Bianca Exklusiv Band 87
Bündel Geldscheine in die Tasche. „Gehen Sie! So verschwinden Sie schon!”
7. KAPITEL
Lucy wandte sich verstört ab und begann zu rennen. Sie hatte Max fast von ihrer Unschuld überzeugt, und jetzt hatte sie mit ihrer Bitte um Geld alles verdorben.
Atemlos erreichte sie die Anlegestelle. „Isola dei Pescatori!” dröhnte eine Stimme über den Lautsprecher. Lucy bahnte sich hastig einen Weg zwischen den Urlaubern hindurch. Die Überfahrt war kurz. Es dauerte nicht lange, und sie stand vor dem Hotel Borromeo.
„Ah, guten Tag, Miss Parish”, strahlte der Patrone, als sie zögernd die Eingangshalle betrat. „Wir haben schon gedacht, Sie sind fort. In Ihrem Zimmer waren keine Kleider, keine Waschsachen.”
„Oh!” Lucy hatte nicht daran gedacht, dass die Zimmermädchen das bemerken mussten.
„Ich … arbeite für Signore Mazzardi”, erklärte sie. „Ich bin gestern Abend hinübergezogen.” Zum Glück entsprach das der Wahrheit. „Wenn Nachrichten für mich kommen … Telefonanrufe oder Post, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie sie zur Insel weiterleiten könnten.”
„Ja, ja, ich gern tun. Gut. Sehr gut.” Der Patrone deutete auf ihre Uniform. „Ich kennen. Sie jetzt Rechnung?”
„Nein, das heißt …” Lucy war es nicht gewöhnt, um Zahlungsaufschub zu bitten. „Ich kann sie jetzt noch nicht bezahlen”, gestand sie verlegen. „Erst, wenn ich mein Gehalt bekomme.”
Das Lächeln verschwand, und der Mann runzelte die Stirn. „Sie zahlen.”
Lucy überlegte blitzschnell. „Natürlich bezahle ich die Rechnung, das verspreche ich Ihnen. Mein … Geld ist noch nicht da”, fuhr sie mit unsicherer Stimme fort. „Aber es muss bald kommen.”
Der Mann spitzte die Lippen und betrachtete ihre traurige Miene. Endlich entschied er: „Sie aussehen ehrlich. Ich zornig, aber ich sehen, Sie unglücklich. Schütteln Hände, ja?”
Lucy nickte benommen. Die Freundlichkeit des Mannes beschämte sie. Wie konnte Selina ihr das nur antun? „Vielleicht kann ich meine Schulden eher bezahlen, wenn ich für Sie arbeite”, schlug Lucy vor. „Haben Sie einen Abendjob für mich?”
Der Mann schüttelte bedauernd den Kopf. „Ich nix haben. Sie gehen dort.” Er deutete auf einen Weg, der am Seeufer entlangführte. „Cafés. Sie gehen.”
Das Telefon klingelte, und er nickte ihr ein paar Mal zu, während er in raschem Italienisch in den Hörer sprach. Also blieb Lucy nichts anderes übrig, als es anderswo zu versuchen.
Entlang des Ufers, wo die Fähren anlegten, gab es kleine, farbenfrohe Trattorias, die wie kleine Piers in den See hinausragten und den Gästen malerische Ausblicke auf die schimmernden Berge und den belebten See boten. Als Lucy alle bis auf die letzten beiden Cafés abgeklappert hatte, war ihr heiß und die Zeit wurde’ knapp.
Doch dann hatte sie Glück. Ein Restaurantbesitzer brauchte eine Kellnerin und Tellerwäscherin. Niemand schien es zu stören, dass sie kein Italienisch sprach, vermutlich, weil die Kundschaft international und die Speisekarte sowieso in drei Sprachen gedruckt war. Wenn Lucy Überstunden machte und die Trinkgelder gut ausfielen, konnte sie die Hotelrechnung bald bezahlen.
Während der Rückfahrt mit der Fähre versuchte Lucy nicht an die schlimmen Zeiten zu denken, die ihr bevorstanden. Neben ihrer Arbeit als Schlossführerin für Max Mazzardi würde sie nun auch noch in dem Restaurant bis in die frühen Morgenstunden antreten müssen. Nur gut, dass sie zäh und ausdauernd war. Lucy seufzte. Zu Hause hatte sie immerhin Gelegenheit gehabt, öfters im Sitzen zu arbeiten, und sie ging meistens frühzeitig ins Bett. Aber wenn sie Glück hatte, würde der Albtraum nicht allzu lange dauern. Selina musste doch aufgehen, in was für eine Situation sie ihre Schwester gebracht hatte, und dann würde sie das Geld sicher zurückschicken.
Es war inzwischen spät geworden. Zu spät, um noch etwas essen zu können. Die Arbeitssuche hatte länger gedauert, als Lucy erwartet hatte. Sie saß unter dem schattigen Verdeck des Bootes, das zur Isola Mazzardi zurückkehrte, und versuchte sich einzureden, dass Grübeln sie auch nicht weiterbrachte. Es war heiß, und die Uniform klebte ihr am Körper. Lucy öffnete den obersten Knopf, um sich vom Fahrwind ein wenig Kühlung zufächeln zu lassen.
Atemlos rannte Lucy die Stufen zum Ausgangspunkt der Besichtigungen und musste feststellen, dass die erste Nachmittagsführung bereits begonnen hatte. Max entdeckte sie, sobald sie die Gruppe
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