Bianca Exklusiv Band 243
gleichzeitig war es auch Adams Albtraum.
Mit Annabelle konnte er spaßen und lachen, ohne sich dabei albern vorzukommen. Und manchmal tat es einfach gut, mit ihr zu schweigen, wenn sie traurig war und sich an seiner Schulter ausweinte. Adam war sehr dankbar für diese Freundschaft, und natürlich würde er heute Abend mit ihr feiern, auch wenn ihm eigentlich nicht danach war.
„Komm her“, sagte er freundlich und zeigte auf den freien Platz neben sich.
Schüchtern lächelte Annabelle ihm zu, als sie die wenigen Treppenstufen zu der Veranda hochstieg. Das helle, dünne Sommerkleid flatterte lustig im Abendwind und umspielte ihre schlanken Beine.
Adam saß in der Mitte der Schaukel, als Annabelle auf ihn zukam. Natürlich hätte er zur Seite rücken sollen, als sie sich setzte, doch tat er es nicht. Deshalb berührten sie sich leicht, als Annabelle Platz nahm.
„Worauf trinken wir?“ Die Stimme der jungen Nachbarin klang sanft und weich. Wie eine zarte Melodie.
Er lächelte sie an, während er ihr die Flasche aus der Hand nahm. Dabei betrachtete er lange ihre schmalen, eleganten Finger. Ob sie sich wohl warm anfühlten? fragte er sich, und der Gedanke überraschte ihn. Er versuchte, ihn zu verscheuchen, indem er sich daranmachte, die Flasche zu öffnen. Oft schon hatte er gedacht, dass Annabelle eine reizende junge Frau sei. Sie war eine Freundin, nicht eine Bekannte, die man für eine Nacht verführte. Es war eine Frage des Anstandes. Und das war bisher nicht immer seine starke Seite gewesen.
Annabelle war da ganz anders. Adam hatte noch nie jemanden kennengelernt, für den Anstand eine so große Rolle spielte. Nach dem Tode ihrer Eltern hatte sie die Schule verlassen, um sich ganz um die Erziehung ihrer jüngeren Schwester zu kümmern. Und das hatte sie stets mit einer Opferbereitschaft und Hingabe getan, die Adam nur bewundern konnte. Er selbst hatte vor fünf Jahren die Hochschule abgeschlossen und arbeitete seitdem in der Firma seines Vaters. Doch hatte er mehr und mehr das Gefühl, dort zu ersticken. Und das lag nicht nur an den langen Arbeitstagen.
Adam machte den Draht ab, der den Korken festhielt. Dann drehte er die Flasche von sich weg und schüttelte leicht. Schon ertönte das unverkennbare Plopp , mit der der Korken herausflog.
„Auf deinen Erfolg, Annabelle. Du hast es wirklich verdient.“
Er konnte den Blick einfach nicht von ihr abwenden. Annabelle hatte die Lippen leicht geöffnet. Nach seiner kurzen Ansprache hob der junge Mann die Flasche, nickte der schönen, scheu lächelnden Nachbarin zu und nahm einen langen Schluck.
Wieder sah er zu ihr hinüber. Sie strich sich langsam mit der Zunge über die Lippen. Als Adam ihr die Flasche reichte, zögerte sie kurz, nickte dann und griff beherzt zu.
Nachdem sie einen kleinen Schluck genommen hatte, setzte sie erstaunt ab und legte sich eine Hand auf den Mund.
„Das schäumt und prickelt ja immer noch ganz schön.“
„Genauso wie du.“
Annabelle sah erst verblüfft aus, dann geschmeichelt, und schließlich wurde sie knallrot.
Schweigend reichte sie ihm die Flasche zurück. Sie tranken ein wenig, schauten in die Dunkelheit hinaus und hörten auf die nächtlichen Geräusche. Vor allem freuten sie sich darüber, sich so nah wie nie zuvor zu sein. Es war ein ganz neues, aufregendes Gefühl.
Auf einmal hatte Adam den Eindruck, dass Annabelle etwas sagen wollte, aber nicht recht wusste, wie sie beginnen konnte. Ihr nachdenklicher Blick beunruhigte ihn.
„Du bist so ein wunderbarer Freund, Adam.“ Ihr Stimme war leicht, fast ein Flüstern.
„Ich hätte dir gern bei der Veranstaltung heute mehr geholfen, aber …“
„Nein, es ist schon gut“, gab sie hastig zurück. „Alles ist gut gegangen. Perfekt sogar. Und du hast doch so viel zu tun.“ Sie warf ihm ein verständnisvolles Lächeln zu. „Aber ich habe dich in den letzten Monaten kaum gesehen.“
Adam hatte ein schlechtes Gewissen deswegen. Die wenige freie Zeit, die ihm die Arbeit gelassen hatte, hatte er in einer kleinen Werft verbracht, die nicht weit entfernt lag. Dort hatte er an einem Segelboot gebastelt, in der Hoffnung, es eines Tages wieder seetüchtig zu machen und damit um die Welt zu reisen. Denn das war sein größter Traum.
„Ich wollte morgen bei dir vorbeikommen, um zu sehen, ob du etwas brauchst.“ Er schaute sie nachdenklich an. „Was auch immer das sein mag.“
„Mir fehlt nichts“, murmelte sie und senkte den Blick.
„Wie sieht es mit dem Geld
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