Bianca Exklusiv Band 229
auf der Entbindungsstation nach Rebecca erkundigen sollte, da ihr Name noch nicht in der Datenbank gespeichert war.
Rebecca war bereits in den Kreißsaal gebracht worden, und Lucas musste einen sterilen Umhang und eine Haube anziehen, bevor er zu ihr durfte.
Betroffen fragte er sie: „Bedeutet es, dass …“
Sie nickte. „Sie werden die Geburt nicht aufhalten. Die Fruchtblase kann sich nicht regenerieren. Das Baby muss jetzt geboren werden, sonst hat es keine Chance zu überleben.“
„Was soll ich tun, Reba? Willst du überhaupt, dass ich hier bin? Oder soll ich wieder gehen?“
Sie schloss eine feuchte Hand um seinen Unterarm. „Ich will, dass du bleibst.“
„Dann bleibe ich auch.“
Seine Gedanken überschlugen sich. Das Herz pochte ihm bis zum Halse, als er sich unwillkürlich die schrecklichsten Szenarien ausmalte. Zärtlichkeit und Angst um Rebecca und das Baby überwältigten ihn und waren stärker als alle Vernunft.
Er spürte, als die nächste Wehe einsetzte, und er wusste, dass sich der Schmerz inzwischen gewaltig gesteigert hatte. „Wie behandeln sie dich?“, fragte er. „Haben sie dir etwas gegen die Schmerzen gegeben?“
„Nein, aber ich will auch nichts, das halte ich schon aus. Das Baby soll nicht zu allem Überfluss auch noch mit Medikamenten vollgepumpt auf die Welt kommen.“
Vermutlich bestand gar keine Notwendigkeit, das zu befürchten. Das Krankenhauspersonal hätte ihr schließlich keine Medikation angeboten, wenn es das Baby gefährdet hätte. Aber Lucas respektierte ihre Einstellung und widersprach nicht. Es war schließlich ihr Körper, nicht seiner.
Ihr Körper – aber ihrer beider Herzen.
Eine Schwester rollte eine Art Frühchen-Notversorgungswagen herein. Lucas wusste nicht, wie er das Ding sonst bezeichnen sollte, aber es sah Furcht einflößend aus, mit all den Instrumenten und Apparaten, und es rief ihm ins Bewusstsein, dass ihr Baby die intensivste Behandlung brauchen würde, die eine hoch technisierte Entbindungsstation zu bieten hatte – sofern es überhaupt lebend zur Welt kam.
Rebecca klammerte sich an seinen Arm, grub ihm die Fingernägel in die Haut. Vage registrierte er, dass ihre Handflächen nicht länger schwielig waren, wie im letzten September.
Plötzlich füllte sich der Raum mit Leuten, die Kittel, Haube und Mundschutz in Blau oder Grün oder Weiß trugen. Sie redeten in medizinischen Kürzeln, die anscheinend allein dazu erfunden worden waren, Lucas im Dunkeln tappen zu lassen. Am liebsten hätte er den Leuten lautstark befohlen, ihn aufzuklären.
Er war es gewohnt, alles unter Kontrolle zu haben, diese furchtbare Hilflosigkeit war ihm völlig fremd.
„Sie machen das großartig, Rebecca“, lobte jemand. „Noch mal. Und noch mal … Ja!“
Hektische Aktivität, weiteres Lob. Ein nasses, talgiges Bündel, unmöglich klein, glitt in die Hände des Arztes – so schnell, dass Lucas nicht einmal das Gesicht sehen konnte.
„Es ist ein Mädchen. Sie haben ein wundervolles Mädchen, Rebecca und Lucas.“
Ein wundervolles Mädchen, das nicht von allein atmete – nach einer Schwangerschaft, die jedes Mal eine dramatische Wende genommen hatte, wenn Lucas anwesend gewesen war. Es schien beinahe, als wollte ihm das Universum eine Botschaft überbringen, die er nicht annehmen wollte.
War es die Strafe dafür, dass seine Einstellung zu diesem Baby bestenfalls ambivalent gewesen war?
Das winzige Baby war sofort zu dem Frühchenwagen in die Ecke des Raumes gebracht worden. Die Rücken des Ärzteteams bildeten eine Barriere, an der Lucas nicht vorbeischauen konnte. Sie sprachen miteinander und auch mit dem Baby. Bedeutete es, dass es lebte?
Lucas’ Augen brannten. Sein Herz und seine Lungen fühlten sich wie gelähmt an. Natürlich atmete das Baby nicht. Bestimmt tat ihm das Atmen genauso weh wie ihm selbst.
Rebecca schluchzte vor Erschöpfung. Sie klammerte sich noch immer an seinen Arm. „Ist alles in Ordnung mit ihr? Sag mir bitte, dass alles in Ordnung ist.“
„Ja!“, rief einer der Ärzte plötzlich. „Braves Mädchen!“
Lucas spürte, wie sich die Atmosphäre im Raum entspannte, aber er traute diesem Eindruck nicht. Das Team arbeitete noch immer sehr hektisch.
Jemand trug Rebecca auf, sanft zu pressen.
Vage wurde Lucas bewusst, dass es um die Nachgeburt gehen musste. Er beugte sich zu ihr. „Geht es dir gut?“
„Wenn es ihr auch gut geht.“ Ihre Stimme klang zittrig und dünn. „Kann ich sie sehen? Wann kann ich sie
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