Bianca Exklusiv Band 229
auf Lucas’ Gesicht, die sie in jener Nacht gesehen hatte.
„Was ist passiert?“, fragte er beunruhigt. „Ich merke doch, dass etwas nicht stimmt, also streite es jetzt bitte nicht ab.“
Hätte er den Blick nicht auf ihr Gesicht geheftet, hätte er gesehen, was passiert war.
„Meine Fruchtblase ist geplatzt, gerade eben, als ich aufgestanden bin.“
Ihre Beine und ihre Jeans waren klitschnass, ebenso wie ihre Socken und Turnschuhe. Instinktiv wüsste sie, dass das kein gutes Zeichen war. Und sie wusste nun auch – zu spät –, dass dieses Ziehen in Bauch und Rücken, das schon den ganzen Abend kam und ging, mehr bedeutete, als dass sie einfach zu viele Stunden am heißen Grill gestanden hatte.
Einen Moment lang fragte Rebecca sich, ob der Stress, dem sie in letzter Zeit und besonders an diesem Abend ausgesetzt war, der Auslöser dafür sein konnte. Ebenso wie ihre langen Arbeitszeiten im Steakhaus … dabei hatte sie doch nur deswegen so viel gearbeitet, weil sie dem Baby nach seiner Geburt etwas bieten wollte.
Mit anderen Worten: Sie fragte sich, ob nicht vielleicht alles ihre eigene Schuld war.
Vor allem aber empfand sie reine Panik. Sie hatte bereits einen Zwilling verloren und betrauert. Jetzt durfte sie diesen nicht auch noch verlieren.
„Was heißt das, die Fruchtblase ist geplatzt?“, wollte Lucas wissen. „Verdammt, ich weiß, was es heißt …“
„Ich muss ins Krankenhaus.“
Ohne ein weiteres Wort griff er zum Telefon auf dem Schreibtisch und führte in dem Befehlston, den er von der Holding-Gesellschaft her gewohnt war, den Notruf aus. In einem Moment wie diesem wirkte seine Angewohnheit, die Führung zu übernehmen, äußerst beruhigend auf Rebecca.
„In fünfzehn Minuten“, berichtete er, als er das Telefonat beendete. „Du sollst dich bis dahin hinlegen.“
„Bringt das etwas?“
„Es kann jedenfalls nicht schaden.“
„Kannst du vielleicht meine Freundin Carla holen?“, bat Rebecca ihn. „Die rothaarige Kellnerin mit dem Pferdeschwanz. Ich möchte mit ihr reden.“
„Okay. Ich hole sie sofort, sobald wir es dir bequem gemacht haben.“ Lucas’ Mund bewegte sich kaum, während er sprach, und seine Lippen waren zu zwei schmalen Linien geworden. „Wie viele Wochen noch?“
„Vierzehn.“
Dazu sagte er kein Wort, weil es nichts zu sagen gab. Er faltete sein Jackett zu einem behelfsmäßigen Kopfkissen für Rebecca zusammen, und sie legte sich auf den Boden. Er brachte ihr stapelweise Papiertücher, um die klare, harmlos aussehende Flüssigkeit aufzusaugen. Dann verließ er den Raum auf der Suche nach Carla.
Während Lucas fort war, stellte sich noch zwei Mal dieser dumpfe, vielsagende Schmerz in Bauch und Rücken ein und verging langsam wieder. Sie versuchte sich einzureden, dass er nicht jedes Mal stärker wurde.
Aber sie machte sich selbst etwas vor.
Carla kam herein, kniete sich neben sie, stellte einige Fragen und urteilte dann: „Du kannst nichts weiter tun, als auf den Krankenwagen zu warten. Soll ich deine Eltern anrufen?“
„Nein, Carla, bitte noch nicht. Ich will nicht, dass sie sich Sorgen machen.“
„Na gut, wenn du meinst. Ich bleibe bei dir, bis der Krankenwagen kommt.“
„Das ist nicht nötig. Geh nur wieder an die Arbeit. Hier geht es heute zu wie im Taubenschlag.“
„Bist du sicher?“
„Ganz sicher.“
Lucas und Carla begegneten sich in der Tür, beide sahen sehr ernst aus. Im Zimmer sank Lucas neben Rebecca auf die Knie, nahm ihre beiden Hände in seine und murmelte: „Es tut mir leid. Ich hätte dir nicht vorwerfen dürfen, dass du die Fehlgeburt nur inszeniert hast. Dazu hatte ich kein Recht.“
„Das ist jetzt nicht wichtig.“ Aber sie war trotzdem froh, dass er es gesagt hatte.
Er behielt ihre Hände in seinen, und sie stieß ihn nicht fort, weil es nicht der richtige Zeitpunkt dafür war – nicht an diesem Abend, an dem ihr Baby womöglich zur Welt kam und nicht überlebte.
Die Zeit kroch dahin, bis schließlich eine Sirene ertönte. Lucas sprang auf und schoss aus dem Büro.
Einen Moment später erschien Gordie McConnell in der Tür, sein Gesicht war kreidebleich. „Was hat er dir getan? Ich bringe ihn um!“
„Gar nichts.“
„Vielleicht hätten wir doch heiraten sollen. Ich …“
„Ich kann dir versichern, Gordie, dass ich im Moment ganz andere Sorgen habe.“
Er blieb nun in den Türrahmen gestützt stehen, bis die Sanitäter eintrafen und Gordie beiseiteschoben. Sie stellten Rebecca ein paar Fragen,
Weitere Kostenlose Bücher