Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers
kleinere der beiden geheizten Zimmer. Anna knickste mit offenem Mund und Bianca schickte sie vor die Tür.
„Vorerst kein Zutritt, verstanden?“
Dann versanken sie in einer Umarmung, die eher einer Umklammerung glich und nicht enden wollte, als seien beide Teile dabei, in ein Ganzes zusammenzufließen. Nach einer Weile lösten sie sich voneinander, Friedrich warf seinen schweren Mantel ab und küsste Bianca auf Mund und Wangen.
„Eines gleich vorweg: Mein öffentlicher Einzug in die Stadt wird erst eine Woche später stattfinden, bis dahin …“
Bianca nickte und rief Anna.
„Höre jetzt genau zu. Drei Menschen haben unten im Flur den Kaiser gesehen, sie sollen sofort hier antreten.“
|301| Friedrich lächelte und zog sich in die Fensternische zurück. Nacheinander traten sie ein, zuerst der Capitano, dann die Magd, hinter ihr der
portinajo
. Der Kaiser hatte sein Gesicht abgewandt, er wollte nicht zur Kenntnis genommen werden.
„Ja, ihr habt richtig gesehen, der Kaiser ist vorzeitig gekommen und dafür gibt es Gründe. Seine Majestät will aber nicht, dass seine Anwesenheit vor dem öffentlichen Einzug bekannt wird. Sollte sich dies in den nächsten Tagen herumsprechen, dann muss einer von euch geplaudert haben. Ich sehe mich dann gezwungen, euch drei aus dem Dienst zu entlassen, schimpflich und ohne Lohn. Bewahrt ihr jedoch euer Schweigen, so lasse ich jedem von euch fünf
grossi
auszahlen. Einverstanden?“
Die Männer verbeugten sich, die
serva
knickste. Als sie gegangen waren, stand Anna noch an der Tür und fragte:
„Und was ist mit mir?“
Bianca runzelte die Stirn.
„Dich werde ich wohl eines Tages wegen Frechheit davonjagen müssen! Jetzt hältst du besser den Mund und verschwindest!“
Anna feixte, knickste besonders tief und ging betont langsam hinaus. Friedrich wandte sich um.
„Die Kleine ist tatsächlich frecher, als es einer
serva
zusteht.“
„Aber treu wie Gold, was wiederum eine fragwürdige
sentenza
ist, denn Gold kann sehr untreu sein …“
Friedrich seufzte, doch er lächelte dabei und ließ keinen Blick von ihr, als wolle er prüfen, ob alles noch so vorhanden sei, wie er es verlassen hatte. Dann sagte er:
„Die Kinder, ich möchte unsere Kinder sehen!“
„Das schafft weitere Geheimnisträger, das Kindermädchen und Manfreds
precettore
werden wir auch einweihen müssen.“
„Ich kann doch nicht dein ganzes Haus unter Quarantäne stellen lassen“, meinte Friedrich mit gespielter Entrüstung.
Der schon über sechsjährige Manfred mit rotblondem Haar und leuchtend blauen Augen entwickelte sich mehr und mehr zum Ebenbild seines Vaters. Costanza, im Dezember neun Jahre alt geworden, hatte vom Vater die kräftige Gestalt, während sich in ihrem Gesicht das Elternerbe mischte, etwa in den graublauen Augen mit braunen Sprenkeln. Doch sie bewegte sich mit Anmut und Friedrich bemerkte gerührt, dass ihr Obergewand sich schon leicht |302| vorwölbte. Violante, etwas über drei Jahre alt, betrachtete ihren Vater mit kritischem Gesicht und fragte leise:
„Wer ist der Mann?“
„Dein – unser Vater!“
Manfred war mit seinem begeisterten Ausruf den anderen zuvorgekommen. Bianca schüttelte den Kopf.
„Du bist wieder einmal vorlaut,
bambinello
.“
Sie wusste, dass ihn diese Bezeichnung besonders ärgerte. Er runzelte seine kindliche Stirn.
„Ich bin kein Kindchen, sondern ein
signorino
und ein Prinz dazu!“
„Das stimmt schon“, warf Friedrich ein, „doch bis du ein Mann wirst, dauert es noch eine Weile. Wenn deine Mutter dich
bambino
nennt, dann tut sie das aus Zuneigung.“
„Sie hat aber
bambinello
gesagt!“
Friedrich schaute sie strafend an.
„Da hat Manfred schon Recht, das Wort
bambinello
macht ihn kleiner als er ist.“
„Ich werde es künftig vermeiden“, sagte Bianca und verbiss sich das Lachen.
Manfred sah sie zuerst triumphierend an, bis ihm dämmerte, dass der Vater seine Mutter gescholten hatte, und so fragte er mit unsicherer Stimme:
„Aber das siehst du doch ein,
mammina
?“
„Wenn ihr Männer euch so einig seid, werde ich es wohl müssen, da sich Violante noch nicht so recht als Komplizin eignet.“
Violante, von Bianca wie auch von den Geschwistern mehrfach darüber belehrt, dass dies der Papa sei, spitzte ihr Mündchen und sagte zuerst zögernd und fragend: „Papa?“. Dann aber wiederholte sie es als feststehende Tatsache und tönte entschlossen: „Papa!“
Friedrich hob sie hoch.
„Ja, mein Schatz, das bin ich und da
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