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Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Titel: Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp von Zabern Verlag
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übernommen. Damit will ich nicht sagen, dass Luzifer diesmal den Sieg davonträgt, denn das kann er nicht. Doch seine Weltherrschaft wird lange dauern, weit über meinen und Euren Tod hinaus.“
    Dann begann er hämisch zu kichern, bis ein weißer Speichelfaden aus dem Mund tropfte und im verfilzten Bart versickerte. Don Tommaso wollte sich erheben, doch die Klaue hielt ihn eisern fest.
    „Nein, ich bin noch nicht fertig. Ich sehe in Eurem Gesicht eine Frage stehen und ich werde sie beantworten. Sie lautet: Wie kommt Donna Bianca dazu, den Antichristen zu gebären? Ha, nichts ist einfacher als das! Wie kommt die Jungfrau Maria dazu, den Heiland zu gebären? Sie war erwählt von Gott. Und wer hat Bianca erwählt? Da gibt es nur eine, eine einzige Antwort: Luzifer, der Höllenfürst. Warum aber gerade sie? Da können wir nur Vermutungen anstellen. Habt Ihr schon gesehen, das sie ständig ein seltsames |233| Amulett um den Hals trägt? Ob sie es ablegt, wenn der Kaiser sie – wenn er in ihr Bett steigt? Die Lombarden, müsst Ihr wissen, sind keine so ehrlichen Christen wie die Südländer. Nicht umsonst hat unser Kaiser immer wieder die Ketzergesetze erneuert, aber warum ist er da gar so eifrig? Weil er etwas ahnt!“
    Don Tommaso fühlte, wie der Griff sich lockerte. Aber nun, da Scotus auf ein Thema kam, das ihm selber sehr wichtig war, beschloss er um der Wahrheit willen den üblen Gestank noch eine Weile auszuhalten. Er hielt dagegen:
    „Etwas zu ahnen ist weit davon entfernt, etwas zu wissen.“
    „Richtig, mein Freund, doch Satan fällt nicht mit der Tür ins Haus, dafür ist er viel zu klug. Auch ahmt er Gott darin nach, dass er – wie Gott seine sieben Erzengel – sieben Helfer besitzt, nämlich Baal, Forcas, Asmodis, Astaroth, Behemoth, Theutus und Incubus. Der dreiköpfige Baal ist der mächtigste von seinen Dienern, während Incubus – nun, Ihr könnt Euch denken, wozu dieser äußerlich sehr wohlgestaltete Dämon dient? Er ist fähig, in jede Menschengestalt zu schlüpfen …“
    Don Tommaso, nur unzureichend über die Höllenhierarchie informiert, begann zu schwitzen.
    „Incubus? Nun, es könnte sein, dass – also so ganz genau …“
    Scotus kicherte heiser.
    „Aber Ihr ahnt etwas, das sehe ich doch. Incubus trägt den teuflischen Samen in sich und wird, davon bin ich jetzt überzeugt, in der Gestalt des Kaisers Donna Bianca beigelegen haben.“ Der Astrologe hatte seinen Griff wieder verstärkt. „Kommt näher – noch näher!“
    Der Kaplan beugte sich vor und der Geruch des faulig-säuerlichen Atems ließ ihn würgen und verzweifelt schlucken, um das Erbrechen zu vermeiden. Die heisere Stimme zischelte in sein Ohr.
    „Man sagt, dass die Natur unseren Kaiser mit einem übergroßen Geschlechtsorgan ausgestattet hat, doch Incubus kann das noch übertreffen, ist sogar imstande, den Akt beliebig lang auszudehnen. Allerdings setzt sein Erscheinen schon eine gewisse Bereitschaft voraus, das heißt, vor einer frommen, mit Gott verbundenen Jungfrau müssen seine Künste scheitern.“ Ein meckerndes Lachen unterbrach seinen Redefluss. Dann fuhr er fort: „Da schrumpft sein sonst so mächtiges
membrum virile
auf Erbsengröße, das weiß er und hütet sich vor solchen Versuchen.“
    |234| So verständlich redete Michele Scotus freilich nicht immer. Seine letzten Lebenstage verbrachte er meist schweigend. Als Don Tommaso ihm eine Generalbeichte vorschlug, winkte er ab.
    „Da gibt es nichts zu bekunden, nichts zu bereuen. Meine ganze Arbeit, mein Forschen und Schaffen geschah immer zur höheren Ehre Gottes und niemals habe ich mich verleiten lassen, Luzifer auch nur den kleinen Finger, geschweige denn die Hand zu reichen.“
    Am Tage seines Todes, kurz nach Ostern, lag der Astrologe ruhig und entspannt auf seinem Lager. Don Tommaso hatte nach ihm geschaut und wandte sich eben zur Tür, als er Don Micheles schwache, doch deutlich vernehmbare Stimme hörte.
    „Tommaso, mein Freund – noch eines: Ihr müsst ihr wahres Wesen aufklären, sie dem Kaiser abspenstig machen …“
    „Das will ich“, sagte Don Tommaso, „aber wie – wie soll ich …“
    Es kam keine Antwort mehr und gegen Abend erlosch das Leben des Astrologen Michele Scotus.
    Nun stand der Hofkaplan da mit seinem Wissen, ohne sagen zu können, wie weit es der Wahrheit entsprach.
     
    Noch ewas kam hinzu. Ein nach Sizilien reisender Prälat hatte eigens den Umweg über Melfi gemacht und dem Hofkaplan unverblümt gesagt, dass Seine

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