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Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Titel: Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp von Zabern Verlag
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fuhr dann fort, einem Sekretär etwas zu diktieren. Es ging um die Sarazenenaufstände in Sizilien, doch Tommaso nahm nichts davon wahr. Der Kaiser saß mit dem Rücken zum Fenster, sodass sein Gesicht im Schatten lag und seine Miene verborgen blieb. Dann ging der Sekretär mit gebeugtem Rücken zur Tür und Friedrich winkte Tommaso heran, etwas herrisch, auch ungeduldig.
    „Setzt Euch!“
    Nun wandte er ihm sein Gesicht zu und Tommaso senkte den Kopf, als der Kaiser seinen leuchtenden Blick auf ihn richtete. Hatte er bisher gefroren, so begann er jetzt zu schwitzen, spürte, wie sein Unterzeug an ihm klebte, wagte es nicht, seine Stirn abzuwischen, obwohl ihm schon die Schweißperlen ätzend in die Augen drangen.
    „Nun, Don Tommaso, wie ist es Euch in Unserer Abwesenheit ergangen?“
    „Er-ergangen? Jawohl, Majestät, Gott hat in seiner unendlichen Gnade – ich meine – friedlich – es war alles friedlich …“
    „Ihr seid um einiges dicker geworden – habt wohl die Fastentage missachtet?“
    „Ja – nein – es ist nur so, dass …“
    |237| „Michele Scotus ist vor kurzem gestorben, das bedauern Wir sehr, denn der Meister hat Uns stets gute Dienste geleistet. Habt Ihr noch mit ihm gesprochen?“
    Tommaso nickte eifrig.
    „Ja, schon, aber sein Geist verwirrte sich zusehends.“
    „Mag sein, aber wohl erst ganz zuletzt.“ Der Kaiser deutete auf eine erbrochene Schriftrolle. „Das hat Scotus beim Notar für Uns hinterlegt. Wir werden es zu gegebener Zeit überprüfen. Ihr könnt jetzt gehen, Don Tommaso.“
    Der Hofkaplan blieb wie betäubt sitzen. Was mochte dieser Scotus da geschrieben haben? Ein Testament? Ein Hinweis auf Biancas Hexenwesen?
    „Habt Ihr Uns gehört?“
    „Ja, Majestät, natürlich!“ Tommaso sprang auf und verneigte sich tief. „Ich bitte Eure Majestät, zu bedenken, dass Meister Scotus seiner Gedanken nicht mehr ganz mächtig war und er vielleicht einiges niedergeschrieben hat …“
    „Wir werden sehen …“
    Das klang schon sehr unwirsch und der Hofkaplan stolperte überstürzt hinaus.
    Die Tage vergingen und nichts geschah, sodass Don Tommaso wieder Hoffnung schöpfte. Lange hatte er überlegt, ob er einen Bericht über die letzten Tage des Astrologen und seine seltsamen Gespräche mit ihm nach Rom senden sollte. Nein, sagte er sich, das könne für Seine Heiligkeit kaum von Interesse sein, und so stand er wieder allein da mit der Bürde seines Wissens.
     
    Aufs Neue drückte ihn die Last des von Scotus Erfahrenem und er beschloss, dieses Geheimnis mit jemandem zu teilen. Die Person musste vertrauenswürdig, verschwiegen und ihm wohlgesonnen sein. Da brauchte er nicht lange nachzudenken, dafür kam nur der
parocco
des Domes von Melfi in Frage. Bei ihm pflegte Tommaso von Zeit zu Zeit seine Beichte abzulegen, zudem galt der alte Pfarrer als gelehrter Herr. Dabei machte der Kaplan einen großen Fehler. Er berichtete dem
parocco
von Gesprächen mit Michele Scotus, doch er tat es nicht innerhalb einer Beichte.
    Nach außen hin bot der Dompfarrer das Bild eines vorbildlichen Priesters. Er lebte bescheiden, betrieb Armenpflege und hatte für jedermann ein offenes Ohr. Eine Eigenschaft aber verbarg er sorgfältig, |238| nämlich seinen maßlosen Ehrgeiz. So ganz nebenher, als ginge es ihn nichts an, hatte er beim Hofkaplan nachgefragt, ob Melfi, da es schon länger eine kaiserliche Residenz sei, nicht zum Bistum erhoben werde. Tommaso wollte ihm einen Gefallen erweisen, zog Erkundigungen ein und erfuhr, dass der Kaiser dies erwäge. Die Frage war nur, ob Friedrich einen seiner Vertrauten zum künftigen Bischof erheben werde oder den verdienten Dompfarrer. Der hörte sich also Tommasos ausführlichen und etwas verwirrenden Bericht an. Am Ende fragte er ihn:
    „Haltet Ihr Donna Bianca tatsächlich der Hexenkünste fähig?“
    Ganz ferne schlug eine Warnglocke an und der Hofkaplan fragte: „Unser Gespräch bleibt doch vertraulich?“
    „Wo denkt Ihr hin! Ein Gespräch von Priester zu Priester geht die Laien nichts an.“
    „Gut,
reverendissimo
, ich vertraue Euch. Um Donna Bianca nicht Unrecht zu tun, möchte ich sie nicht mit Sicherheit eine
strega
nennen, doch gibt es dafür deutliche Anzeichen. Aller Welt ist des Kaisers Vorliebe für schöne Frauen bekannt, wovon die große Zahl seiner Kinder Zeugnis ablegt. Seit Donna Bianca mit ihm Tisch und Bett teilt, ist sein – nun ja, sein Harem so gut wie vergessen. In Foggia soll es ein Haus mit Frauen geben, das er früher, wie

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