Bianca Exklusiv Band 87
getan?
Während des Fischgangs hüllte Lucy sich in Schweigen und aß nur wenig. Schließlich blickte sie auf die Uhr und entschied, dass sie den Nachtisch ausfallen lassen musste. Die Arbeit rief. Ihr blieb keine Zeit mehr, über Max, Renzo und ihre Schwester nachzudenken. Jetzt galt es, sich Geld zu borgen, um nach Pescatori fahren zu können.
„Jed”, wisperte sie und beugte sich zu ihm hinüber.
„Ja?” Er lächelte verschwörerisch.
„Ich … brauche Geld für die Fähre nach Pescatori. Ich habe dort im Hotel gewohnt und …” Sie verzichtete auf weitere Erklärungen. „Es fällt mir schwer, Sie darum zu bitten, aber ich gebe es Ihnen morgen früh zurück.”
„Kein Problem”, erklärte Jed prompt und suchte in seinen Hosentaschen. „Sind Sie sicher, dass Sie nicht mehr brauchen?”
„Nein, Jed.” Lucy schenkte ihm ihr schönstes Lächeln. „Ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar, dass Sie mir aushelfen.”
„Nicht der Rede wert.” Jed tätschelte ihre Hand.
„Das ist sehr lieb von Ihnen. Danke. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, sonst komme ich zu spät”, flüsterte Lucy. „Bis morgen.”
Als sie durch die Halle ging, hörte sie Schritte hinter sich. Ein Blick über die Schulter bestätigte Lucy, was sie befürchtet hatte. Max folgte ihr. Sie begann zu rennen, und ihre Absätze klapperten laut auf dem Marmorboden. An der Eingangstür holte Max sie ein.
„Einen Moment.” Er stemmte die Hände rechts und links von Lucy gegen die Tür, so dass sie gefangen war. „Was geht zwischen Ihnen und Jed vor?”
„Wie bitte?” Lucy blickte ihn erstaunt an.
„Ich habe gesehen, wie er mit Ihnen geflirtet hat”, sagte Max drohend. „Seit Ihre Schwester hier war, habe ich so viel Intimität bei Tisch nicht mehr erlebt. Und was zum Teufel tat Jed mit den Händen unter dem Tisch?”
Lucy überlegte kurz. Was immer sie jetzt sagte, würde Max gegen sie verwenden. Aber ohne Erklärungen würde er sie nicht ziehen lassen, und sie müsste gehen, sonst kam sie zu spät.
„Ich habe keine Ahnung, was Sie meinen”, erwiderte sie kühl. „Wir haben uns nur unterhalten …”
„Es sah eher wie küssen aus, so nah kam er Ihnen”, zischte Max.
Lucy schüttelte den Kopf und erwiderte: „Er hat mir etwas Vertrauliches erzählt …”
„Etwa, wo sein Zimmer ist?”
„ Natürlich nicht!”
„Was dann?”
„Ich sagte Ihnen doch schon, es war vertraulich.”
„Haben Sie wieder versucht, sich Geld zu pumpen? Kommt der Kuss später, oder war die Anleihe mehr wert?”
Lucy war so wütend, dass sie ihn ohrfeigen wollte, aber Max war schneller und packte ihre Hand. „Ich will wissen, was unter meinem Dach vorgeht. Sind Sie auf dem Weg zu Jeds Zimmer? Ja oder nein?”
„Nein. Ich fahre nach Pescatori.”
„Was wollen Sie dort? Wen haben Sie mittags kennen gelernt? Waren Sie deshalb erst so spät zurück … und so zerzaust?”
„Sie haben eine blühende Fantasie! Nein, ich habe niemanden kennen gelernt. Ich habe mich nur abgehetzt, damit ein gewisser unduldsamer Tyrann mich nicht anschreit, wenn ich zu spät komme. Sie müssen mir glauben … was Sie mir unterstellen, ist nicht meine Art.”
„Warum sollte ich Ihnen glauben? Ich habe doch selbst erlebt, wie Sie einen Bootsmann kennen lernten und durchaus bereit waren, abends mit ihm einen Drink zu nehmen.”
„Das … war etwas anderes.”
Max lachte hart auf. „Ich weiß auch nicht, warum ich mich so aufrege. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Abend.” Er lächelte zynisch. „Versuchen Sie, nicht zu verschlafen. Das Frühstück ist um halb acht, und zwar pünktlich!”
„Ich werde da sein.” Lucy hob stolz den Kopf und griff nach der Klinke.
„Ich bewundere Ihr Durchhaltevermögen”, bemerkte Max. Lucy blickte ihn hilflos an. Es tat ihr weh, dass er so schlecht von ihr dachte.
„Sehen Sie mich nicht so an”, knurrte Max.
Lucy seufzte unglücklich und verließ eiligst den Palazzo. Hinter sich hörte sie die Tür krachend ins Schloss fallen.
8. KAPITEL
Es war drei Uhr morgens, als Lucy zur Isola Mazzardi zurückkehrte. Den ganzen Abend über hatte sie sich Mühe gegeben, ihre Arbeit gutzumachen und liebenswürdig zu den Gästen zu sein, da sie auf die Trinkgelder angewiesen war. Ihre Füße schmerzten vom stundenlangen Herumlaufen in den hochhackigen Schuhen, und sie war so erschöpft, dass sie keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte. Um das Maß voll zu machen, musste sie zum Schluss auch noch eine ganze Stunde
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