Bianca Exklusiv Band 243
hob die Augen und ließ dann den Blick über den Vorgarten bis hin zu dem schmalen Streifen Ozean, den er von seinem Haus aus sehen konnte, schweifen. Frühling. Die romantischste oder auch die einsamste Jahreszeit. Das kam ganz auf die Stimmung an. Oder darauf, wie man die Dinge sah.
Der junge Mann lehnte sich an den Türpfosten. Die Veranda war einmal ein wahres Liebesnest gewesen, mit einer Schaukel, auf der dicke Kissen lagen. Solange Adam zurückdenken konnte, hatte diese Schaukel dort gestanden. Seine Eltern mussten sie vor seiner Geburt gekauft haben. Als Adam Besitzer des Hauses geworden war, hatte er vieles geändert, doch die Veranda hatte er stets so gelassen, wie sie schon in seiner Kindheit gewesen war.
Er strich leicht über den hölzernen Rahmen der Schaukel und gab ihr dann einen Schubs. Leicht knirschend schwang sie hin und her. Das bekannte Geräusch ließ ihn an seine Jugendjahre zurückdenken. Damals hatte er viele Freundinnen gehabt, und wenn seine Eltern nicht zu Hause waren, hatte er mit ihnen hier auf dieser Schaukel die ersten Küsse ausgetauscht. Aber das war nur Spaß gewesen. Dann aber war die Geschichte mit Annabelle geschehen. Adams Gedanken kehrten zu jener Nacht vor sechs Jahren zurück …
„Feierst du mit mir?“
Annabelle strahlte über das ganze Gesicht. Sie schwenkte eine Champagnerflasche und lachte laut auf.
Adam warf ihr einen raschen Blick zu. Ja, ich feiere mit dir, wann immer du willst, dachte er.
Er saß auf der Schaukel und schaute in den Vorgarten. Annabelle stand barfuß auf dem Rasen und lächelte immer noch. Noch nie war sie ihm zierlicher und gleichzeitig anziehender erschienen. Er hatte schon fast zwei Stunden auf der Veranda gesessen und nachdenklich in den Himmel geschaut. Es war Vollmond, und das silberne Licht strahlte in der dunklen Nacht.
„Was machst du denn so spät hier draußen?“, fragte er. Seine Stimme hatte einen angenehm warmen Tonfall.
„Ich suche jemanden, der mit mir feiern will. Lia ist schon ins Bett gegangen, weil sie so müde war.“
„Es war bestimmt eine sehr schöne Hochzeit.“ Eine Feststellung, keine Frage. Adam wusste, dass seine Nachbarin den ganzen Tag schwer gearbeitet hatte, da sie gerade ein Geschäft aufgemacht hatte. Ein Geschäft, das sich auf Hochzeiten aller Art spezialisierte. Sie hatte gerade ihren ersten Auftrag abgewickelt, und Adam machte sich die größten Vorwürfe, dass er ihr dabei nicht hatte helfen können. Doch seitdem sein Vater einen schweren Herzinfarkt erlitten hatte, musste er sich um die Wäschereien kümmern, die seine Familie verwaltete.
„Es ist nicht nur gut gegangen, es war fantastisch“, rief die junge Frau aus. Mit der Champagnerflasche, die sie in den Nachthimmel emporhob, sah sie fast aus wie die Freiheitsstatue. Immer noch lachte Annabelle. „Du kannst dir gar nicht vorstellen, was für ein tolles Gefühl das ist. Ich muss unbedingt etwas unternehmen und kann jetzt unmöglich einfach ins Bett gehen. Also bin ich herübergekommen, um zu sehen, ob du Lust hast, ein Glas mit mir zu trinken. Na, wie sieht es aus, ist dir nicht auch nach Feiern zumute?“
„Ob mir nach Feiern zumute ist?“
Annabelle nickte mit dem Kopf.
Nein, eigentlich war ihm gar nicht danach zumute. Doch so allein hier draußen zu sitzen war auch nicht gerade lustig.
Er lächelte seiner Nachbarin schwach zu.
„Hast du denn auch an die Gläser gedacht?“
„Ach, das habe ich ganz vergessen. Ich bin ja so aufgeregt! Aber ich laufe schnell zu mir rüber …“
„Nicht nötig.“ Adam wollte sie nicht mehr gehen lassen. Es war so angenehm, Annabelle in seiner Nähe zu spüren, so sehr sprühte sie vor Lebensfreude.
Annabelle. Seit dem Tod ihrer Eltern waren sie sich immer nähergekommen. Oft schon hatte Adam gedacht, dass diese Freundschaft das einzige sei, was in seinem Leben wirklich zählte. Es hatte ihm niemals viel bedeutet, einen großen Freundeskreis zu haben oder jeden Abend auszugehen, aber er hatte doch Träume und geheime Vorstellungen, die sich leider mit einem Arbeitstag, der oft zwölf bis vierzehn Stunden dauerte, nicht in Einklang bringen ließen.
Sein Großvater hatte die Firma gegründet und sein Vater hatte das Geschäft in harter Arbeit ausgeweitet. Sie besaßen bereits zwei Wäschereien und wollten nun einen dritten Laden aufmachen. Vorausgesetzt, Adam würde sich voll in dem Geschäft einsetzen. Drei Generationen von Wäschereibesitzern, das war der Traum von Adams Vater. Aber
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