Bianca Exklusiv Band 87
verlassen und die Tür hinter sich zugeschlagen.
Verstört rollte Lucy sich zusammen und starrte in die Dunkelheit. Sie begehrte Max auch. Alles in ihr sehnte sich nach ihm. Max war der erste Mann, der ihre Sinnlichkeit geweckt hatte. Sie wünschte sich nichts mehr, als dass er sie in die Arme zog, sie küsste und sie nahm …
Lucy stöhnte gequält auf. In diesem Augenblick erkannte sie, dass sie Max liebte … genauso wie Selina sich in seinen Bruder verliebt hatte. Jetzt verstand sie ihre Schwester. Wenn man liebte, war man voller Sehnsucht und Verlangen und bereit, die verrücktesten Dinge zu tun.
Lucy blickte auf die Uhr. Fast fünf. Ihr blieben noch zwei Stunden zum Schlafen. Trotz ihrer Erschöpfung fasste sie einen Entschluss. Am Morgen würde sie Max alles erzählen. Alles, bis auf die Tatsache, dass sie ihn liebte. Wenn sie ihm das gestand, war sie ihm ausgeliefert.
„Wo ist Max?” fragte Lucy leise, als sie und Jed ihre Teller mit Rührei und Speck auf die Terrasse trugen. Trotz ihrer Müdigkeit war ihr nicht entgangen, dass Max fehlte.
„Keine Angst, es wird schon schief gehen”, neckte Jed.
„Wie meinst du das?”
„Nun, ich dachte, du seist wegen der Arbeit in Panik. Hast du die Stundenpläne drinnen an der Wand nicht gesehen?” Sie hatten sich auf das kameradschaftliche Du geeinigt. „Du hast die erste Führung um neun. Das bedeutet, dass du um fünf fertig bist. Je öfter man es macht, umso leichter wird es. Wenn du etwas vergisst, kannst du ja immer noch die Broschüre zu Hilfe nehmen.”
„Ist Max nicht da?” beharrte Lucy.
„Nein. Er ist nach Mailand gefahren. Anscheinend hat er dort geschäftlich zu tun.”
Lucy trank erleichtert den starken Kaffee. Also würde Max ihre ersten Schritte als Schlossführerin nicht miterleben, und mit dem Geständnis hatte es noch ein Weilchen Zeit.
Den ganzen Tag über arbeitete sie angestrengt und entwickelte ihre eigene Art, den Besuchern den Palazzo und die Familie Mazzardi näher zu bringen. Dabei hatte sie gegen die Müdigkeit anzukämpfen, die sie immer wieder überkam.
In der Mittagspause fuhr Lucy zum Hotel und bezahlte einen Teil ihrer Schulden. Beim Abendessen reagierte sie geistesabwesend auf Jeds Geplauder und wünschte, sie könnte Max endlich alles beichten.
An diesem Abend kam sie in dem Restaurant gut zurecht, aber sie war wieder total erschöpft, als sie die Stufen zu ihrem Zimmer erstieg. Plötzlich hörte sie Max’ Stimme unter sich, aber sie blieb nicht stehen.
„Ah, die Nachteule”, höhnte er. „War die Arbeit schwer?” Lucy ballte die Hände zu Fäusten und zwang sich, ruhig zu bleiben. Jetzt war nicht der richtige Augenblick, um mit Max zu sprechen. Sie war zu müde und hatte nur noch das Bedürfnis zu schlafen.
Am Morgen machte Lucy sich sorgfältig zurecht, um Max keinen Grund zur Beanstandung ihres Aussehens zu geben. Beim Frühstück aß sie nur wenig, weil sich ihr bei der Vorstellung, dass Max sie bei den Führungen beobachten wollte, der Magen verkrampfte.
Er erschien jedoch nicht, so dass Lucy ihn vor der ersten Führung nicht sprechen konnte. Also machte sie sich an die Arbeit. Doch als sie Max etwas später in der hintersten Reihe der Gruppe erkannte, bekam sie Herzflattern.
Trotz ihrer Erschöpfung machte Lucy ihre Sache gut; obwohl sie ein, zwei Mal nahe daran war, die Geduld zu verlieren. Einige Besucher ließen ihren Kindern jede Freiheit, und bei jeder Bewegung, jedem Wort fühlte Lucy Max’ kühlen Blick auf sich gerichtet. Er wartete offenbar nur darauf, dass sie einen Fehler machte.
Drei lange, aufreibende Tage vergingen. Obwohl Lucy Max um einen Gesprächstermin gebeten hatte, wich er ihr geschickt aus und hielt lediglich über die Köpfe der Besucher hinweg Blickkontakt mit ihr. Er schien nichts zu beanstanden zu haben.
Lucy hatte zu Hause angerufen und erfahren, dass alles glatt lief. Lionel erklärte vergnügt, dass niemand sie vermisste, nur ihre Schokoladentorten. Sie solle ihren Urlaub in Ruhe genießen.
Selina hatte immer noch nichts von sich hören lassen. Bei Lucy machte sich die Arbeitsüberlastung allmählich bemerkbar. An diesem Morgen hatte sie verschlafen. Daraufhin hatte Max sie dazu verdonnert, nach der Arbeit in den Beeten um die Palmen herum Unkraut zu jäten. Er hatte sich ihr gegenüber so kalt und abweisend verhalten, dass Lucy die Aussprache mit ihm wieder verschob.
Sie hatte auf das Abendessen verzichtet, weil ihr nur eine halbe Stunde zum Jäten blieb, ehe sie
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