Bianca Hochzeitsband 1 - Ganz in weiss
Sarah fühlte sich Amber wieder wie A.J. Kszyckniwicz. Damit hatte Sarah den ultimativen, weiblichen Verrat begangen. Bei fettem Essen gegen magere Salate mit Zitrone hörte der Spaß auf.
Die Abneigung wuchs in Amber, während Sarah das Gespräch über eine große Anzahl ihrer Lieblingsthemen führte. Offenbar gab es in Boston nichts, weder politisch, kulturell oder gesellschaftlich, über das Sarah Tucker nicht genauestens Bescheid wusste. Und ganz offensichtlich konnte Sarah Tucker sich keinen einzigen Ausbruch übertriebener Überraschung verkneifen, wenn sie merkte, dass Amber nicht das kleinste bisschen dieser fürchterlich wichtigen Informationen gewusst hatte. Amber musste ihr bei dieser Unterhaltung ständig zuspielen, und Sarah machte daraus ein perfektes Rollenverhalten. Die allwissende, hübsche, berühmte, reiche Prinzessin gegen den unwissenden, nichtssagenden Dorftrottel.
»Nun, Amber, du musst mir erzählen, wie Lance auf dem College gewesen ist.«
Ganz in Ruhe sortierte Amber ihre Gedanken. Jetzt bin ich dran, dachte sie. Zufrieden setzte sie ihre einstudierte Miene auf.
»Sarah, ich habe Lance an dem Tag, als du uns beim Mittagessen gesehen hast, nicht zufällig getroffen. Er hatte mich eingeladen.«
»Oh?« Sarah zog eine scharf gezeichnete Augenbraue hoch. Es war ihre einzige Reaktion auf Ambers Geständnis. Sie hätte Sarah genauso gut sagen können, dass sie Spinat zwischen den Zähnen hat. Ambers Abneigung gegen sie nahm inzwischen immense Formen an.
»Er hat mich beauftragt, graphische Entwürfe für ein neues Unternehmen anzufertigen, das er gründen will. Dieses Unternehmen soll Kinderspielzeug herstellen.« Sie wartete ab und bemühte sich, nicht zu eifrig zu wirken. Diese Information würde Sarah sicherlich vom Stuhl holen.
»Ach.« Sorgfältig piekste Sarah den letzten Bissen Salat auf ihre Gabel und schob ihn in den Mund. Dann kaute sie nachdenklich darauf herum. »Kinderspielzeug, ich verstehe. Und was hat dich dazu gebracht, dieses kleine Geheimnis weiterzugeben?«
Amber lehnte sich vor. Jetzt würde sie die wirkliche Bombe platzen lassen. Keine normale Frau würde sich anhören, dass ihr Geliebter auf fremden Pfaden wandelte und darauf so gleichgültig reagieren, als wäre ihr Manikürtermin verschoben worden. »Weil vor ein paar Tagen etwas geschehen ist, das ich wissen wollen würde, wenn ich du wäre.«
»Mm?« Sarah faltete ihre Hände unter ihrem Kinn und betrachtete Amber ruhig. Am liebsten hätte Amber ihr eine Ohrfeige gegeben, um sie wachzurütteln.
»Lance hatte mich zum Abendessen in sein Appartement eingeladen, angeblich, um etwas Geschäftliches zu besprechen.« Amber konnte nicht verhindern, dass ihr eine leichte Röte in die Wangen stieg. Damit war ihre kühle und elegante Ausstrahlung vorbei. »Und nach dem Essen…«
»Erzähl es mir nicht, lass mich raten!« Nur Sarahs Lippen bewegten sich, und ihr Mund war noch immer zu einem unbeteiligten Lächeln verzogen. Der Klang ihrer Stimme wirkte wie ein warmer Sommerregen. »Du solltest das Dessert sein.«
Fassungslos starrte Amber sie an. Was ist bloß mit dieser Frau los? ging es ihr durch den Kopf. Sie würde eine Eiskönigin zum Erfrieren bringen. Interessiert es sie gar nicht, dass die Liebe ihres Lebens an Lippen rumgeschleckt hat, die nicht ihr gehörten?
Der Kellner erschien und räumte das Geschirr ab. Mit strahlenden Augen lächelte er Sarah an. »Möchten die Ladys vielleicht noch ein Dessert?«
»Nur noch einen Tee, bitte«, gab Sarah zurück und erwiderte sein Lächeln. Dann ruhte ihr sanfter Blick wieder auf Amber.
»Ich hasse es, dich enttäuschen zu müssen. Aber du bist zweifellos nicht die Erste und wirst zweifellos nicht die Letzte sein. Was Lance in seiner Freizeit macht, geht mich nichts an. Noch geht es ihn etwas an, was ich mit meiner Zeit anfange. Und was diese Spielfabrik angeht, hast du dafür ein paar konkrete Beweise außer dem, was er dir erzählt hat?«
Damit war der Zweifel in Ambers Magengegend gepflanzt, und Panik stieg in ihr auf. Nein, dachte sie fassungslos. Er kann mich nicht auch damit belogen haben. Es bedeutet ihm doch so viel.
Nachdem der Kellner noch einen Eistee gebracht hatte, nahm Sarah einen kleinen Schluck davon und stellte das Glas vor sich auf dem Tisch ab. Dann lehnte sie sich zurück und wickelte gedankenverloren ihre Perlenkette um ihren langen, schlanken Zeigefinger.
»Wenn mein Vater in den Ruhestand geht, wird Lance seine Nachfolge antreten und damit
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