Bianca Exklusiv Band 11
den atemberaubenden Hintergrund ab. Die Seeoberfläche war glatt und von einem unglaublichen Blau, das von kleinen Inseln unterbrochen wurde. Drei von ihnen waren mit üppiger Vegetation überzogen, auf einer vierten drängte sich ein Häusermeer.
An einem entfernten, mit Pinien bestandenen Ufer hatte eine Passagierfähre abgelegt und hielt auf eine der Inseln zu, sonst wurde die glasklare Fläche des Sees durch nichts getrübt.
Lucy riss sich von dem Anblick los und merkte erst jetzt, dass der Fahrer ihren Koffer in einiger Entfernung abgestellt hatte und zu ihr zurückkam.
„Boot. Sie nehmen."
Lucy blickte zu den Motorbooten, die an einem Ponton vertäut lagen. „Ich soll mir so ein Boot mieten?" Sie spähte zu einer Bucht auf der anderen Seite des Sees hinüber, in die sich ein Ort schmiegte. Hoffentlich ist das Pescatori, dachte sie.
„Si, Pescatori. Boot." Der Fahrer deutete auf die sanft schaukelnden Fahrzeuge, und Lucy sagte sich, dass es sich um Wassertaxis handeln musste. „Gute Urlaub."
Lucy strahlte. „Auf Wiedersehen. Und danke."
Der Fahrer warf ihr eine Kusshand zu und sagte etwas, das sie nicht verstand, dann eilte er davon.
Lucy ging auf den See zu und betrachtete die Boote, die sich auf dem kristallklaren Wasser wiegten. Die Bootsleute schienen ausnahmslos zu schlafen, und Lucy war unschlüssig, ob sie sie wecken sollte. Sie blickte auf die Uhr. Vielleicht war das ihre Mittagspause. Wenn sie den Zeitunterschied berücksichtigte, musste Mrs. Baker nun gerade beim Nachtisch einschlafen. Lucy überkam schon jetzt fast so etwas wie Heimweh.
Langsam schlenderte sie weiter und wusste nicht recht, was sie tun sollte, als eine Bewegung ihre Aufmerksamkeit erregte. Weiter oben, in einiger Entfernung von den Wassertaxis, schaukelte ein Boot heftig, und Lucy vermutete, dass jemand es soeben bestiegen hatte. Hoffnungsvoll eilte sie darauf zu.
„Hallo!" versuchte sie, sich bemerkbar zu machen.
Der Mann mit der roten Schirmmütze, der am Steuer stand, schien sie jedoch nicht zu hören. Er wendete das Boot in Richtung See, und Lucy befürchtete, er könne ohne sie abfahren.
„He!" rief sie so laut sie konnte.
Der Mann reagierte nicht. Wenn er immer so schlecht aufpasste, mussten ihm eine Menge Fahrgäste entgehen. Lucy eilte auf dem Ponton neben dem Boot her, bis sie sich im Blickwinkel des Mannes befand.
„Nach Pescatori, bitte!" erklärte sie atemlos.
Der Mann blickte in ihre Richtung und sah sie sekundenlang an, dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf den Motor.
Lucy stellte den Koffer ab. Sie hatte das merkwürdige Gefühl, diesen Mann irgendwoher zu kennen, obwohl das natürlich nicht möglich war. Geistesabwesend griff sie nach der Bootsreling, um einzusteigen, und wurde mitgerissen, als das Boot sich ruckartig in Bewegung setzte.
Blitzschnell hatte der Mann den Motor abgeschaltet und riss Lucy zu sich herüber, bevor sie zwischen das Boot und den Ponton geraten konnte.
Ehe Lucy wusste, wie ihr geschah, befand sie sich in den Armen des Mannes an Bord. Sie spürte seine Hand an ihrem Haar und machte sich zitternd von ihm frei.
„Das war mehr als töricht." Der Fremde hatte eine dunkle Stimme, und die Art, wie er sie mit seinen braunen Augen ansah, verunsicherte Lucy.
So viel Arroganz machte Lucy sprachlos. Die lange Urlaubssaison war diesem Mann offenbar zu Kopf gestiegen. Er musste schon lange im Geschäft sein, denn sein Englisch war ausgezeichnet, fast ohne Akzent. Er scheint jedoch arm zu sein, stellte Lucy fest, denn er war barfuß und trug abgewetzte schwarze Shorts, die ebenso ölverschmiert waren wie sein schwarzes T-Shirt. Lucy betrachtete die Hände des Mannes. Öl! Entsetzt überprüfte sie die Stellen ihres Kleides, an denen er sie berührt hatte.
Der Fremde zuckte die Schultern. „Ein bisschen Öl ist besser, als wenn Sie sich die Rippen gebrochen hätten und pitschnass wären. Das lässt sich rauswaschen", setzte er trocken hinzu.
Lucy presste die Lippen zusammen. Der Mann hatte keine Ahnung von Flecken. Sie hatte nur Rock und Bluse zum Wechseln mitgebracht und konnte es sich nicht leisten, ihre Kleidung schmutzig zu machen. „Sie hätten den Motor nicht so hochjagen dürfen", sagte sie anklagend.
„Ich lasse mir von Ihnen keine Vorschriften machen", erwiderte der Mann ruhig.
„Sie hätten auf den Ponton achten können."
„Warum? Für den Fall, dass eine Verrückte die Absicht hat, Selbstmord zu begehen?"
Die unverfrorenen Antworten brachten Lucy in
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