BIANCA EXKLUSIV Band 0181
Hast du denn auch ein Lächeln für deine Omi?“
„Ich glaube, im Moment möchte sie lieber die Windel gewechselt bekommen“, bemerkte Sam trocken. „Sie ist gerade erst von ihrem Mittagsschlaf aufgewacht.“
„Ach du liebe Güte!“ Mary lachte. Sie hob das Baby hoch und schnupperte an der Windel. „Ich glaube, deine Mami hat recht, mein Engel. Dann sollten wir etwas unternehmen. Wir können dich doch nicht in einer nassen Windel liegen lassen. Darf ich das machen?“, bat sie.
Jetzt musste auch Sam lachen. „Aber natürlich. Bitte! Ich fürchte, es wird diesmal eine besonders unangenehme Angelegenheit.“
„Oh, das macht uns nichts, nicht wahr, mein Herz?“ Mary küsste das vergnügt glucksende Baby in ihrem Arm zärtlich auf die Nasenspitze. „Aber was ist mit dir?“, wandte sie sich an Sam. „Du siehst ein bisschen blass aus. Ist alles in Ordnung?“
„Oh ja … ich bin nur ein wenig müde“, antwortete Sam ausweichend. „Das kleine Fräulein war heute Nacht ziemlich anstrengend. Möglicherweise ist ein Zahn unterwegs.“
„Ach, du Ärmste!“ Die alte Dame war voll Mitgefühl. „Leg dich doch ein wenig hin! Mach dir keine Sorgen um die Kleine … ich werde mich um sie kümmern.“
„Bist du ganz sicher?“, vergewisserte sich Sam. Ein bisschen Zeit zum Nachdenken würde ihr guttun. „Macht es dir bestimmt nichts aus?“
„Aber natürlich nicht“, versicherte Mary. „Mir macht es doch Spaß. Ich werde ihre Windel wechseln, und dann gehen wir ein wenig hinaus in den Garten. Es ist so ein schöner sonniger Tag. Ruh du dich inzwischen aus. Wir sehen uns später zum Tee.“
„Also gut. Aber bitte achte darauf, dass sie nicht zu viel Sonne abbekommt“, warnte Sam. Marys Miene verriet, wie unnötig diese Ermahnung war. Sam errötete. „Es tut mir leid.
Natürlich weißt du das selbst. Vielen Dank. Dann mache ich jetzt ein kleines Nickerchen.“
Sam wandte sich um und ging nach oben in ihr Zimmer. Kurze Zeit später sah sie aus dem Fenster, wie Mary mit Chloe im Arm in den Garten trat. Der gute alte Chambers folgte ihr mit einer Reisedecke, die er im Schatten eines Maulbeerbaumes auf dem Rasen ausbreitete.
Es war eine Szene ungetrübten Friedens. Das Kind strampelte vergnügt auf der Decke, während seine Großmutter es am Bauch kitzelte. Der treue Chauffeur stand ein paar Schritte abseits und bewachte die Szene wie ein Hütehund. Der Anblick schnürte Sam die Kehle zu. Sie konnte Mary unmöglich die angebetete Enkelin entziehen und durfte auch Chloe nicht die Großmutter vorenthalten.
Der Aufruhr in ihren Gedanken machte Sam Kopfschmerzen. Sich hinzulegen hatte keinen Zweck. Sie würde keinen Augenblick zur Ruhe kommen. Ein langer Spaziergang im Park würde ihr guttun. Vielleicht würde ihr die frische Luft helfen, ihre Gedanken zu klären.
Fast hätte sie die zusammengeknüllten Blätter von ihren Schreibversuchen vergessen. Die sollte sie besser vernichten, sonst fand die Haushälterin sie womöglich noch, wenn sie die Wäsche einräumte. Hastig stopfte sie die Papiere in ihre Handtasche. Dann verließ sie ihr Zimmer und schlich sich aus dem Haus.
10. KAPITEL
Es wurde schon dunkel, als Sam bemerkte, dass sie sich total verlaufen hatte. Sie war Meile um Meile gewandert. Richmond Park grenzte an Wimbledon Common, und von dort war sie immer weiter auf schattigen Alleen zwischen hübschen Wohnhäusern entlanggegangen. Nun hatte sie nicht mehr die leiseste Ahnung, wo sie sich befand.
Immerhin war sie mittlerweile zu einem Entschluss gekommen. Auf keinen Fall würde sie Chloe aufgeben! Sie wusste noch nicht, wohin sie gehen und wovon sie leben wollte, aber sie würde schon einen Weg finden. Der lange Marsch hatte ihr jedenfalls klargemacht, dass sie auf keinen Fall überstürzt handeln durfte. Sie musste sich Zeit nehmen, um ihre Pläne sorgfältig zu überlegen. Zuerst waren ein Job zu beschaffen und eine geeignete Unterkunft. Erst dann konnte sie Aidan sagen, dass sie ihn verlassen würde. Wenn er dann versuchte, ihr das Sorgerecht streitig zu machen, würde sie mit allen Mitteln um ihr Kind kämpfen.
Allerdings wollte sie dafür sorgen, dass der Kontakt zu Mary erhalten blieb. Sie mochte Aidans Mutter und freute sich über die liebevolle Aufmerksamkeit der alten Dame. Da es keine anderen Verwandten gab, sollte Chloe wenigstens eine Großmutter haben.
Zufrieden mit ihrem Entschluss, sah Sam sich um. Nun musste sie herausfinden, wo sie eigentlich war. Erleichtert entdeckte sie
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