Bianca Exklusiv Band 0226
es sich nicht leisten zu verlieren. Sie hatte ihr Vertrauen in ihn gesetzt, und das beängstigte ihn. Was war, wenn er versagte?
Auf dem Heimweg bog Drew in einen alten Feldweg ab. „Ich hoffe, du hast es nicht eilig“, sagte er und hielt an.
„Nein.“ Olivia blickte sich um. „Ich weiß gar nicht, wo wir hier sind.“
„Es gehört zu ‚Stone’s End‘. Ich will mir ein paar Bäume ansehen. Von hier aus müssen wir zu Fuß gehen.“
Seite an Seite spazierten sie über den holperigen Weg, der bergan führte. Es war sehr friedlich. Ein frischer Wind wirbelte das trockene Laub vom Boden auf. Gesunder Mischwald aus Eichen, Schierlingstannen und Ahorn erstreckte sich, soweit das Auge reichte.
Als sie den Hügel erklommen hatten, lehnte Olivia sich an einen Baum und bewunderte die atemberaubende Aussicht auf ein breites Tal, durch das sich ein Fluss schlängelte. „Es ist wunderschön hier.“
Drew lächelte. „Und es gehört alles dir.“ Er küsste ihre Lippen. „Und jetzt lass uns an die Arbeit gehen.“
Sie gingen weiter. Vor einer alten Eiche blieb er stehen und maß mit den Augen Höhe und Umfang. „Die müsste einen guten Preis einbringen.“
Schützend legte sie eine Hand auf die raue Rinde. „Kannst du die nicht stehen lassen?“
Er bemühte sich, diplomatisch zu antworten. „Du siehst in dieser Eiche einen Baum. Ich sehe ein Haus, Bücher, Papier oder ein Möbel, das vielleicht mal ein Erbstück wird. Der Wald wächst wieder nach, und ‚Stone’s End‘ braucht ein stetes Einkommen.“
„Aber es ist so ein großer schöner Baum. Wie kannst du nur daran denken, ihn zu fällen?“
„Welche soll ich denn sonst fällen? Die kleinen hässlichen?“
„Wäre das nicht logischer?“
„Nur, wenn du für deine Investition keinen anständigen Ertrag erzielen willst. Kleine hässliche Bäume bringen kein Geld ein. Vergiss nicht, dass wir den Wald nicht roden. Wir lichten ihn nur, pflanzen neu an und geben kleinen und mittelgroßen Bäumen mehr Lebensraum.“
„Und es verringert das Risiko von Waldbränden. Das weiß ich alles.“ Dennoch verfinsterte sich ihr Gesicht, als er eine rote Markierung am Stamm anbrachte.
Drew fühlte sich wie der Schurke in einem schlechten Film. „Olivia, es tut mir leid, aber es muss sein.“
„Ich weiß“, sagte sie kleinlaut. Plötzlich wurde ihr bewusst, dass er sehr zielstrebig und rücksichtslos sein konnte, wenn es um sein Geschäft ging. Es war eine Seite, die sie noch nie an ihm erlebt hatte. Und sie war sich nicht sicher, ob ihr das gefiel. Mit einem gezwungenen Lächeln verdrängte sie ihre Bedenken, zumindest für den Moment. „Und was ist deine Aufgabe bei alldem?“
Der Themenwechsel erleichterte ihn. „Vorläufig tue ich ein bisschen von allem. Der Herbst ist eine gute Zeit zum Bäumefällen. Sie sind unbelaubt, und der Boden ist fest.“
„Und was tust du, wenn es kälter wird?“
Er grinste. „Dann ziehe ich mich warm an und bete, dass es bald Frühling wird.“
Im Laufe der folgenden Wochen ging die Arbeit im Sägewerk gut voran. Olivia sah Drew kaum noch. Im Morgengrauen verließ er bereits das Haus und kehrte meist erst nach Mitternacht zurück, wenn sie längst schlief.
Während Fred und Ramon die Farm bestellten, bewältigte sie die zahlreichen Aufträge, die sie für Weihnachten erhielt. Wenn sie über ihre Ehe nachdachte, kam sie zu dem Schluss, dass ihre Beziehung praktisch in einer Warteschleife hing und ihnen eine dringend benötigte Atempause von den intensiven Gefühlen vergönnt war, die ihr Verhältnis kennzeichneten.
Doch sie dachte selten mit dem Kopf. Ihr Herz wurde ständig von neuen Empfindungen belagert, die sie nie zuvor erlebt hatte.
Eines Tages wurde das alte Haus in seinen Grundfesten erschüttert, als ein mit Holz beladener Lastwagen vorbeidonnerte. Plötzlich verspürte sie den heftigen Drang, Drew zu sehen. Sie starrte aus dem Fenster zu dem Waldstück, in dem er an diesem Tag arbeitete. Sie vermisste ihn.
Impulsiv zog sie sich warm an und verließ das Haus. Mehrere Zentimeter Neuschnee bedeckten den Boden. Die Luft war frisch und kalt und roch nach Pinien. Sie marschierte einen Waldweg hinauf, der kürzlich vom Unterholz befreit und verbreitert worden war.
Die Stille des Waldes wurde zerrissen von dem schrillen Lärm einer Kettensäge. Sie passierte eine Lichtung, auf der die gefällten Bäume entästet und zum Transport in das Sägewerk auf Lastwagen geladen wurden.
Jack bediente den Ladekran. Er
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