Bianca Exklusiv Band 0226
mal ganz was Neues. Wir wollen deine Sorte nicht hier haben.“
Drew zog die Augenbrauen hoch. „Meine Sorte?“
„Knastbruder“, bemerkte Reggie knapp.
Die unverhohlene Feindseligkeit traf Drew. Es hatte ihm nie gelegen, die andere Backe hinzuhalten, aber er versuchte es. „Hör mal, ich kann nicht ändern, was passiert ist. Aber du kannst mir glauben, es tut mir leid.“
„Tja, das mag schon sein, aber erwarte bloß nicht, dass irgendwer den roten Teppich für dich ausrollt.“ Auf ein Zeichen von Reggie hin wichen die Männer auseinander und gaben den Ausgang frei.
Drew fühlte sich schäbig und erniedrigt. Schweigend nahm er seine Einkäufe und ging.
Ein schneidend kalter Wind pfiff durch seine dünne Jacke und erinnerte ihn daran, dass er sich im Norden des Landes aufhielt, wo der Herbst rasch in den Winter überging.
Da er kein Transportmittel hatte, machte er sich auf den langen Weg nach Hause – eine Strecke von fünfeinhalb Meilen vom Zentrum der Stadt aus.
Einige Autos fuhren an ihm vorüber, bevor ein Streifenwagen anhielt. Der Sheriff stieg aus. „Hab gehört, dass du wieder in der Stadt bist.“
„Das hat sich anscheinend schnell herumgesprochen“, entgegnete Drew kühl.
Hoch gewachsen und aufrecht stand Seth Powers in seiner Uniform da, die ihn als langen Arm des Gesetzes auswies. „Tja, der Krämerladen ist eben immer noch die Brutstätte für Tratsch. Jedenfalls ist es schön, dich zu sehen.“
„Spar dir den Unsinn. Falls du es vergessen haben solltest, du hast mich verhaftet und eingelocht.“
„Ich habe nur meinen Job getan“, konterte Seth.
Drew lachte schroff. „Na schön, du hast getan, was du tun musstest. Und jetzt? Was willst du von mir? Absolution?“
„Mein Gewissen ist rein.“ Seth holte tief Luft. „Du hast niemanden wissen lassen, dass du frühzeitig entlassen wurdest.“
„Drei Monate.“
„Das ist gut.“
„Das Gefängnis war überfüllt.“
Seth lachte. „Du hast dich nicht verändert.“
Drew begegnete seinem Blick. „Oh doch. Ich hatte kaum eine andere Wahl. War das nicht der Sinn des Ganzen?“
„Ja, wahrscheinlich. Ich wünschte, die Dinge hätten anders gelegen.“ Seth war kein sentimentaler Typ, und das hatte Drew an seinem alten Freund stets geschätzt. „Kann ich dich mitnehmen, da du nun mal hier bist?“
Vielsagend blickte Drew zum Streifenwagen. „Sofern ich nicht unter Arrest stehe, verzichte ich lieber. Das letzte Mal, als du mich mitgenommen hast, bin ich im Knast gelandet.“
„Steig einfach ein“, befahl Seth leise.
Drew hatte den herrischen Ton oft gehört, als sie in der Highschool erfolgreiches Teamwork beim Football geleistet hatten. Doch dies war kein Spiel. „Na dann, warum auch nicht?“
Sie fuhren schweigend davon. An der ersten und einzigen Kreuzung des Ortes bog Seth auf eine Landstraße ein. Es herrschte kein Verkehr. „Was hast du jetzt vor?“, fragte er nach einer Weile.
„Ich habe keine Ahnung.“ Drew starrte aus dem Fenster, so als lägen dort die Antworten. Er versuchte, ein Gefühl der Heimkehr aufzubringen.
„Du könntest bleiben“, meinte Seth.
Drew ignorierte den Schwall der Gefühle, den diese Worte auslösten. In seinem Leben war kein Raum für Sentimentalitäten – nicht mehr. „Nein, das kann ich nicht. Hier ist nichts mehr für mich übrig.“
„Es könnte anders sein. Die meisten Leute haben sich finanziell nie davon erholt, dass deine Familie das Sägewerk geschlossen hat. Das Imperium der Pierces hat so viele Eisen im Feuer, dass es einen derartigen Verlust vermutlich verkraften kann, aber für die Stadt war das Werk das Herzblut. Sieh dich mal gründlich um. Es muss viel getan werden.“
„Ich bin nicht der geeignete Mann dafür.“ Drew presste die Lippen zusammen, als sie das Sägewerk passierten. Trotz der Vorwarnung entsetzte ihn das Ausmaß des Verfalls. Das Hauptgebäude war mit Brettern vernagelt. Schwere Maschinen rosteten vor sich hin. Es war nur eines von vielen Sägewerken, das seinen Angehörigen gehörte. Sie hatten es einfach stillgelegt und waren weggezogen, statt sich der Demütigung zu stellen, dass ihr Sohn im Gefängnis saß.
Beim Anblick der verschlossenen Tore verstand Drew plötzlich die Bitterkeit in Reggie LaRoches Blick. Dieser Ausdruck würde ihn überall hin begleiten, zusammen mit dem Wissen, dass er zum Teil dafür verantwortlich war.
„Es kann nicht schaden, darüber nachzudenken“, sagte Seth abschließend zu diesem Thema. Nach einigen
Weitere Kostenlose Bücher