mit einem dunkelblauen Papiertuch mit silbernen Sternen überzogen, und darauf waren zwei Plätze mit weißem Porzellan, silbernem Besteck und Kristallgläsern gedeckt. Alles funkelte und blitzte im Schein der Kerzen, die Aidan entzündet hatte.
Er lächelte ihr zu. „Setz dich“, forderte er sie auf. „Das Essen ist gleich fertig.“ Er hatte inzwischen eine Flasche Wein geöffnet und füllte zwei Gläser. Sam war keine Expertin, doch sie hatte keinen Zweifel, dass es sich um einen guten Tropfen handeln musste. Er hob sein Glas und prostete ihr zu.
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