Bianca Exklusiv Band 11
wildesten und primitivsten in ganz Nordamerika - mit den größten und meisten Mückenschwärmen der Welt."
Wie haben die Indianer hier nur überleben können? fragte sie sich. Sie setzten sich hin und genossen die Mahlzeit, die aus gegrilltem Hähnchen, Kartoffelsalat, Käse und einer Flasche Wein bestand.
Nach dem Essen lehnte Trevor sich entspannt zurück. „Du möchtest wissen, wie die Indianer überlebt haben? Sie haben ihre Kraft aus dem Dasein geschöpft, aus der Sonne, dem Gras und dem Wasser. Lange bevor Columbus landete, wahrscheinlich vor mehr als tausend Jahren lebte hier ein Volk, die Calusas. Sie haben auch diese ,chikees' errichtet, die so gebaut sind, dass sie im Sommer den Luftzug als Ventilation ausnutzen. Im Winter werden sie mit Fellen oder Rinden verhängt, damit der Wind nicht hineinpfeifen kann. Die Everglades bieten ausreichend Nahrung - Fische, Schildkröten, Wild aller Art, Geflügel. Außerdem pflanzten die Calusas Getreide und Hülsenfrüchte an. Aus geriebenen Farnwurzeln haben sie Kuchen gebacken oder ,sofkee' gekocht, eine Art Haferschleimsuppe."
„Du weißt so viel", sagte Linda, „du solltest eine Serie darüber schreiben."
„Nun - vielleicht kann ich dir bei deinen Nachforschungen helfen. Was möchtest du wissen?"
„Leben immer noch Seminolen in diesem unwegsamen und rauen Gebiet? Wir haben in der Schule im Geschichtsunterricht über die Indianerkriege gelesen."
„Eigentlich sind es verschiedene Stämme, die irgendwann unter dem Begriff ‚Seminolen' zusammengefasst worden sind. Während der Indianerkriege sind sie in den Sumpf geflüchtet. Wenn man weiß, was die Weißen unter den Indianern angerichtet haben, ist es nicht verwunderlich, dass die Seminolen den Weißen nicht trauen. Sie haben sich nie ergeben, bis zum heutigen Tage sind sie ein unbezwungenes Volk. Sie haben ihre eigenen Gesetze und ihre eigene Gerichtsbarkeit entsprechend ihren Stammesgesetzen. Jetzt leben ungefähr noch siebenhundert Mikasukis hier, meist in der Nähe der modernen Ortschaften entlang des Tamiami-Trails. Die jungen Leute aber wenden sich leider immer mehr vom Stammesleben ab. Doch sie kommen immer noch zum ,Green Corn-Tanz’, bei dem sich alle Stämme in den Everglades zusammenfinden, dort, wo der weiße Mann nicht hinkommt."
„Was ist das für eine Zeremonie?"
„Das Ganze dauert vier Tage, manchmal auch eine Woche. Die jungen Leute werden von den Alten in die Traditionen und Gebräuche des Stammes eingeweiht. Bei diesem Fest werden auch Gerichtsurteile gefällt und Missetäter bestraft." Trevor erhob sich und klopfte sich die Grashalme von seiner Jeans. „Weiße dürfen fast nie bei einem ,Corn-Tanz' dabei sein. Du kannst dich also glücklich schätzen."
Linda starte ihn an. „Wieso? Ich versteh' nicht."
Trevor ließ seinen Blick intensiv auf ihr ruhen. „Du hast dir die richtige Zeit für einen Ausflug in die Everglades ausgesucht. Die Mikasukis halten in dieser Woche ihren ,Corn-Tanz' ab."
Linda sprang aufgeregt auf. „Heißt das, wir werden eine richtige Seminolen-Zeremonie erleben?" Ihre Augen weiteten sich vor Erstaunen.
„Da du mit mir hier bist - ja."
„Also ist es wahr, was man über dich sagt! Du gehörst zu ihrem Stamm, sonst würdest du es nicht wagen, in ihre Zeremonie hineinzuplatzen!"
Er ging über ihre Bemerkung hinweg, stattdessen sagte er: „Du musst mir allerdings eines versprechen. Ich will dein Ehrenwort, dass du die Kamera nicht benutzen wirst! Wenn ich dich dorthin mitnehme, verlange ich von dir, dass du ihre Gebräuche und ihre Ehrbegriffe respektierst."
„Okay, okay. Aber trotzdem ... stell dir doch nur vor, ich brächte Fotos von einer richtigen Indianerzeremonie mit zurück ..."
„Ehrenwort?"
„Ja, ja - Ehrenwort, Hand aufs Herz - alles, was du willst."
Er funkelte sie an. „Dies ist kein Scherz. Wenn du dich nicht daran halten solltest, führe ich dich vielleicht nicht einmal dem Stammesgericht vor, sondern erteile die Bestrafung selbst."
Sie funkelte zurück. „Das würdest du nicht wagen, Trevor Messano!"
„Wenn du zu viel Ärger machst, lass' ich dich zurücklaufen!"
Sie wurde bleich. „Du weißt ganz genau, dass ich nach kaum dreißig Metern in diesem gottverlassenen Sumpf verloren bin!"
„Dann tust du wohl besser, was ich dir sage! Komm jetzt, steig ein."
Sie fuhren weiter durch die weite Wildnis. Linda konnte sich nicht satt sehen an der wunderbaren tropischen Vegetation und ihrem Tierleben. Sie hörte das Geräusch von
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