Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers
seinem Wachstum empfindlich gestört wird. Da besteht die Gefahr von Fehl- und Frühgeburten oder Blindheit, wenn dem
fetus
das
semen
in die Augen dringt …“
Der Medicus sprach dann noch einige lateinische Sätze, doch Bianca unterbrach ihn.
„Ich verstehe kein Latein, mein verehrter Medicus, doch eines möchte ich wissen: Hat Euch der Kaiser beauftragt, mir dies alles mitzuteilen?“
Johannes versuchte seine Verlegenheit mit lauten Worten zu überspielen.
„Der Kaiser?“, rief er mit gespielter Überraschung, „aber nein, Donna Bianca, so war es gewiss nicht. Doch den Worten Seiner |225| Majestät war zu entnehmen, dass diese Erkenntnisse auch bei Euch auf ein gewisses Interesse stoßen würden.“
Sie hob gleichmütig die Achseln. „Gewiss, ja, schließlich geht es ja vor allem die Frauen an, nicht wahr?“
Johannes schüttelte den Kopf.
„Nicht nur, Donna Bianca, nicht nur! Auch ein werdender Vater trägt Verantwortung, muss er doch gegebenenfalls damit rechnen, dass ihm ein Stammhalter geboren wird. Da heißt es behutsam zu sein und notfalls in ehelicher Keuschheit die Geburt abzuwarten.“
Sie selbst kam in Gesprächen mit Friedrich nicht auf dieses Thema zurück, doch später in Melfi – Biancas Schwangerschaft war nicht mehr zu übersehen – deutete er auf ihren Leib und sagte: „Ich freue mich auf das Kind und noch mehr auf dich, wenn es geboren ist.“
„Das hast du schön gesagt, Falcone, und du sollst wissen, dass ich deine Freude teile.“
17
Als Giordano Lancia das Haus der Familie Loredan verlassen hatte, blieb ihm nur die höchst seltsame Erinnerung an Donna Caterina, wie sie ihm mit gesenktem Haupt eine schlaffe Hand zum Abschied reichte. Und dieses verhuschte Wesen sollte einst Messalina gewesen sein? In diesem Augenblick erkannte Giordano, dass er in diese und nicht in Caterina verliebt gewesen war. In die stolze, furchtlose Messalina nämlich, die vor keinem Mann den Blick senkte und nun unbegreiflicherweise nicht nur in ihr altes Leben zurückgekehrt war, sondern die scheue, gehorsame Tochter des Hauses spielte, die sie nach eigenem Bekunden zuvor niemals gewesen war.
So saß er nun in der Hausgondel der Loredan mit Bootsführer, Diener und einigem Gepäck. Seine Pläne waren gescheitert und nun wusste er nicht recht, was zu tun war. Unentschlossen kramte er in seinem Bündel nach Papier und Schreibzeug, das er für alle Fälle mit sich führte, doch kaum jemals gebraucht hatte. Dann schrieb er mühsam in dem schwankenden Boot eine kurze Nachricht an Bianca, sie möge sein Gepäck aufbewahren, er komme noch heute nach und bitte Seine Majestät, sich bei der Rückfahrt |226| wieder anschließen zu dürfen. Der Bootsführer hielt vor dem Palazzo Ducale, am Molo der Piazzetta. Erst als er dem Diener einen
grosso
gab, verstand er den Auftrag.
„
Si, si, Don Zordano, ho capito!
“
Er hatte diese Stadt so satt, dass ihn schon sein falsch ausgesprochener Name wütend machte und er empört rief: „Ich heiße Giordano, hörst du?
Goffo maledetto
!“
Doch den Diener scherte der „verfluchte Tölpel“ nicht weiter und Giordano kehrte ihm den Rücken, lief wie gehetzt über die Piazza und tauchte in der Merceria unter, der Gasse mit den meisten Gaststätten und Geschäften. Laden reihte sich an Laden, Kneipe an Kneipe und vor jedem stand ein Anreißer, der irgendetwas brüllte und die Vorbeieilenden am Ärmel fasste.
Giordano fühlte sich erschlaffen, seine Wut war verraucht, seine Unrast abgeklungen. Er blieb stehen und ließ sich von einer flinken Hand in eine winzige
bettola
ziehen. Es gab nur zehn oder zwölf Tische in dieser Spelunke und Giordano setzte sich in eine finstere Ecke und sagte dem herbeieilenden Wirt, er wolle in jedem Fall allein bleiben. Der nickte eifrig und räumte die beiden anderen Stühle fort. Nein, er wolle nichts essen, nur einen Krug Wein. Der Wirt nickte, fragte aber: „
Brocca grande, mezza o piccola
?“
Seine zuerst laute Stimme war bis zum Wort „
piccola
“ immer leiser geworden.
„
Grande
!“, rief Giordano grimmig.
Er schätzte den Krug auf mindestens drei
caraffe
und begann hastig zu trinken, Becher um Becher. Da er nichts gegessen hatte, wirkte der Wein schnell und bald begann Giordano seine Umgebung nur noch verschwommen wahrzunehmen. Seine Gedanken verwirrten sich, er lallte Zusammenhangloses vor sich hin und schnell kam der Wirt herbei: „Haben der Herr noch einen Wunsch?“
„Verzieh dich!“, raunzte Giordano und winkte
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