Bianca Exklusiv Band 87
auf die Fähre warten.
Und all das hatte sie Selina zu verdanken.
Lucys Füße wollten nicht mehr, als sie schleppend die Stufen erklomm. Ab und zu blieb sie stehen, um sich auszuruhen. Selinas eng anliegendes Kleid war bei den Gästen gut angekommen, aber es störte Lucy, dass ihr Gang dadurch leicht wiegend wirkte. Jetzt, beim Treppensteigen, hob sie den Rock bis über die Knie an, um sich ungehinderter bewegen zu können. Ihr Nacken war verkrampft. Sie zog sich das Band aus dem Haar und massierte sich erleichtert den steifen Hals.
Als sie um die Ecke bog, entdeckte sie Max Mazzardi oben auf dem Treppenabsatz. Er wirkte groß und bedrohlich. Auch das noch! Lucys Knie gaben nach, und sie ließ sich gesenkten Kopfes auf die nächste Stufe sinken. Ihr Haar fiel ihr über das Gesicht, und sie hörte, wie Max unaufhaltsam zu ihr herabstieg.
Einen langen Augenblick stand er neben ihr und sagte kein Wort. Doch an der Art, wie er atmete, erkannte sie, dass er zornig war. Lucy wartete auf den Ausbruch, der jetzt kommen musste. Zwar ging es Max nichts an, was sie in ihrer Freizeit tat, aber sie hatte einfach nicht mehr die Kraft, sich gegen seine Anschuldigungen zu wehren. Sie wollte nur noch schlafen.
„Er war ein bisschen zu stürmisch für Sie, nicht wahr?” fragte Max leise.
Die Unterstellung tat weh. Lucy antwortete nicht und zitterte vor Erschöpfung.
„Kommen Sie.”
»Lucy hob matt den Kopf und ergriff Max’ ausgestreckte Hand. Er half ihr auf, aber sie war so schwach, dass sie halb gegen ihn fiel. Max packte sie bei den Schultern und hielt sie etwas von sich ab, als könne er es nicht ertragen, ihr nah zu sein. Durch die Bewegung rutschte das Kleid von Lucys Schulter. Max sog scharf die Luft ein, als ihre nackte Haut im Mondlicht aufschimmerte.
Er legte ihr den Arm um die Taille und führte sie langsam nach oben. „Einen Moment”, sagte sie leise und holte eine Hand voll Münzen aus der Tasche. „Das schulde ich Ihnen”, setzte sie hinzu und reichte Max das Geld.
„Sie …!” Er fegte die Münzen zu Boden. Dann verstärkte er den Griff um Lucys Taille und zog sie weiter mit sich fort. Lucy war im ersten Moment verwirrt über seine Reaktion, doch dann begriff sie. Er dachte, sie hätte das Geld von einem Mann bekommen. Er dachte, sie hätte …
Samtene Schwärze umgab Lucy und erlöste sie von den Schrecken der letzten Tage. Eine angenehme Wärme hüllte sie ein, aber dieses Gefühl dauerte nicht lange.
Lucy öffnete die Augen und stellte fest, dass sie in ihrem Zimmer war. Die Sichel des Mondes warf ein schwaches Licht auf das Bett. Aufstöhnend drehte Lucy sich um und schrie auf, als sie die schemenhafte Gestalt erkannte, die sich über sie beugte.
„Seien Sie still! Ich bin’s”, flüsterte Max und setzte sich wieder auf den Stuhl, den er sich ans Bett gezogen hatte.
„Ein schwacher Trost”, sagte Lucy matt. Benommen fuhr sie sich über das Gesicht und hielt inne. Entsetzt fiel ihr ein, dass sie in Max’ Armen ohnmächtig geworden war … und jetzt lag sie im Bett … in ihrer Unterwäsche! „Wer … hat mich hierher gebracht?” flüsterte sie.
„Ich.”
Lucy kroch tiefer unter die Decke, als könne sie damit ungeschehen machen, dass Max sie halb nackt gesehen hatte. „Wie können Sie es wagen, mich auszuziehen”, flüsterte sie hilflos.
„Es war kein Vergnügen, das kann ich Ihnen versichern”, brummte Max. „Und jetzt hören Sie mir gut zu. Ich gebe Ihnen einen Rat, den gleichen wie Selina.”
„Behalten Sie ihn für sich”, stöhnte Lucy und rollte sich auf die Seite. „Ich will schlafen.”
Sie zuckte zusammen, als Max sie erbarmungslos wieder zu sich herumdrehte. „Noch nicht”, erklärte er hart. „Erst hören Sie mir zu. Und hören Sie auf, sich wie ein Flittchen zu benehmen. Es scheint Ihnen nicht bewusst zu sein, wie sehr Sie sich abwerten. Im Grunde sind Sie eine anständige Frau, und diese Abenteuer für eine Nacht passen nicht zu Ihnen. Hören Sie endlich auf, die Kerze an beiden Enden anzuzünden! Es ist schrecklich zuzusehen, wie eine Frau sich so wegwirft.”
„Gehen Sie endlich”, bat Lucy, weil sich alles vor ihr drehte, Max zwang sie, sich aufzusetzen, so dass die Decke von ihren Schultern glitt und der Büstenhalter verrutschte. Entsetzt bemerkte Lucy, dass Max ihre nackten Brüste betrachtete, und sie bedeckte sie hastig.
„Der Himmel möge mir verzeihen, aber ich begehre dich!” stöhnte er auf. Im nächsten Augenblick hatte Max das Zimmer
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