Bianca Exklusiv Band 87
mir trinken?”
Lucy zögerte. „Aber nur ein Glas”, gab sie schließlich nach.
Der Fremde lächelte. „Wir machen Fortschritte. Kommen Sie, Madonna.” Er ergriff ihre Hand und führte sie auf die Restaurantterrasse hinaus. Es war ein lauer Abend, und die Kerzen auf den Tischen tauchten alles in ein romantisches Licht.
„Wir haben einen Tisch an der Balustrade”, sagte der Fremde leise. „Dort drüben, direkt am See.”
Sie nahmen unter einem blühenden Oleanderbaum Platz. Verträumt nahm Lucy die Schönheit ihrer Umgebung in sich auf. Das Spiel der flackernden Lichter auf dem silberglänzenden See faszinierte sie, und sie lächelte glücklich.
„Soll ich Sie weiterhin Madonna nennen?” neckte der Fremde sie.
„Ich heiße Lucy.”
„Max. Auf Ihre Augen, Lucy.” Er hob sein Glas.
Sie nippte von dem perlenden Getränk. Moet et Chandon. Echter französischer Champagner, kein Schaumwein! Das Märchen begann von neuem.
„Seien Sie auf der Hut”, warnte Max.
„Wovor?”
„Dass man Sie nicht des Diebstahls bezichtigt. Also machen Sie Ihre schönen Augen ganz schnell zu.”
Lucy lachte. „Sie sind verrückt.”
„Das weiß ich. Niemand, der mich kennt, würde das hier für möglich halten. Man könnte glauben, Sie hätten die Sterne vom Himmel gestohlen und sie in Ihre Augen gestreut. Sie bringen mich um den Verstand.”
„Ich glaube, ich sollte jetzt gehen”, erklärte Lucy widerstrebend und stellte das Glas ab. Die Situation wurde ihr zu gefährlich, und die Schmeicheleien begannen ihr zu Kopf zu steigen.
„Bitten Sie Ihre Schwester, uns Gesellschaft zu leisten”, schlug Max vor.
„Nein. Sie möchte sich ausruhen.” Lucy ärgerte sich über sich selbst. Jetzt hatte sie keinen Vorwand mehr, Max’ Einladung zum Essen abzulehnen.
Er legte ihr sanft den Finger unter das Kinn, so dass sie gezwungen war, ihn anzusehen. „Haben Sie etwas gegen mich, Lucy?”
Sie schüttelte den Kopf.
Max winkte den Kellner herbei. „Werfen Sie einen Blick auf die Speisekarte, Lucy”, drängte er. „Die Pasta hier ist unübertrefflich.”
Die Preise auch, dachte Lucy entsetzt, als sie die Karte aufschlug. Max hatte schon viel zu viel für den Champagner ausgegeben, und das zweifellos nur, um sie zu beeindrucken. Dabei tat er ohnehin schon mehr, als ihr lieb war.
„Also gut”, lenkte Lucy ein. „Aber ich nehme ganz bestimmt nur eine Vorspeise.”
„Wollen Sie mir nicht beim Feiern helfen? Ich habe … lange darauf gespart.”
„Feiern? Haben Sie Geburtstag? Ich auch bald.”
„Nein … aber so etwas Ähnliches”, erwiderte Max ausweichend. „Ich habe etwas gefunden, das ich verloren geglaubt hatte”, setzte er hinzu. „Etwas sehr Kostbares, Seltenes.”
„Ein Familienerbstück?” Lucy konnte sich nicht vorstellen, dass er andere Wertgegenstände besaß.
Max dachte einen Augenblick nach und antwortete: „Ja. Das könnte man sagen.”
Lucy strahlte. „Also gut. Wenn Sie unbedingt wollen …”
„Vergessen wir die Sterne”, sagte Max leise. „Jetzt bricht die Sonne durch.”
Sonne? Lucy wusste nur, dass ihr Herz heftig pochte, dass sie am Rand eines Abgrunds stand und ein Schritt genügte, um sie aus ihrer geordneten Welt zu reißen.
„Bitte nicht”, flüsterte sie.
Max zog seine Hand widerstrebend zurück. „Das Dumme ist, ich weiß, was ich will, Sie nicht”, bemerkte er eindringlich.
„O doch! Zuppa verdura mit Fisch und danach vielleicht den Lavaret”, sagte Lucy, nachdem sie sich die englische Übersetzung auf der Karte angesehen hatte.
Max’ Augen leuchteten auf. Das Eis war gebrochen. Auf einen Wink erschien der Kellner sofort wieder. Er imponiert also auch anderen, dachte Lucy. Während Max bestellte, betrachtete sie ihn verstohlen. Seine Züge wirkten jetzt entspannter, heiterer, aber vielleicht lag das auch an dem sanften Kerzenschein. Sein glattes Haar, die Brauen und Wimpern waren pechschwarz, und auch seine braunen Augen wirkten in der nächtlichen Beleuchtung samtig schwarz.
Vom anderen Seeufer tönte Glockengeläut herüber. Lucy blickte verträumt zu Mazzardis in Flutlicht getauchter Insel, auf der das „Ave Maria” erklang. Versonnen faltete Lucy die Hände und lauschte, bis die letzten Töne verklungen waren.
Max hatte sie stumm beobachtet. Jetzt nahm er Lucys Hände und betrachtete die Spuren der ständigen Hausarbeit. Er ließ sich dabei auch nicht stören, als der Kellner mit der Suppe erschien.
„Wollen Sie mich verhungern lassen?”
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