Bianca Exklusiv Band 87
nur etwas von der Anziehungskraft des Mannes besaß, der ihr auf dem See den Kopf verdreht hatte, musste er faszinierend sein.
„Renzo hat mir sogar einen Ring gekauft”, fuhr Selina fort. „Sieh mal.”
Erst jetzt bemerkte Lucy den protzigen Diamantring am Finger ihrer Schwester. Der Stein musste ein Vermögen gekostet haben.
„Du bist verlobt?” fragte sie betroffen. „Ist das nicht ein bisschen übereilt, Liebes? In so kurzer Zeit kannst du den Mann doch gar nicht richtig kennen lernen. Hast du dir das auch gut überlegt? Du handelst immer viel zu impulsiv. Verliebtsein allein genügt für eine Ehe noch lange nicht. Man muss auch vieles gemeinsam haben.”
„Du hast unsere unterschiedliche Herkunft vergessen”, entgegnete Selina schmollend.
„Nein. Das ist nicht so wichtig, wenn alles andere stimmt. Sagtest du nicht, Renzos Bruder sei unsympathisch …”
„Er ist fies! Massimo hat sich immer gegen Renzo gestellt. Und genau hier kommst du ins Spiel, Lucy. Auf dich, mit deiner netten, altjüngferlichen Art, wird er hören.”
„Vielen Dank”, erwiderte Lucy pikiert.
„Aber es ist nun mal so.” Selina warf ihre Locken zurück. „Er mag mich nicht und glaubt, ich sei auf einen reichen Mann aus. Leider hat er die Kontrolle über die Finanzen der Familie, und ohne seine Zustimmung hat Renzo weder Geld noch ein Dach über dem Kopf. Ich habe sogar versucht, Renzo zu verführen, um Massimo dazu zu bringen, sich mit mir abzufinden, aber mein goldiger Liebling war schockiert und meinte, seine Braut müsse in der Hochzeitsnacht noch Jungfrau sein.”
Lucy ließ den Schuh fallen, den sie in der Hand hielt. „Willst du damit sagen …” Ihr versagte die Stimme. Soweit sie wusste, war Selina zu Hause alles andere als prüde gewesen.
Ihre Schwester schien zu wissen, was sie dachte. „Ich wollte Spaß haben, aber so weit bin ich nun doch nicht gegangen”, gestand Selina verlegen. „Ich bin noch Jungfrau und bin stolz darauf. Aber Renzo und ich können nicht mehr warten. Wir lieben uns so sehr, dass wir es nicht mehr aushalten. Deshalb wollen wir so schnell wie möglich heiraten.”
Lucy überlegte. „Eine längere Verlobungszeit würde euch helfen herauszufinden, ob ihr wirklich zueinander passt. Ich komme morgen mit dir und spreche mit Mazzardi.”
„Nein!” Selina packte sie entsetzt bei den Schultern. „Ich will Renzo sofort heiraten, ehe Mazzardi dazwischenfunkt.”
„Was ist los, Liebes?” Lucy sprach beruhigend auf ihre Schwester ein. „Wovor hast du Angst?”
Selina warf sich aufstöhnend auf das Bett und begann hysterisch zu schluchzen. Sie beruhigte sich erst ein wenig, als Lucy sich zu ihr setzte und sie liebevoll in die Arme nahm.
„Er ist ein Ungeheuer! Ein Snob! Flittchen hat er mich genannt! Er behauptet, mich nach einem Stelldichein mit einem seiner Bootsleute in einem beschämenden Aufzug gesehen zu haben. Es war doch nicht meine Schuld, Lucy, dass der Mann mehr wollte als nur Händchen halten. Ich hatte meine liebe Mühe, ihn abzuwehren, und sah hinterher fürchterlich aus. Aber Mazzardi wollte mir meine Erklärung nicht abnehmen.”
„Auf mich wird er hören.” Lucy war empört. „Ich werde ihn mir vornehmen. Wenn er denkt…”
„Tu, was du willst, aber wir brauchen Geld, um fortgehen zu können. Sicher könnte ich Renzo dazu bringen, mit mir zu schlafen. Als Ehrenmann müsste er mich dann heiraten, und Mazzardi müsste das schlucken.”
„Überrumpelung ist nicht der richtige Weg”, entschied Lucy.
„Ein anderer bleibt mir doch gar nicht”, fuhr Selina auf. „Du weißt ja nicht, wie es ist, wach zu liegen und sich nach einem Mann zu sehnen!”
Lucy drückte ihre Schwester an sich. „Hat Renzos Bruder vielleicht selbst Interesse an dir?”
„Der? Massimo Mazzardi ist aus Stein. Er hat durch mich hindurchgesehen, als ich ihm bei unserer ersten Begegnung schöne Augen machte.”
„Du bist unmöglich!”
„Nun ja, er ist wirklich ein Bild von einem Mann”, gestand Selina. „Aber Renzo ist süß. Kein Wunder, dass alle ihn mögen und dass die Familie Massimo damals rausgeworfen hat.”
Lucy ließ sich nicht vom Thema abbringen. „Du hast mich also hergeholt, damit ich dir Geld zum Durchbrennen gebe und bei einem tyrannischen Italiener ein gutes Wort für dich einlege, der bösartig, kalt und bei allen verhasst ist?”
„So ungefähr.”
Die Schwestern einigten sich, dass Selina an diesem Tag nicht zur Arbeit zurückkehren würde. Lucy packte den
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