Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers
du die Kleinste bist, haben wir dich alle besonders lieb.“
Dann waren sie allein und Bianca fragte: „Wann wirst du deine Gemahlin besuchen?“
„Ich habe sie benachrichtigt, sie wird an meinem Einzug in Padua teilnehmen. Beim Festbankett muss sie an meiner Seite sitzen, das gehört sich so.“
|303| „Aber das weiß ich doch, es geht um Politik. Ich kann nur hoffen, dass sie niemals von deinem vorzeitigen Eintreffen erfährt.
„Auf unsere Leute ist Verlass“, sagte Friedrich mit Überzeugung.
Da mochte er schon Recht haben, aber der Ranghöchste ist oft nicht imstande, in die Niederungen zu blicken, wo unvorhersehbare Ereignisse eher die Regel als die Ausnahme bilden. Solange Friedrich in Biancas Haus blieb, bestand kaum Gefahr, doch die Mitwisser mehrten sich. Als Giordano seine Schwester besuchte, lief er dem Kaiser fast in die Hände. Er wurde eingeweiht, auf ihn war Verlass. Dann holte Roberto Anna zu einem Spaziergang ab, wartete im Flur und sah zu seinem maßlosen Erstaunen Donna Bianca vor einer Tür im Obergeschoss mit einem Mann plaudern, dessen unbekümmert laute Stimme er sofort erkannte. Er wurde eingeweiht, auch auf ihn war Verlass.
Petrus de Vinea, des Kaisers Freund und enger Vertrauter, wusste Bescheid und regierte während Friedrichs Abwesenheit gleichsam zur linken Hand. Doch er war angewiesen worden, Fragen von äußerster Dringlichkeit dem Kaiser vorzulegen. So kam es, dass ein Bote mehrmals in Biancas Haus erschien und ihr – zum Schein an sie gerichtete – Briefe übergab, die sie sofort an Friedrich weiterreichte. Einmal geschah dies, während Bianca mit einem Begleiter das Haus verließ, und der Bote erkannte den nur dürftig verkleideten Kaiser sofort. Er sah den beiden mit offenem Mund nach und wandte sich dann an den
portinajo
.
„War das nicht …? Das muss doch …“
Der Pförtner zischte: „Ja, aber halte um Himmels willen deinen Mund!“
Tat der Bote das? Vielleicht – vielleicht auch nicht. Niemand wird jemals erfahren, warum am dritten Tag ganz Padua wusste, dass der Kaiser in der Stadt war und wo er sich aufhielt.
Bianca machte nicht ihre Leute dafür verantwortlich, sondern die Umstände und so zahlte sie ihnen dennoch die versprochene Belohnung.
Wenig später erfuhr es Königin Isabella durch einen ihrer Zuträger. Sie war an einem Königshof groß geworden und wusste genau, dass es Situationen gab, da man seine Gefühle besser verbarg. Mit ihrer vertrauten Zofe Mary – die ältere Frau war schon ihr Kindermädchen gewesen – besprach sie sich.
|304| „Ich muss davon ausgehen, dass jetzt die ganze Stadt über den Kaiser Bescheid weiß, der als Erstes nicht mich, sondern seine Kebse besucht hat, und noch dazu verkleidet. Eine Schande ist das! Wie stehe ich jetzt da?“
Über das schon etwas runzlige Gesicht der Zofe huschte ein Lächeln. Sie tätschelte Isabellas Arm und sagte:
„Du stehst glänzend da! Wir werden nämlich das Gerücht in die Welt setzen, der Kaiser habe davor zurückgescheut, seine Konkubine vor aller Augen zu besuchen – deshalb die Heimlichkeiten. Er hat sich ihrer geschämt, so werden wir es darstellen und so soll es herumgehen.“
Wer den Kaiser einigermaßen kannte, wusste freilich, dass Friedrich vor nichts und niemandem zurückscheute, aber nicht wenige glaubten dem ausgestreuten Gerücht. Doch bald redete man von etwas anderem, denn eine Woche nach dem Fest Epiphania Domini zerschnitt um die vierte Tagesstunde der Klang von Pauken und Fanfaren die Stille des frostigen, von einer fahlen Sonne erhellten Wintermorgens.
Der Kaiser saß im Purpurmantel zu Pferd, auf seinem rötlichen Haar funkelte die Lilienkrone. Zu seiner Linken ritt Ezzelino da Romano, dessen Heirat mit Friedrichs Tochter Selvaggia in den nächsten Wochen gefeiert werden sollte. Seine furchterregenden Echsenaugen waren halb geschlossen, doch von seinen schmalen, zu einem kalten Lächeln erstarrten Lippen war der Triumph abzulesen. Unmittelbar hinter dem Kaiser saß in einer vergoldeten und reich verzierten Sänfte Königin Isabella und hielt den ein halbes Jahr alten Heinrich Carlotto so auf dem Schoß, dass alle ihn sehen konnten. Die berückende Schönheit der jungen Königin übte einen solchen Zauber aus, dass das Volk mehr ihr als dem Kaiser zujubelte. Der Jubel verstärkte sich, als zwei wappengeschmückte Diener ihre Hände in einen Sack tauchten und mit weitem Schwung frisch geprägte
grossi
unter das Volk warfen. Die Münzen funkelten in der
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