Bianca Extra Band 01
erstaunlich brav und zufrieden, kein bisschen quengelig. Belle schöpfte Hoffnung, dass er vielleicht sogar bis zum Abend durchhalten würde.
Ben fühlte sich bei seinem Vater sichtlich wohl und gut aufgehoben. Der Kleine verbrachte den ganzen Tag abwechselnd auf Prestons Arm oder im Kinderwagen, den Preston schob.
Während Belle und Charlotte im Gewühl der Stadthalle kunstvolle Töpferarbeiten bewunderten, blieb Preston mit Ben in einer ruhigen Ecke stehen.
Belle betrachtete die beiden. Ihr Herz machte einen kleinen Sprung.
Ben schlief zufrieden im Kinderwagen, und Prestons Blick ruhte auf ihr. Er wartete auf sie.
Eine Woge von Zärtlichkeit überrollte sie. Für das Kind.
Und für den Mann.
Sie war hin- und hergerissen zwischen Freude und Traurigkeit. Es dauerte eine Weile, bis sie die Frau bemerkte, die plötzlich an Prestons Seite aufgetaucht war. Eine hübsche Blonde, eher klein, aber mit einer tollen Figur.
Unter ihrer offenen, roten Daunenjacke trug sie einen hautengen schwarzen Pullover. Ihre Jeans saßen wie eine zweite Haut.
Sie ergriff Prestons Hand und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern.
Doch er runzelte unwillig die Stirn, sah sie finster an, murmelte ein paar Worte und versuchte, sich aus ihrem Griff zu befreien.
Aber sie ließ ihn nicht los und wisperte ihm noch einmal etwas ins Ohr.
„Lass meine Hand los, Lucy“, sagte er so langsam und deutlich, dass Belle ihm trotz der Entfernung jedes Wort von den Lippen ablesen konnte.
Lucy lachte, aber das Lachen klang gekünstelt und spröde. „Oh, komm, sei doch nicht so“, bettelte sie so laut, dass sogar Belle es hören konnte.
Preston schnappte sich den Kinderwagen und schob ihn demonstrativ von Lucy weg.
Belle atmete erleichtert auf. Preston war offensichtlich über seine ehemalige Verlobte hinweg.
War Belle etwa eifersüchtig?
Ja.
Sie mochte Preston, und sie begehrte ihn.
Alles, was sie wollte, war eine Chance mit ihm.
Vielleicht würde es mit ihnen nicht funktionieren. Aber das wusste sie nicht, bevor sie es nicht versucht hatte.
Preston schob Bens Kinderwagen zielstrebig in ihre Richtung. Lucy hatte er keines weiteren Blickes mehr gewürdigt.
Doch Belle tat es. Ein dicklicher Mann mit teigigem Gesicht, der einen großen schwarzen Hut trug, packte die kleine Blonde am Arm und zog sie hinaus auf die Straße. Der Mann sah nicht glücklich aus.
Genauso wenig wie Lucy. Sie schüttelte unwillig den Kopf. Der Mann hielt sie fest und drängte sich mit den Ellenbogen weiter rücksichtslos durch die Menge, bis sie draußen waren.
Inzwischen stand Preston neben Belle. Er schüttelte sich: „War das vielleicht unangenehm.“
Sie machte einen Schritt auf ihn zu, um ihm näher zu sein. Weil ihr danach war. Und weil sie keine Lust mehr hatte, vor sich und anderen zu leugnen, dass sie sich zu ihm hingezogen fühlte. „Du hast nicht zurückgeblickt.“
Preston schüttelte den Kopf. „Wozu auch? Damit habe ich abgeschlossen.“ Seine Stimme klang leise. Er sprach nur mit ihr. Und auch das warme Strahlen in seinen Augen gehörte nur ihr.
„Du hast den Typen mit dem schwarzen Hut nicht gesehen. Er hat sie am Arm gepackt und nach draußen gezerrt.“
Preston schnaubte abfällig. „Da habe ich nicht viel verpasst. Das war garantiert ihr Mann, Monty Polk. Monty ist der Autohändler hier im Ort. Soweit ich weiß, laufen seine Geschäfte nicht schlecht.“
Sie wollte ihn fragen, was Lucy zu ihm gesagt hatte. Und das würde sie auch. Später. Wenn sie allein waren.
Ben suchte sich genau diesen Moment aus, um aufzuwachen – und wie! Von einem Augenblick auf den anderen begann er zu schreien, was seine kleinen Lungen hergaben.
„Wir sollten uns lieber auf den Heimweg machen“, meinte Preston trocken.
6. KAPITEL
Nach dem Abendessen trug Preston seinen Sohn nach oben, badete ihn, wickelte ihn und las ihm eine Geschichte vor. Als er ihn in sein Bettchen legte und das Licht löschte, schlief der Kleine schon tief und fest.
Preston ließ die Tür angelehnt, wie Belle es immer tat, und ging wieder hinunter, wo sich Charlotte und Silas gerade mit einer fadenscheinigen Entschuldigung verabschiedeten, um in sein Haus zu gehen.
Preston versuchte, sich keine Sorgen um seinen Vater zu machen. In den Jahren seit dem Tod seiner Mutter war es nur zweimal vorgekommen, dass Silas sich für andere Frauen interessiert hatte – die eine war eine Krankenschwester vom Krankenpflegeverein gewesen, die andere eine Witwe
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